Streik im WDR: MoMa sendet Wiederholung

Foto: ver.di im WDR

Beim WDR und dem ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice wird gestreikt – von 6 bis 24 Uhr haben sich Beschäftigte Streikwesten angezogen und sind mit ver.di-Fahnen gerüstet durch die Studios und auf die Straße gezogen. Das Morgenmagazin (MoMa) konnte nur eingeschränkt live senden, ein Drehtag der Lindenstraße musste abgesagt werden. Mit der ganztägigen Aktion wollen ver.di und DJV den Druck in den laufenden Tarifverhandlungen vor der dritten Runde am Donnerstag erhöhen.

„Dies ist eine Aufzeichnung der Stunde zwischen 6 und 7 Uhr“, wurde für die Zuschauer*innen im Fernsehbild eingeblendet. „Die letzte Stunde mussten wir wiederholen, weil im Westdeutschen Rundfunk gestreikt wird“, erklärte Moderator Sven Lorig kurz vor 8 Uhr die Situation. „Die Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen. Jetzt sind wir aber wieder live auf Sendung hier aus Köln. Das ARD-Morgenmagazin ist zurück“, ergänzte Kollegin Anja Bröker. Auch auf Twitter musste das MoMa etlichen Zuschauer*innen Fragen beantworten. Andere Senungen waren ebenfalls betroffen. „Entfallen musste der ca. dreiminütige Sportblock innerhalb von WDR Aktuell um 12.45 Uhr“, hieß es später offiziell von der Intendanz.

Streikbesuch im Studio des Morgenmagazins
Foto: verdi im WDR

Rund 400 Beschäftigte des WDR und des Beitragsservice kamen zur Streikkundgebung vor dem Vierscheibenhaus am Kölner Appellhofplatz. „Ihr setzt, nach den Kolleginnen und Kollegen im NDR und SWR ein weiteres starkes Signal. Ihr macht klar: In Zeiten, in denen der Druck auf die Medien steigt, in denen Journalistinnen und Journalisten, Kameraleute, alle, die draußen im Einsatz für die Berichterstattung sind, beschimpft, bedroht und angegriffen werden, in denen der öffentliche Diskurs zunehmend verroht, halten wir dagegen“, rief Cornelia Berger, Leiterin des Bereichs Medien in ver.di, den Streikenden in ihrem Grußwort zu.  „Wir brauchen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wir brauchen Eure Arbeit grade jetzt und die muss angemessen bezahlt und finanziert werden!“

Neben Mitgliedern der Tarifverhandlungskommission kam auch Adil Dermici zu Wort, einer der Journalisten, die in der Türkei inhaftiert waren und nach über einem Jahr aufgrund des Todes seiner Mutter aus der Türkei wieder in seine Heimatstadt Köln ausreisen konnte. Er sprach seine Solidarität mit den Streikenden aus und rief zu weiterer Solidarität mit den Inhaftierten in der Türkei auf. Außerdem erklärte er, wie wichtig die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Oppositionellen in der Türkei ist. Auch eine Abordnung der Schülerinnen und Schüler der Fridays for Future sprach vor Ort ihre Solidarität aus und lud alle ein, sie auf dem Altermarkt in ihrem Camp zu besuchen.

Der türkische Journalist Adil Dermici bekundete seine Solidarität mit den Kolleg*innen des WDR und versicherte ihnen, wie wichtig die Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Türkei seien.
Foto: ver.di im WDR

Am Nachmittag besuchten die Streikenden unter anderem auch die Produktion von „Ladies Night“ im Gloria Theater. Auch hier stieß das magere Angebot des WDR auf Ablehnung. „Anerkennung und Wertschätzung können nicht nur ein warmer Händedruck sein. Für gute Arbeit verlangen wir auch beim WDR und beim Beitragsservice gutes Gehalt“ erklärte die Verhandlungsführerin von ver.di, Irmgard Galonska.

Bisher hat die WDR-Geschäftsleitung lediglich eine zweistufige Erhöhung der Gehälter von nur 1,7 und 1,9 Prozent vorgeschlagen. Das sei – „gelinde gesagt – eine Zumutung und inakzeptabel“. Vor allem deshalb, weil es weit unter dem aktuellen Abschluss im Öffentlichen Dienst (ÖD) mit insgesamt rund 8 Prozent bei einer Laufzeit von 33 Monaten liege, heißt es in einer Solidaritätsadresse des ver.di Senderverbandes Deutschlandradio (DLR) Köln. Bislang hätten die Arbeitgeber den Gewerkschaften immer den ÖD als ihren Maßstab für Tariferhöhungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgehalten. Jetzt, wo die Erhöhungen im ÖD einigermaßen akzeptabel seien, wolle man davon nichts mehr wissen. „Das ist Foulspiel auf Kosten der Beschäftigten!“, heißt es weiter. Dabei versteckten sich die Arbeitgeber hinter den politisch motivierten Vorgaben der KEF, an die sie angeblich gebunden seien. „Doch die Gewerkschaften lassen sich auf die Abwärtsspirale der Politik und der KEF nicht ein. Jedes zehntel Prozent, auf das die Beschäftigten verzichten, wird für immer verloren sein. Eine Belohnung für einen möglichen Verzicht dagegen wird es nicht geben. Weder die Politik, noch die KEF, noch die Geschäftsleitungen der Sender wollen oder können eine Garantie für einen starken und zukunftssicheren öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben. Daher dürfen sich die Beschäftigten nicht von der übrigen Einkommensentwicklung abhängen lassen“, so die Kolleg*innen des DLR, die im August mit den Tarifverhandlungen beginnen.

Weitere ARD-Anstalten und die Deutsche Welle bekundeten ihre Solidarität mit den WDR-Beschäftigten. Seit April laufen derzeit in insgesamt sechs Rundfunk-Häusern die Tarif-Verhandlungen. Für die 4.200 Beschäftigten und rund 2.200 Festen-Freien des WDR und des Beitragsservice fordert ver.di eine Erhöhung der Einkommen um einen Sockelbetrag von 150 Euro, eine prozentuale Erhöhung der Einkommen und Effektivhonorare um 6 Prozent (im Volumen inklusive des Sockelbetrags) bezogen auf 12 Monate. Beschäftigte sollen das Recht haben, die Erhöhung der Einkommen in zusätzliche „freie Zeit“ umzuwandeln. Das Ausbildungsentgelt soll um 100 Euro erhöht werden. Zudem werde eine soziale Komponente für Freie vorgeschlagen. Das heißt: Tage mit Schulungen sollen künftig mit 200 Euro je Tag honoriert werden. Krankengeld gibt es ab dem ersten Tag. Der Härtefallfond für Freie soll verlängert und aufgestockt werden.

Solidaritätsadressen aus anderen Sendeanstalten


Aktualisierung am 11. 7. 2019

Keine Annäherung zwischen ver.di und dem WDR

Die dritte Verhandlungsrunde in der Tarifauseinandersetzung zwischen ver.di und dem Westdeutschen Rundfunk ist am 11. Juli in Köln ergebnislos beendet worden. Die Arbeitgeberseite legte kein verbessertes Angebot vor.

„Wir sehen die Gefahr einer Abkopplung vom öffentlichen Dienst und müssen dieser Entwicklung entschieden entgegentreten“, unterstreicht Christof Büttner, Landesfachbereichsleiter Medien bei ver.di in NRW. „Die Streikenden haben diese Woche gezeigt, wie wichtig die Arbeit der Beschäftigten für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und damit für eine demokratische Gesellschaft ist. Da die Arbeitgeberseite dieses Signal noch nicht verstanden hat, können wir weitere Warnstreiks beim WDR nicht ausschließen“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Tarifverhandlungen werden am 23. August 2019 in Köln fortgesetzt.

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