Dritte Mahnwache vor Verleger-Villa

Bickhove-Swiderski (re) und sein Stellvertreter Heinz Dickhoff an der Klingel vor der Verlegervilla. Foto: Frank Biermann

Gehört das eigentlich schon verboten, oder darf das noch gedruckt werden? Das fragt man sich des Öfteren, wenn man sich die Programme von Verlagen anschaut, die Autoren der Neuen Rechten verlegen, wie der im Münsterland ansässige Manuscriptum Verlag. Der gehört Thomas Hoof*, der mit dem hochpreisigen Warenhaus und Versandhandel Manufactum reich geworden ist. Seine Verlagsbuchhandlung bewirbt heute die Themenbereiche Deutsche Geschichte, Gender Mainstreaming, Ideologiekritik, Konservatismus, Kulturkritik, Lebenspraxis und Preußen.

Ortwin Bickhove-Swiderski, der Vorsitzende des DGB im Kreis Coesfeld, is not amused at all. Im eigentlich beschaulichen Städtchen Lüdinghausen ist ein Prospekt als Hauswurfsendung verbreitet worden, von dem ungefragt sein Konterfei blickt. Bearbeitet und verfremdet und textlich begleitet von allerlei „Schmutzeleien“.

„Das Pamphlet ähnelt von der Aufmachung her schon einem Steckbrief“, findet Volker Nicolai-Koß, Regionsgeschäftsführer des DGB Münsterland. Zusammen mit dem DGB-Kreisvorsitzenden ist darauf André Stinka, SPD-Fraktionsmitglied im Landtag NRW, abgebildet. Beide würden seinen Ruf schädigen, beklagt sich Thomas Hoof in der Wurfsendung, und wollten die Hoof-Gruppe zum „unwillkommenen Unternehmen“ stilisieren. Dabei sei er doch ein millionenschwerer Gewerbesteuerzahler, die Gründerzeit-Villa, in der seine Gruppe untergebracht sei, werte fraglos das Stadtbild auf und die Autoren, die er verlege, hätten allemal mehr intellektuelles Niveau als die „Linksgenossen“ Stinka und Bickhove-Swiderski. Hoof macht den Lüdinghausern das Angebot, sich kostenlos ein Buch aus seinem Verlag – Hausautor Rolf-Peter Sieferle über „Das Migrationsproblem“ – abzuholen. Er, Hoof, habe den Verlag Manuscriptum „zu einem verlegerischen Habitat für Autoren gemacht, die eine selbstverantwortete (oft vom Mainstream abweichende) Meinung haben“.

DGB-Regionsgeschäftsführer Volker Nicolai-Koß, in der Mitte Heinz Dickhoff, links Ortwin Bickhove-Swiderski vor Burg Vischering Foto: Frank Biermann

Die Kritiker aus Politik, Gewerkschaften, der Zivilgesellschaft und aus Lüdinghausen wollen diesen Angriff des Verlegers „auf demokratische Organisationen, die ihm ein Dorn im Auge sind“ (Nikolai-Koß) nicht auf sich beruhen lassen. Sie haben mit zwei Mahnwachen und in Presseerklärungen bereits deutlich gemacht, was sie von Autoren des Verlages wie den AfD-Politikern Björn Höcke und Alexander Gauland, dem Verschwörungsideologen Jürgen Elsässer und dem Rechtspopulisten Acif Pirincci („Die große Verschwulung“) halten. Der in ihren Augen rechtspopulistische Verlag verbreite Hetze, „menschenfeindliches und nationalistisches Gedankengut, das zwar durch die Meinungsfreiheit abgedeckt“ sei, so Stinka: „Aber nichts davon gehört in eine offene und zukunftsgewandte Gesellschaft.“

Stiftung in Planung

Über eine Stellenanzeige des Verlages, die in der „Jungen Freiheit“ geschaltet war, haben die Verlagskritiker vor Ort erfahren, dass Hoof auch noch vor hat, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen, unter deren Dach sich alle wirtschaftlichen Tätigkeiten und die Liegenschaften seiner Unternehmensgruppe versammeln sollen. Wie weit diese Pläne gediehen sind und was der Zweck der Stiftung ist, darauf hat M keine Auskunft bekommen. Es könne ja wohl nicht sein, dass der Verlag und die Gruppe die Möglichkeit bekämen, „Spendenbescheinigungen“ auszustellen für Zuwendungen, mit denen, so die Befürchtung von Bickhove-Swiderski, eine „Art rechtspopulistisches Zentrum“ aufgezogen werden könnte.
„Der Verlag hat hier bei uns in der Region keinen Platz, der soll seine Zelte abbauen und woanders hinziehen, auf irgendeine Südsee-Insel von mir aus“, wird Nikolai-Koß deutlich. Als „Zensur“ will der DGB seine Aktivitäten dabei nicht verstanden wissen. „Wir haben die Verantwortung, die Gesellschaft darauf hinzuweisen, bei Rechtspopulisten genau hinzugucken“, so der Regionsgeschäftsführer des DGB im Münsterland.

Die verbalen Übergriffe auf die kritischen und antifaschistischen Gewerkschafter wollen diese nicht unbeantwortet lassen und rufen erneut zu einer zweistündigen Mahnwache am 7. Oktober ab 17 Uhr vor dem Verlagsgebäude an der Bahnhofstraße in Lüdinghausen auf.


* Thomas Hoof (Jg. 1948) ist gelernter Buchhändler und war Landesgeschäftsführer der nordrhein-westfälischen Grünen, bevor er 1988 das wirtschaftlich sehr erfolgreiche Handelsunternehmen Manufactum & Partner gründete, das stationär und im Versand als „Warenhaus der guten Dinge“ firmiert. 1993 kam die angeschlossene Manuscriptum Verlagsbuchhandlung hinzu. 2008 verkaufte Hoof seine letzten Warenhausanteile für „schätzungsweise 20 Millionen Euro“ (Wikipedia) an ein Otto-Tochterunternehmen. Der Verlag verblieb in seinem Besitz. Vor vier Jahren siedelte das Unternehmen von Waltrop nach Lüdinghausen um. Man residiert dort in einer Gründerzeit-Villa. Der 7000 Quadratmeter-Garten, darauf legt Hoof Wert, wurde „denkmalgerecht saniert“.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Von Erbsensuppe und neuen Geschichten

„Vielfalt schützen, Freiheit sichern – 40 Jahre duale Medienordnung im föderalen Deutschland“. Dies war das Thema des Symposiums, das am 23.  April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften stattfand. Ausrichter war die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).  Teilnehmer waren Verantwortliche aus Medienpolitik und -wissenschaft, Rundfunkregulierung und Medienunternehmen.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

Italien: Neun Jahre Haft für Recherche?

Drei Reporter*innen der italienischen Tageszeitung Domani müssen mit bis zu neun Jahren Gefängnis rechnen. Die Staatsanwaltschaft Perugia ermittelt gegen sie, weil sie vertrauliche Dokumente von einem Beamten angefordert und erhalten und das Geheimhaltungsprinzip der Ermittlungen verletzt haben sollen. Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll kritisierte, dass „hier investigative Berichterstattung über Mitglieder der italienischen Regierung unterdrückt werden soll."
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »