Kollegen der Frankfurter Rundschau ringen um eine vernünftige Abfindung
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wich den ehemaligen Beschäftigten der Frankfurter Rundschau aus und fuhr grußlos davon. Sie protestierten in Hanau beim SPD-Landesparteitag Hessen und forderten von der parteieigenen Medienholding ddvg, ihre Abfindungen und den Sozialplan vorzufinanzieren. Die Zeitung ist verkauft, die Druckerei wird geschlossen, mehr als 400 Beschäftigten wurde gekündigt. Der ddvg gehörten 40 Prozent und dem Medienkonzern DuMont Schauberg 50 Prozent des insolventen Druck- und Verlagshauses Frankfurt (DuV).
Für die Betroffenen wurde eine Transfergesellschaft für sechs Monate eingerichtet. Die Altgesellschafter DuMont Schauberg und die SPD-Medienholding ddvg waren nicht bereit, sie für zwölf Monate zu ermöglichen. Ebenso haben sie es abgelehnt, die Abfindungen nach dem Insolvenz-Sozialplan vorzustrecken, die ohnehin im Schnitt nur 500 Euro pro Beschäftigungsjahr betragen. Die Beschäftigten werden dieses Geld erst in einigen Jahren erhalten. Wer dann bereits Hartz IV bezieht, hat davon nichts, es wird komplett angerechnet. Für den Betriebsratsvorsitzenden des insolventen Unternehmens Marcel Bathis heißt das: „Wir werden mit einem Tritt auf die Straße gesetzt und bekommen nicht mal einen Almosen.“
Dabei hatte SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks in den Verhandlungen mit ver.di und dem Betriebsrat versichert, dass sie im Prinzip einen schuldenfreien Betrieb hinterlassen. Sie sei optimistisch, dass nach Abschluss des Insolvenzverfahrens genügend Masse für die Abfindungen übrig bleibt.
Weil sie besonders vom Verhalten der SPD enttäuscht sind, protestierten gekündigte Beschäftigte beim SPD-Landesparteitag am 9. März in Hanau. Der hessische SPD-Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel versicherte ihnen, es gäbe nach wie vor Gespräche, es sei keine Tür zu. Allerdings sei hier auch DuMont Schauberg gefragt. Er habe auch intern immer deutlich gemacht, dass die von der SPD geforderte soziale Verantwortung auch für die ddvg-Beschäftigten gilt. Manfred Moos, ver.di-Landesfachbereichsleiter kündigte an, noch einmal an die Gesellschafter zu schreiben.Moos wurde deutlich: Wenn dies „nicht hinhaut, wird sich die SPD in Hessen und im Bund auf weitere Besuche einstellen müssen“.
Seit November befand sich das Druck- und Verlagshaus Frankfurt (DuV) mit mehreren Tochtergesellschaften in der Insolvenz. Bis Ende Februar waren DuMont Schauberg und die SPD-Medienholding ddvg bereit, die Löhne und Gehälter zu garantieren. Seit dem 1. März gehört das Blatt der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH (35 Prozent) und der Frankfurter Societät GmbH (55 Prozent). Beide sind im Besitz der Fazit-Stiftung, der auch die Tageszeitung Frankfurter Neue Presse gehört. Erst am 27. Februar, kurz vor Ablauf der Frist, stimmte das Bundeskartellamt dem Kauf durch die neuen Eigentümer zu.
Zunehmend Leiharbeit
Übernommen wurden nur 28 Beschäftigte der FR-Redaktion von der neu gegründeten Frankfurter Rundschau GmbH. Geplant ist, die Zusammenarbeit mit der Leiharbeitsfirma Pressedienst Frankfurt (PDF) auszubauen. Hier wurden in der Vergangenheit Pauschalisten, aber auch ehemalige FR-Volontäre eingestellt. Sie werden deutlich unter Tarif bezahlt. Bisher arbeiten 28 Redakteurinnen und Redakteure für die PDF, die Belegschaft soll auf 40 wachsen.„Damit wäre die Zahl der Leiharbeitnehmer höher, als die der Stammbelegschaft“, stellt Manfred Moos, ver.di-Landesfachbereichsleiter Hessen, fest.
Für mindestens drei Monate sollen die Mantelseiten weiterhin von den Redaktionsgemeinschaften mit der Berliner Zeitung geliefert werden. Bisher arbeiten 46 Beschäftigte in den Redaktionsgemeinschaften, aber auch direkt bei der Berliner Zeitung. Nach Redaktionsschluss wollte die Geschäftsführung des Berliner Verlags die Belegschaft darüber informieren, wie es nach Ablauf der Frist weitergeht. „Bisher haben wir keine Informationen“, sagt Renate Gensch, Betriebsratsvorsitzende des Berliner Verlags. Wenn die Zusammenarbeit mit der FR beendet wird, befürchtet sie, dass es auch dort zu Entlassungen kommt.
Besonders bitter ist die Schließung der Druckerei für die Beschäftigten. Der Betrieb schrieb schwarze Zahlen. Im Januar hatte der Axel Springer Verlag seine Druckaufträge gekündigt. Springer begründete den Schritt mit der unklaren Zukunft der Druckerei. Rund die Hälfte des Umsatzes fiel dadurch weg, neue Eigentümer konnten nicht gefunden werden. Einen Teil der Druckaufträge erhielt die Frankfurter Societäts-Druckerei, die dem neuen Hauptgesellschafter gehört.
An der neu gegründeten Frankfurter Rundschau GmbH soll die Karl-Gerold-Stiftung, wie bisher auch, zehn Prozent halten. Karl Gerold war Verleger, Herausgeber und Chefredakteur der FR. Die Stiftung wurde nach seinem Tod gegründet. Er hatte festgelegt, dass die FR eine unabhängige, politisch engagierte, links-liberale Tageszeitung bleibt. Die neuen Eigentümer haben versichert, dass das Blatt in diesem Sinne weitergeführt wird.
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