ZDF von Impfgegnern in Berlin attackiert  

Screenshot: Kundgebung von Impfgegnern vor am ZDF am 3. Januar 2022. Szene aus dem Video eines Tagesspiegel-Reporters verbreitet auf Twitter.

Erneut richtete sich der Protest von Gegnern der Corona-Politik direkt gegen die Medien. Einige Hundert Demonstranten versammelten sich am Montagabend vor dem ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin und skandierten „Lügenpresse“ und andere Beschimpfungen. Eine Polizeikette musste das Gebäude des ZDF schützen. „Mit Fassungslosigkeit haben wir von den gestrigen Ereignissen vor dem Hauptstadtstudio des ZDF erfahren. Seit Monaten hält eine Minderheit die Gesellschaft in Atem. Dem müssen wir uns entgegenstellen. Das geschieht vielerorts bereits von jenen, die sich an die derzeitigen Regeln halten, um diese Pandemie endlich zu überwinden. Aber die gestrigen Attacken gegen Medienvertreter zeigen, dass wir dabei nicht nachlassen dürfen“, erklärte Thomas Wagner von ver.di im ZDF.

Auch in anderen Stadtgebieten Berlins gab es Aufmärsche von Corona-Leugnern und Medienhassern, die nach Polizeiangaben jedoch weitgehend friedlich verliefen. Bundesweit haben gestern zehntausende Menschen gegen die geltenden Corona-Maßnahmen und eine drohende Impfpflicht demonstriert. „Dabei kam es in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen zu Ausschreitungen gegenüber Einsatzkräften und Beamten. Vielerorts gab es zahlreiche Aufzüge von Gegendemonstrationen“, berichtet der „Tagesspiegel“. Die Veranstalter bezeichneten ihre zum Teil nicht angemeldeten Demonstrationen als „Montagsspaziergänge“, wie in entsprechenden Messenger-Kanälen, vor allem bei „Telegramm“, zu lesen war und wie eine Polizeisprecherin gegenüber dpa bestätigte.

Die Demo in Berlin-Mitte begann am Alexanderplatz, zog zum ZDF für die Kundgebung und endete wieder am Alex. Der Anmelder Eric Graziani, Gründer der rechtsextremen Splittergruppe „Patriotic Opposition Europe“, habe in seiner Rede gesagt, er wünsche sich, dass „die Presse zum Schweigen gebracht wird“. Im Nebensatz habe es dann geheißen: „Natürlich friedlich“, berichtet turi2. Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun habe auf Twitter erklärt, dass es Verschwörungsideologen nie um Meinungsfreiheit gehe, sondern darum, „jegliche Kritik von außen durch gezielte Einschüchterung, Drohungen und Attacken mundtot zu machen“. Würden sich diese Gruppen durchsetzen, „wäre dies das Ende der Pressefreiheit“, zitiert turi2. Ippen-Investigativ-Chefredakteur Daniel Drepper findet es „ziemlich unfassbar, dass Redaktionen in diesem Land mittlerweile wieder durch Polizeiketten geschützt werden müssen“.

Seit Anfang 2020 haben die Angriffe von Corona-Leugnern – oft gepaart mit Vertretern der rechten Szene und der AfD – auf Medienschaffende in Deutschland zugenommen. Ein Beispiel: Aktionen gegen den SWR Anfang 2020. M berichtet über Attacken gegen Journalist*innen, die lange nicht mehr nur verbal stattfinden.

 

 

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Echte Menschen in Film und Fernsehen

Wie wird Künstliche Intelligenz das Filmgeschäft verändern? Und welche Auswirkungen hat die Technologie auf die Kreativen? Die Erwartungen an KI sind groß, die Befürchtungen aber auch. Denn Algorithmen können mit Hilfe von großen Datenmengen schon heute Stimmen oder Deepfakes erstellen. Auf der Fernseh- und Streaming - Messe MIPTV in Cannes beschäftigte das Thema die internationale Branche.
mehr »

Leipzig: Rechtswidrige Durchsuchung

Ein 19-jähriger Journalist hatte im Juni vergangenen Jahres Fotos einer Antifa-Demonstration im Internet veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Leipzig durchsuchte daraufhin seine Wohnräume und beschlagnahmte mehrere Datenträger. Seine nachgewiesene journalistische Tätigkeit wurde dabei ignoriert. Das Landgericht Leipzig bezeichnet das Vorgehen nun als rechtswidrig.
mehr »

Fake oder Fiktion: Wer darf was?

Bei Fake News dreht es sich meist um Falschaussagen, Lügen, die als Journalismus getarnt sind oder Angriffe auf die Pressefreiheit. In der Literatur hat Wahrheit und Authentizität einen ganz anderen Stellenwert. Bei der Gesprächsrunde „Fake News oder Fiktion?“ auf der diesjährigen Buchmesse im Leipzig loteten die Teilnehmer*innen die Grenzen zwischen journalistischen und belletristischen Formaten aus.
mehr »

Die Stimmung ist pressefeindlich

In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine immer pressefeindlichere Stimmung ausgebreitet, das zeigt die jetzt veröffentlichte Nahaufnahme Deutschland von Reporter ohne Grenzen (RSF). Während der Pandemie schnellte die Zahl der Übergriffe auf Berichterstattende in die Höhe. Auch der Rückblick auf das vergangene Jahr zeigt: Diese Tendenz ist noch nicht vollständig zurückgegangen. Für 2023 konnte RSF 41 Übergriffe auf Medienschaffende verifizieren. Im Jahr 2022 waren es 103.
mehr »