Kampf um kritisches Profil: 80 Jahre FR

Werbung für die Frankfurter Rundschau. Ein Archivbild von 2018. Foto: Wikimedia/Philipp Gross

Gegründet 1945 von kommunistischen, sozialdemokratischen und katholischen Antifaschist*innen steigt die Frankfurter Rundschau (FR) in den 1960er Jahren zur prägenden linken Tageszeitung in der Bundesrepublik auf. Ihre Geschichten und Recherchen beeinflussen sogar die Regierungspolitik. Wie es später zu einer massiven Abwärtsspirale kam und mit welcher Hilfe sie aufgehalten wurde, zeichnet ein neues Buch von Claus-Jürgen Göpfert nach.

Sie kämpfte gegen Aufrüstung und den Vietnamkrieg und für eine neue deutsche Ostpolitik. Im Feuilleton setzte sie Zeichen in der Theaterlandschaft und Filmkritik. Claus-Jürgen Göpfert war von 1985 bis 2020 Redakteur der Frankfurter Rundschau (FR). In  diesen 35 Jahren war er Teil von Entwicklungen, die die FR bis heute prägen.

Denn die linken Milieus zerfallen in den 1970er- und 80er-Jahren nach und nach. Mit der taz gibt es ein linkes Konkurrenz-Blatt. Zugleich beginnen im Medienmarkt rasante technische Veränderungen, die ganze Berufe aussterben lassen. Zu spät steigt die FR in die sozialen Medien ein. Von 2000 an gerät die Zeitung in eine wirtschaftliche Abstiegsspirale, ist gezwungen, ihr Stammgelände in Frankfurt am Main zu verkaufen. Fünfmal wechselt der Eigentümer, viel öfter die Chefredaktion. Von 1700 Beschäftigten im Jahre 1985 bleiben bei der Insolvenz im Jahre 2012 nur noch 28 übrig.

Ausgerechnet die Konkurrenz lässt die FR überleben

Nach dem Konkurs kauft ausgerechnet der unmittelbare Konkurrent (die Fazit-Stiftung mit der FAZ) die FR und ermöglicht so ihr Überleben. Trotz immer neuer Sparmaßnahmen gelingt es, ein engagiertes, kapitalismuskritisches Profil der Zeitung zu bewahren.

Um dieses kämpft die heute etwa 80-köpfige Redaktion noch immer. Denn nach wie vor sorgen die Texte des Blatts bundesweit für Aufmerksamkeit, etwa im Kampf gegen Rechtsterrorismus und erstarkenden Rechtsextremismus. Zugleich verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen der Redaktion weiter, die Bezahlung ist inzwischen zum Teil prekär. Auf Proteste 2023 aus der Redaktion reagiert der neue Besitzer, der Ippen-Konzern, zuletzt mit Entlassungen.

Claus-Jürgen Göpfert berichtet aus seinen eigenen Erfah­rungen als Redakteur und zuletzt auch Betriebsratsvorsitzender. Außerdem stehen namhafte FR-Kollegen wie Peter Iden und Wolfram Schütte Rede und Antwort. Zu lesen ist auch, was zahlreiche Zeitzeugen aus Politik und Kultur wie etwa Jutta Ditfurth, Daniel Cohn-Bendit, ­Rupert von Plottnitz, Andrea Ypsilanti, Karlheinz Braun und Heiner Boehncke über die FR zu sagen haben.

Claus-Jürgen Göpfert, Zeitung im Kampf, 80 Jahre »Frankfurter Rundschau« oder: Niedergang des linksliberalen Journalismus? 232 Seiten, mit zahlreichen Fotos, 2025, 16,80 Euro, ISBN 978-3-96488-233-2

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