Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
Medientouren bei MDR Sachsen und der Sächsischen Zeitung ermöglichten den Teilnehmenden, ganz praktische Erfahrungen zu sammeln – selbst vor die Kamera zu treten, Teleprompter zu testen, das Wetter einzusprechen und zu erleben, wie viel Konzentration in wenigen Sekunden Live-Gefühl steckt. In der Nachrichtenredaktion wurde diskutiert wie Radio, Podcast, Online und Fernsehen ineinandergreifen und wie Themen gesetzt werden.
Bei der Sächsischen Zeitung sprach Max Helm aus der Chefredaktion über die Rolle von Lokalmedien. Gerade in ländlichen Regionen seien Lokalzeitungen oft die einzigen, die Missstände aufnehmen, einordnen und den Alltag der Menschen sichtbar halten würden.
Ein Rundgang durch das Stasi-Archiv machte die Dimension der Überwachung in der DDR sichtbar: Über drei Millionen Karteikarten und 8,2 Kilometer laufende Akten geben Einblick in die Arbeit der Staatssicherheit. Hier wurde deutlich, wie wichtig ein sensibler Umgang mit Geschichte und Quellen ist. Die Mitarbeitenden erklärten, wie das Archiv erschlossen wird und warum die Aufarbeitung bis heute unverzichtbar ist.
Pressefreiheit jeden Tag verteidigen
Am Abend brachte das Panel „Real Talk: Pressefreiheit“ im Deutschen Hygiene Museum Philipp Blanke (Deutscher Journalistenverband), Maren Schuster (Medienwissenschaftlerin MLU Halle), Luisa Zenker (Sächsische Zeitung) und Anne Lena Mösken (stellv. Chefredakteurin der Freien Presse) zusammen. Diskutiert wurde über Grenzen und Verantwortung, über den Unterschied zwischen Aktivismus und Journalismus und darüber, wie man trotz Anfeindungen Haltung bewahrt. Blanke erinnerte eindringlich daran, wie verletzlich offene Berichterstattung ist. „Die größte Gefahr für die Pressefreiheit ist, sie als selbstverständlich zu erachten.“ Sie sei ein „ein Gut, das jeden Tag neu verteidigt werden muss“.
Praxis, Recherche und der Blick hinter Methoden
Der Samstag stand im Zeichen der Praxis. Investigativjournalistin Eva Hoffmann vom Kollektiv Selbstlaut zeigte, wie man in offenen Netzwerken recherchiert und warum Austausch im Beruf so wichtig ist. Recherchewege und Risiken kamen zur Sprache.
Im Interview-Workshop von Katrin Funke lernten die Teilnehmer*innen, Fragen zu formulieren, Interviews vorzubereiten und kritisch nachzufragen. Ein Höhepunkt war die simulierte Pressekonferenz mit einem Abgeordneten des Sächsischen Landtags: „Es war faszinierend zu beobachten, wie Profis antworten und manchmal ausweichen – wir mussten mehrfach nachhaken, um die Informationen zu bekommen“, berichtete eine Teilnehmerin.
Der Workshop „Spreuweizen“ bot Einblicke in die Arbeit von Exiljournalist*innen. Die jungen Medienmacher*innen lernten hier, wie unter restriktiven Bedingungen recherchiert und veröffentlicht wird, und diskutierten die persönlichen und rechtlichen Risiken.
Am Nachmittag bot Ver.Netzt Raum für Gespräche mit der Jugendredaktion Jung genug, der dju, der taz Panther Stiftung, der SRH University Dresden, dem VETO Magazin, dem DJV und der EVZ. Es ging um Berufseinstieg, Verantwortung und darum, wie junge Journalist*innen sich gegenseitig unterstützen können. Auch die Jugendpresse Deutschland selbst war vertreten und gab Einblicke in ihre Arbeit.
Schutz auf Demos, im Netz und im Alltag
Der Sonntag drehte sich um Sicherheit. Im Training von Renate Gensch von der dju und Klemens Köhler von ActSafe wurden reale Situationen von Demonstrationen besprochen. Videos von Angriffen und Bedrängungen machten deutlich, welche Gefahren entstehen können. Köhler gab praxisnahe Tipps zu Situationsanalyse, Risikominimierung, Vernetzung und Selbstschutz.
Im Fotojournalismus-Workshop mit Sven Ehmann (Heinrich-Böll-Stiftung) ging es um die Wirkung von Bildern, der gezielte Einsatz in Medien und die ethische Debatte rund um KI-generierte Bilder. „Bilder bleiben stärker im Gedächtnis als Texte. Wir haben auch diskutiert, wie KI die Narrative verändern kann und dass Kennzeichnung zwingend notwendig ist“, resümiert eine Teilnehmerin.
Weitere Workshops behandelten Social Media und Algorithmen mit Marwin Klages sowie digitale Sicherheit mit Leonie Wendler und Joanna Rusin Rohrig. Dort ging es um Chancen und Risiken im Netz und um einfache Schritte, die den eigenen Schutz verbessern.
Zum Abschluss gab es die Wahl zwischen einem Q&A mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) oder einem Gespräch mit Reporter ohne Grenzen. Der BND erläuterte Aufgaben, internationale Zusammenarbeit und Informationsbeschaffung. Reporter ohne Grenzen zeigten, wie sie Journalist*innen schützen, internationale Solidarität fördern und die Pressefreiheit verteidigen. Dabei wurde auch der Zugang zu sicherem Exil für bedrohte Medienschaffende diskutiert.
Die YouMeCon kompakt 2025 machte deutlich, dass Pressefreiheit kein abstrakter Wert, sondern tägliche Praxis und manchmal auch täglicher Kampf ist. Die drei Tage in Dresden gaben Werkzeug, Orientierung und die Erfahrung, dass Austausch oft genauso wichtig ist wie Technik und Theorie.

