Games: Welcome to Planet B

Foto: Tomasz Mikołajczyk/Pixabay

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.

Im Spiel Klim:S21, das vom Spielestudio Gentle Troll im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellt wurde, geht es um genau diese Fragen. Das Spiel richtet sich vor allem an Schüler*innen und soll komplexe Entscheidungsmöglichkeiten in Zeiten des Klimawandels erfahrbar machen. Das Spiel kombiniert dabei die Auswahl von verschiedenen Handlungsmöglichkeiten mit der Ausrichtung von Politik am Willen der Wählenden. Zentral ist dabei die Erfahrung von Handlungsmöglichkeiten und das Erzeugen von Handlungsbereitschaft für Ereignisse, die erst in ferner Zukunft erfahrbar werden. Für die Wissenschaftskommunikation ist dies eine der zentralen Fragen in der Vermittlung von Klimawandelfolgen. Das Spiel setzt dabei auf Lerneffekte durch Spielen.

Spielen motiviert

Digitale Spiele können, genau wie andere Medien, Einfluss auf das menschliche Verhalten haben. Sie können die Motivation steigern und Anreize bieten, neues Verhalten auszuprobieren und dies in Spielen, in einem überschaubaren Rahmen, zu erproben. Dies führt zu einer Fülle an Spielen, die die Klimakrise mitverhandeln. Klimawandel-Spiele decken dabei eine breite Palette verwandter Themen ab, von Stadtentwicklung, dem CO2-Fußabdruck, Landnutzungsmodellen, Landwirtschaft, Wassermanagement und sogar die Simulation von Klimaverhandlungen.

Umsatzstarke Spiele wie Die Sims oder Civilization sind Ausdruck dieses Zuwachses. Bereits im Jahr 2020 hielt mit dem Erweiterungspack „Nachhaltig Leben“ der ökologische Fußabdruck Einzug in die Computerspielewelt der Sims. Spieler*innen können dort eine Nachbarschaft ökologisch transformieren und von einer verdreckten, von Umweltverschmutzung geprägten Welt mit Entscheidungen wie Wärmepumpen, Solarpanelen und Windrädern in der Nachbarschaft ihre Ökobilanz verbessern. Auch der individuelle ökologische Fußabdruck kann mitgespielt werden. Dabei zeigt das Spiel immer wieder Handlungsalternativen im Alltag auf: Bäume pflanzen, Recycling und Containern machen den Sims besonders viel Spaß. Interessant ist auch der Unterschied zu anderen Games: Das Crafting, also das Herstellen neuer Utensilien aus alten Materialien, ist im Spiel beispielsweise auch aus Gegenständen, die im Müll gefunden werden, möglich. Bei anderen Games ist Müll der letzte Rest des Craftingprozesses, der als wertloser Gegenstand zurückbleibt. Bei den Sims wird Müll als wertvoller Rohstoff, aus dem Neues entstehen kann, gesehen.

Auch Games haben einen ökologischen Fußabdruck

Der reale, ökologische Fußabdruck von Games ist dabei immer noch beträchtlich. Wer mit Konsole und Fernseher spielt, bläst bei durchschnittlicher Nutzungsdauer etwa 363kg CO2 jährlich in die Luft, wer über das beliebteste Spielgerät der Deutschen, das Smartphone, spielt, etwa 40kg. Zur Erinnerung: Der durchschnittliche CO2 Ausstoß pro Person in Deutschland liegt derzeit bei etwa 11 Tonnen pro Jahr. Gaming hat wenig Einfluss auf die gesamtgesellschaftliche Ökobilanz.

Spielerisch gestalten

Die gesamtgesellschaftliche Ökobilanz lässt sich in der Civilization-Reihe beeinflussen. Das Spiel lässt Spieler*innen den menschlichen Fortschritt über neue technologische Errungenschaften stets selbst entscheiden und so alternative Gesellschaften simulieren.

Bei Civilization VI – Gathering Storm

werden Naturkatastrophen abhängig CO2-Emissionen ausgelöst, die Spieler*innen können diese durch den Bau grüner Technologien verringern. Auch der Anstieg der globalen Temperatur ist Teil des Spiels. Die Lösung liegt, wie im Spielemechanismus von Civilization üblich, in technologischem Fortschritt. Den Spieler*innen werden Anreize geboten, wenn sie nicht ständig von Naturkatastrophen geplagt werden wollen, in Richtung einer ökologischen Transformation zu forschen. Dabei löst das Spiel eine der zentralen Fragen der Klimaforschung fast wie nebenbei. Es vermittelt die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen und erklärt, wie in der Gegenwart Handlungsbereitschaft für Ereignisse entsteht, die erst in ferner Zukunft erfahrbar werden. Durch die Beschleunigung des zeitlichen Ablaufs werden die Folgen der eigenen Handlungen der Vergangenheit im Spiel direkt erfahrbar und Auswirkungen spürbar.

Im Spiel Floodland

hingegen lebt man bereits in einer vom Klimawandel zerstörten Welt und muss seine Vorstellung zu immer neuen Gemeinschaften bringen. Dabei entscheiden sich die Spieler*innen, für welche Werte sie kämpfen wollen: Libertäre, hierarchische oder gemeinschaftliche. Die Auseinandersetzungen mit anderen Gemeinschaften sind dabei also nicht als Freund-Feind-Idee von vornherein gesetzt, sondern werden sozial ausgehandelt. Die anderen Gemeinschaften teilen entweder diese Werte – oder sie müssen besiegt werden.

Eco-Games setzen aber auch auf Empathie für nichtmenschliche Wesen. Durch das Spielen nichtmenschlicher Charaktere findet eine Übertragung statt. Die menschliche Perspektive wird verlassen und eine andere Perspektive auf die Welt ermöglicht. Im Spiel Endling spielt man eine Fuchsfamilie, die durch eine von der Industrie und Klimawandel geprägte Welt läuft. Man wird zum Care-Taker der Familie, versucht Nahrung zu finden und stößt in zerstörten Landschaften zunehmend auf Probleme bei der Nahrungssuche. Stirbt ein Familienmitglied, wird auch die musikalische Umgebung des Spiels trister und weniger komplex.

Auch das Spiel Gibbon

setzt auf einen ähnlichen Mechanismus, indem ein Menschenaffe durch den Urwald navigiert werden muß. Dieser wird durch Expansion des menschlichen Lebensraums immer kleiner und das Spiel damit schwieriger.

Können Spiele zu einem ökologischen Bewusstsein beitragen? Spiele werden sicherlich nicht das Verhalten der Spieler*innen prägen. Sie können jedoch Handlungsalternative aufzeigen und die Motivation – auch im Alltag – erhöhen, sich für ökologischere Verhaltensweisen zu entscheiden, da sie bereits spielerisch erprobt wurden.

Gameförderung zur Kommunikation der Klimakrise

Dies hat auch die Politik erkannt. Neben dem bereits erwähnten Klim S:21, dass das Bundesumweltministerium förderte, sind auch das Umweltbundesamt, das Auswärtige Amt und die UN in den Bereich der Gameförderung zur Kommunikation von Klimakrisenfolgen eingestiegen. Das Programm der UN holt dabei große Gaming-Studios mit an Bord. Der Begriff des Klimawandels ist hier weit gefasst. Vom Schutz des Regenwaldes bis zu Ernährungsfragen fallen viele Themen unter den Begriff des Eco-Gamings. So gibt es beispielsweise bei Angry Birds Events, die sich mit der Artenvielfalt im Regenwald beschäftigen und PacMan ruft zum Schutz der Himalaya-Region auf.

Viele Games schaffen es, Klimawandel als etwas zu zeigen, das händelbar ist, das durch politische Maßnahmen angegangen werden kann und schaffen es, mit positiven Emotionen freiwillige Handlungsbereitschaft zu erzeugen. Sie erzählen von einem alternativen Planeten, auf dem Klimawandel eine Herausforderung ist, die Spaß macht und Möglichkeiten zur Gestaltung bietet. So entstehen Handlungsmöglichkeiten und alternative Erzählungen, die Lust wecken, den Klimawandel aktiv anzugehen.

 

 

 

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