Zur Zukunft von ARD und ZDF

Mit dieser Debatte ist kein Staat zu machen

Der Begriff „Staatsfunk“ ist ein Kampfbegriff, mit dem das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland geschmäht werden soll. Das sagt nicht irgendein Verteidiger von ARD oder ZDF; das sagt Rainer Hank, der Wirtschafts-Chef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Stefan Niggemeier
Foto: Jan Zappner

Am 27. August schrieb er gemeinsam mit dem Kollegen Georg Meck:

„Nur weil es die AfD ist, die das öffentliche Fernsehen mit dem Kampfbegriff ‚Staatsfunk‘ schmäht, muss die Kritik an der Staatsnähe ja nicht falsch sein (…).“

In einer Grafik in dem Artikel benutzte die Zeitung das Wort aber selbst, und weil das bei der FAZ nicht zum ersten Mal vorkam, ärgerte sich eine Kollegin vom Deutschlandradio darüber in einem sehr polemischen Kommentar. Darüber wiederum regten sich viele Zeitungsjournalisten fürchterlich auf, und in der Woche drauf schlugen Hank und Meck zurück – und machten sich das Wort nun vollends zu eigen. Ihre eigene Aussage aus der Vorwoche, dass es sich um einen schmähenden Kampfbegriff handele, dementierten sie nun plötzlich: Er beschreibe nur „völlig unideologisch die Realität“.

Für einen Krieger, der in den Kampf gezogen ist, lässt sich der Unterschied wohl nicht mehr feststellen.

Am 18. September hielt Mathias Döpfner, Springer-Vorstandschef und Präsident des Zeitungsverlegerverbandes BDZV, eine Rede, in der er die Aktivitäten von ARD und ZDF kurz als „Staatsfernsehen und Staatspresse im Netz“ umschrieb (und meinte, ein passender Vergleich für eine Zukunft, in der es nur noch sie gäbe, wäre Nordkorea). Im aktuellen „Spiegel“ probiert Jan Fleischhauer, wie sich das Wort als Kurzform für ARD und ZDF anfühlt.


Man muss das, einerseits, natürlich nicht überbewerten. Der Jahrzehnte alte Dauerkampf zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Medien darum, was ARD und ZDF dürfen sollen, geht halt gerade wieder in eine besonders heiße Phase. Man kann es, andererseits, aber natürlich schon ein bisschen befremdlich finden, dass einigen Verlagsmenschen dabei ausgerechnet ein Kampfbegriff von Leuten gelegen kommt, die auch gern „Lügenpresse“ sagen.

Das größere Problem ist aber nicht die Schmähung. Das größere Problem ist dies: Jemand, der so tut, als sei „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ nur ein lästig langes Wort für „Staatsfunk“ und als sei Staatsferne bei einem solchen System ohnehin nicht zu erreichen, setzt die Errungenschaften eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks selbst aufs Spiel.


Es ist nicht so, als ob die westdeutschen Politiker nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg scharf darauf gewesen wären, den Rundfunk staatsfern zu organisieren. Im Gegenteil: Die West-Alliierten mussten die Konstruktionen als öffentlich-rechtliche Anstalten, die nicht den Regierenden unterstehen und von Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und nicht den Parteien kontrolliert werden, gegen ihren ausdrücklichen Willen durchsetzen.

Das gelang ihnen schon anfangs nicht überall gleich gut. Später holten sich die Parteien den ihnen eigentlich nicht zustehenden Einfluss in den Rundfunk- und Fernsehräten zurück. Sie dominierten sie schließlich – in Form von Regierungsvertretern, Parteivertretern und parteilich organisierten Vertretern gesellschaftlicher Gruppen – in einem Maß, das die eigentlich geforderte Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedrohte.

Natürlich ist es nicht nur legitim, sondern auch notwendig, daran und an anderen beunruhigenden Anzeichen von Staatsnähe bei ARD und ZDF Kritik zu üben. (Dazu gehört zum Beispiel der fortwährende Skandal der Freundeskreise im ZDF-Fernsehrat und das Sich-dumm-Stellen der Vorsitzenden.) Denn das ist das Prinzip des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Dass er staatsfern organisiert ist.


In der aktuellen Eskalation der Debatte tun einige Gegner von ARD und ZDF so, als sei schon das eine Illusion. Schon aus Tatsachen wie der, dass der „Gründungsakt der öffentlich-rechtlichen Anstalten ein hoheitlicher Akt des Staates“ gewesen sei und es zur Gründung des ZDF einen „Staatsvertrag“ gegeben habe, schließen die Wirtschaftsleute der FAS, dass es sich um Staatsfernsehen handeln müsse: „So wie der französische Staat Atomkraftwerke betreibt, so betreibt der deutsche Staat Fernsehanstalten.“

Nach dieser Logik macht es dann gar keinen Unterschied, ob Regierung oder Parlament direkt Chefredakteure, Intendanten, Etats und Programminhalte bestimmen – oder ob es, wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dafür Gremien, Instanzen, unabhängige Behörden gibt, die diesen direkten Zugriff mindestens erschweren, verumständlichen, im Idealfall verhindern. Die also für ein Mindestmaß an Unabhängigkeit des Rundfunks von den Regierenden sorgen.

Wenn die FAS recht hätte, dass das eh alles keinen Unterschied macht, hätten sich die Alliierten gar nicht so viel Mühe geben müssen, Organisationsformen zu konstruieren, die einen Abstand zwischen Staat und Rundfunk herstellen, der größer ist oder sein soll als bei einem Staatsrundfunk. Wenn das ZDF eh „Staatsrundfunk“ ist, wäre es gar kein Skandal gewesen, wie die Unionsvertreter in den Aufsichtsgremien des Senders vor sieben Jahren Nikolaus Brender als Chefredakteur absägten.

Es war aber ein Skandal.

Wer, wie die FAS, argumentiert, dass ARD und ZDF schon natur- und konstruktionsgemäß „Staatsfunk“ sind und nicht nur manchmal so wirken, weil da einiges schiefgelaufen ist, dem geht es nicht darum, für die Staatsferne dieser Sender zu kämpfen. Dem geht es darum, gegen ihre Legitimation und ihre Existenz zu kämpfen.


Auch „Spiegel“-Autor Jan Fleischhauer scheint nicht Staatsnähe zu beklagen, als vielmehr Staatsferne für eine Unmöglichkeit zu halten. Anders lässt sich die Zeile kaum verstehen, die über seiner „Polemik“ im aktuellen „Spiegel“ steht: „Wer von einer Gebühr abhängt, die wie eine Steuer erhoben wird, hat ganz schlechte Karten, wenn er auf Staatsferne pocht“, schreibt Fleischhauer. In seinem Text heißt es:

„Spätestens wenn es ums Geld geht, zeigt sich, wer Herr im Hause ist. Es ist schwer, Leuten den Marsch zu blasen, die darüber befinden, wie und in welcher Form der eigene Arbeitsplatz erhalten bleibt. Wer fast vollständig von einer Gebühr abhängt, die wie eine Steuer erhoben wird, hat einen ganz schlechten Stand, wenn er plötzlich auf Staatsferne pocht.“

Nun könnte man dem natürlich entgegenhalten, dass der Rundfunkbeitrag eben nicht wie eine Steuer erhoben wird, die Parlamente je nach Gutdünken und aktueller Mehrheit erhöhen oder senken können, sondern durch ein sehr umständliches Verfahren, bei dem die Sender ihren Bedarf anmelden, eine unabhängige Kommission den überprüft und dann die Landesparlamente – außer in begründeten Ausnahmefällen – nur abnicken dürfen. Dieses Verfahren ist alles andere als perfekt, aber wenn man Fleischhauer glaubt, ist es auch egal: Ist doch wie ’ne Steuer. Kann doch sowieso nicht gut gehen.

Man muss nur ungenau genug hinsehen, dann erscheinen ARD und ZDF nicht mehr als reformbedürftig, sondern als unreformierbar.


Vor über 50 Jahren unternahm die damalige Bundesregierung den Versuch, einen Fernsehsender zu gründen, der kontrollierbarer und politisch zuverlässiger sein sollte als die ARD. Er hatte die Form einer GmbH, die dem Bund gehörte, wäre aber trotz der privaten Organisationsform in vielerlei Hinsicht Staatsfernsehen gewesen. Sein Spitzname war entsprechend: „Adenauer-Fernsehen“. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das untersagte, gründeten die Bundesländer stattdessen das ZDF.

Der „Handelsblatt“-Redakteur Hans-Peter Siebenhaar, der seit vielen Jahren wieder und wieder und wieder die Fusion von ARD und ZDF fordert, schreibt hingegen in der vergangenen Woche:

„Rundfunkhistorisch war das Zweite in Mainz – einst als „Adenauer-Fernsehen“ verspottet – ohnehin ein politischer Unfall der jungen Bundesrepublik.“

Ganz beiläufig macht der Mann, der sich in seinem Blatt „Medien-Kommissar“ nennt, das ZDF zu dem Regierungssender, den es gerade ersetzte, weil er verfassungswidrig war.

Gut, vielleicht ist das nicht einmal Kalkül, sondern nur Ahnungslosigkeit. In einem Gastbeitrag im „Handelsblatt“ schlugen Hanno Beck und Andrea Beyer vor zwei Monaten vor, dass die Rundfunkbeiträge nicht an bestimmte Sender, sondern für bestimmte Inhalte gezahlt werden sollten. Sie schrieben:

„Nicht das ZDF oder die ARD sollten gefördert werden, sondern Inhalte, Bildung, Kultur, politische Information, Dokumentationen. Schaut man aber in die Programmzeitschrift, so finden sich in ARD und ZDF viele Formate, die nicht förderungswürdig sind: „Musikantenstadl“, „Verbotene Liebe“ oder Boulevard-Magazine – das wird oft als Indiz gedeutet, dass private und öffentlich-rechtliche Sender sich immer ähnlicher werden.“

Ich weiß nicht, wann die beiden zum letzten Mal in eine Programmzeitschrift geschaut haben, aber sowohl der „Musikantenstadl“ als auch „Verbotene Liebe“ stehen dort seit über zwei Jahren nicht mehr drin.

Als sich Marion Horn, die Chefredakteurin der „Bild am Sonntag“, vergangene Woche in Rage schrieb, weil die ARD-Sky-Koproduktion „Babylon Berlin“, die sie sehr gut findet, erst in einem Jahr in der ARD zu sehen ist, nannte sie das „Mist“:

„Denn der öffentlich-rechtliche Bezahlsender ARD hat einen Jahres-Etat von 12,37 Milliarden Euro – das sind mehr als 12.000 Millionen Euro. Jedes Jahr!“

In Wahrheit nimmt die ARD jährlich 6,7 Milliarden Euro ein. (Die Zahl 12,37 ist trotzdem nicht frei erfunden. Das bekommt die ARD monatlich von jedem Beitragszahler. 12,37 Euro, nicht 12,37 Milliarden.)


Zurück zu Jan Fleischhauer. In seinem „Spiegel“-Text nennt er zwei konkrete Beispiele, an denen man konkret merken soll, wie staatsfernsehhaft ARD und ZDF sind. Das eine ist, dass die Frau, die für die Hinterbliebenen der Opfer des Terroranschlags am Berliner Breitscheidplatz spricht, vom ZDF zum Wahl-Hearing mit Angela Merkel erst ein- und dann wieder ausgeladen wurde.

Fleischhauer hat keinen Beweis dafür, dass das irgendetwas mit einer Einflussnahme der CDU oder vorauseilender Rücksicht auf die Kanzlerin zu tun hat, aber er geht einfach mal davon aus.

Sein zweites Beispiel ist die Beschwerde aus Union und SPD, dass die Öffentlich-Rechtlichen die AfD groß gemacht hätten. Er liest aus der Kritik „die Empörung über die Anmaßung von Redaktionen, selbst zu entscheiden, wen man für wichtig hält und was die relevanten Fragen sein könnten.“

Selbst wenn man das so interpretiert wie Fleischhauer, wäre es aber natürlich gerade kein Beispiel dafür, wie sehr ARD und ZDF tun, was die großen Parteien von ihnen erwarten, sondern für das Gegenteil: In der Logik von Fleischhauer laden die einfach AfD-Leute ein und besprechen AfD-Themen, obwohl das den Regierenden nicht gefällt.

Spricht das nicht gegen den Befund vom „Staatsfunk“? Aber nein:

„Der unausgesprochene Deal geht so: Die Politik sichert die Finanzierung, dafür haben ihre Vertreter freien Zugang zum Programm. Solange sich die Sender daran halten, müssen sie keine Angst um die Zukunft haben.“

Führte man diesen Gedanken zu Ende, hätten dieselben Sender, denen er übergroße Nähe zu den Regierenden vorwirft, im Wahlkampf gerade ihre Existenz aufs Spiel gesetzt, weil sie sich nicht regierungsnah genug verhielten. Im Kopf Fleischhauers ist das aktuelle Problem der Öffentlich-Rechtlichen, dass sie den Regierenden zu nah sind und zu fern.

In Wahrheit ist das Problem aber natürlich, dass sie im Internet direkte Konkurrenz von Medien wie dem „Spiegel“ sind. Bei Fleischhauer sickert der Gedanke in dem Halbsatz von einer Dystopie durch, in der „die letzte freie Zeitung ihren Geist aufgegeben hat, weil die Öffentlich-Rechtlichen auch den abgeschiedensten Winkel im Internet besetzt haben“.


Ein paar Seiten vorher stehen im selben „Spiegel“ die Sätze:

„Die Debatte hat teils absurde Züge angenommen. Beide Seiten drohen mit dem baldigen eigenen Untergang, sollte die Politik nicht in die eine oder andere Richtung entscheiden. So, als ob nur einer überleben könnte – die Presse oder das öffentlich-rechtliche Fernsehen.“

Entweder hat das niemand dem Fleischhauer gesagt. Oder der „Spiegel“ möchte nicht an der Bahnsteigkante zurückbleiben, wenn alle anderen in diesen absurden Zügen unterwegs sind.


Damit fahren wir dann wieder mit Döpfner nach Nordkorea, wobei der heutige Zeitungsverlegerpräsident interessanterweise gar nicht immer der Meinung war, dass die privaten Medien keine Chance hätten, im Internet mit den öffentlich-rechtlichen zu konkurrieren. Vor neun Jahren fand er genau solche Grenzen, wie er sie heute für ARD und ZDF im Internet fordert, „lebensfremd“. Er sagte dem „Spiegel“:

„Am Ende wird nicht wirklich zu kontrollieren sein, ob etwa ein Beitrag von ARD und ZDF im Netz die definierten Grenzen einhält. Und die Öffentlich-Rechtlichen werden inhaltlich beschränkt. Neue Medien aber brauchen mehr Kreativität und Freiheit, nicht Beschränkung. Das entspräche nicht meinem Verständnis von Pressefreiheit.“

Er schlug vor:

„ARD und ZDF dürfen im Internet inhaltlich tun und lassen, was sie wollen – und verzichten dafür im Netz, aber auch im TV und allen anderen Kanälen auf Werbung, Sponsoring oder E-Commerce und finanzieren sich nur aus Gebühren.“

Es könne sein, sagte er, dass die digitale Reichweite der Öffentlich-Rechtlichen dann „extrem hoch wäre“, aber weil sie diese nicht monetarisieren könnten, würde das den privaten Verlegern nicht schaden.

Döpfner war damals offenbar noch davon überzeugt, dass sich Journalismus im Internet durch Werbung finanzieren ließe. Heute will er Inhalte, wann immer möglich, nur noch gegen Geld anbieten – und hat mit kostenlosen Angeboten von ARD und ZDF plötzlich ein Problem, obwohl sie werbefrei sind (und hätte es vermutlich auch, wenn sie auf Werbung im Fernsehen verzichtet hätten).

Man muss Döpfner deshalb nicht fehlende Weitsicht vorwerfen, aber vielleicht ist das eine gute Warnung, die Grenzen für ARD und ZDF nicht danach zu definieren, was aktuellen und vielleicht morgen schon hinfälligen Geschäftsmodellen von privaten Anbietern gelegen kommt, sondern aus den Wünschen und Erwartungen an ein solides öffentlich-rechtliches Angebot für alle.


Warum ist es so schwer, eine vernünftige Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender zu führen? Der „Spiegel“ zitiert zunächst mehrere wütend-fanatische Kommentare von irgendwem irgendwo im Internet. Dann fügt er treuherzig hinzu

„Es ist schwer, eine vernünftige Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender zu führen, wenn im Hintergrund dieser Hass grollt, diese Töne gellen.“

Es ist schwer, möchte man dem „Spiegel“ zurufen, eine vernünftige Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender zu führen, wenn man sie im Heft ohne Not mit grollendem Hass und gellenden Tönen anreichert. Überhaupt ist es schwer, eine vernünftige Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender zu führen, wenn man keine vernünftige Debatte über die öffentlich-rechtlichen Sender führt.

Die „Spiegel“-Titelgeschichte ist ein Text, der ohne jede Idee, ohne jede Analyse, ohne jeden neuen Gedanken auskommt. Die Aufregung der ARD darüber ist deshalb auch ein bisschen übertrieben – und jedenfalls in dieser Form kontraproduktiv. Vielleicht liegt die Empörung weniger an der Gedankenarmut des Stücks als daran, dass es so aufregend und AfD-affin verkauft wird.

Von der Ankündigung auf dem Titel, zu enthüllen, „wie ARD und ZDF Politik betreiben“, findet sich in Titelgeschichte nämlich nichts.


Ehrlicher war der samstägliche Newsletter des „Spiegel“. Die stellvertretende Chefredakteurin Susanne Beyer kündigte das Thema darin unter anderem mit den Worten an: „In Verlagshäusern wächst der Unmut, vor allem gegen die ARD. (…) Wir sind naturgemäß Partei.“

Dadurch lässt sich der ganze Artikel erklären. Bis hin zu Details wie dieser Stelle, die ein Beleg für den angeblich seit Monaten schwindenden Rückhalt für ARD und ZDF in der Politik sein soll:

„Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) will „über eine Einschränkung des Textlichen“ bei den Öffentlich-Rechtlichen diskutieren.“

Kretschmanns Satz ging im Original allerdings noch weiter:

„Ich meine daher, dass wir über eine Einschränkung des Textlichen diskutieren müssen, falls wir das Telemedienangebot ausweiten.“

Kretschmann will über eine Einschränkung von Texten im Falle einer Ausweitung des Angebotes von ARD und ZDF diskutieren. Entweder war für die fünf entscheidenden Wörter kein Platz mehr in dieser Sieben-Seiten-Geschichte. Oder der „Spiegel“ brauchte einfach dringend noch ein Beispiel für die Abkehr der Politik von ARD und ZDF und hatte kein gutes mehr.


Man muss das vielleicht noch einmal deutlich sagen: Es gibt vieles, was an ARD und ZDF zu kritisieren ist, konkret wie grundsätzlich. Der Widerwille der Parteien, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Staatsferne zu gewähren, die ihm (und uns!) zusteht, ist erbärmlich. Und natürlich muss man auch die grundsätzliche Frage stellen, was die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der neuen digitalen Medienwelt ist. (Ein Thesenpapier, das ARD und ZDF darin eine größere und wichtige Rolle geben will, ist in den Medien der meisten Verlage weitgehend ignoriert worden.)

Man sollte denken, dass es die privaten Medien, die so sehr ihre Unverzichtbarkeit für die Demokratie betonen, als ihre Aufgabe ansähen, diesen Diskurs bestmöglich zu organisieren.

Offenlegung: Ich habe eine Kolumne beim öffentlich-rechtlichen Radio Eins.


Dieser Beitrag ist zuerst auf Übermedien erschienen

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