Rechtes Rauschen im Blätterwald

Braunes Blatt. Foto: shutterstock

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.

Vom ein- bis zweimonatlich erscheinendem 80-seitigem Hochglanz-Magazin bis zur wöchentlichen Zeitung: Ein knappes Dutzend Publikationen erreicht zielgerichtet ein mehrere Tausend Leser*innen umfassendes Publikum. Ein erheblicher Teil bildet Sprachrohre der AfD.

Breites Netzwerk: Junge Freiheit

Am bekanntesten dürften dabei die Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) und das Monatsmagazin Compact sein. Beide haben mit 26.000 (JF) bzw. 40.000 verkauften Exemplaren (Compact, Eigenangabe) augenscheinlich auch den höchsten Verbreitungsgrad. Die JF gilt demnach als „Flaggschiff“ der neurechten Publikationsorgane. Sie erschien zum ersten Mal im Jahr 1986 als Jugendzeitschrift einer Republikaner-Abspaltung in Freiburg. Zur Überwindung der lange Zeit finanziell prekären Situation und der Wandlung hin zu einem neurechten Erfolgsprojekt trug auch die Bildung eines Förderkreises „Freunde der Jungen Freiheit“ bei. Namhafter Geldgeber ist unter anderem Caspar von Schrenck-Notzing, ehemaliger Gründer und Herausgeber der rechtskonservativen Zeitschrift Criticón. Der millionenschwere Großaktionär von WMF und BASF gründete im Jahr 2000 die Förderstiftung konservative Bildung und Forschung (FKBF).

Seit 2007 hat Dieter Stein, JF-Redakteur der ersten Stunde, deren Vorsitz. Die FKBF hat 2012 die Einrichtung der Bibliothek des Konservatismus (BdK) in Berlin ermöglicht.

Rechte Publikationen. Grafik: verdi

Doppelter Boden neurechter Strategien

Ebenfalls prominenter Unterstützer in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre war Götz Kubitschek. Zusammen mit dem Gildenschaftler Karlheinz Weißmann, dem wichtigsten intellektuellen Stichwortgeber der JF, gründete Kubitschek dann im Jahr 2000 das Institut für Staatspolitik (IfS).

Das IfS brachte seit 2003 die Institutszeitschrift Sezession heraus. Die Kooperation zerbrach aufgrund strategischer Differenzen und führten 2014 zum Ausscheiden Weißmanns als Wissenschaftlicher Leiter aus dem IfS. Seitdem ist das Verhältnis zwischen JF und IfS gespannt. Als Ersatz für die Sezession wurde 2017 auf Betreiben Weißmanns die Zweimonatszeitschrift CATO. Magazin für neue Sachlichkeit gegründet.

Die CATO Verlag GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Junge Freiheit Verlag GmbH & Co. KG und hat ihren Sitz im Gebäude der Bibliothek des Konservatismus (BdK). Die BdK erfüllt als Bibliothek und gleichzeitig Veranstaltungsort eine ähnliche Funktion wie zuvor das Institut für Staatspolitik bis 2024 und wurde nach dem Zerwürfnis zwischen Stein, Kubitschek und Weißmann für die neurechten Kreise ab 2014 umso wichtiger. Das vordergründige Auseinandergehen erfüllt zudem die Funktion des „doppelten Bodens“ neurechter Strategien, denn JF/CATO und IfS/Sezession sprechen unterschiedliche Zielgruppen des rechtsextremen Spektrums an.

„Widerstand“ als Hauptmotiv

Das 2010 gegründete Compact-Magazin begründet seine Bekanntheit auch durch eine enorm aggressive Medienstrategie. Mit einem breiten Online-Angebot inklusive Webshop schafft Compact eine hohe Präsenz und es dadurch auch, beachtliche Spendensummen einzuwerben. Auch wenn es vor allem mit seinem Geschäftsführer Jürgen Elsässer in Verbindung gebracht wird, ist Compact zu einem zentralen publizistischen Sprachrohr der extremen Rechten avanciert. Mit seiner stilbildenden verschwörungsideologischen Weltsicht und einer breiten Themenpalette hat Compact eine zentrale Rolle bei extrem rechten Protesten und Versammlungen, Cover sind dabei unter anderem regelmäßig auch als Plakate zu sehen. Das Narrativ des „Widerstands“ wird ebenso bedient wie die Inszenierung als Opfer staatlicher Zensur.

Eine interessante Kollaboration sind seit März 2025 die Zeitschriften „Deutsche Stimme“ und „Aufgewacht!“ eingegangen. „Aufgewacht!“ wurde erstmals 2022 als Magazin der extrem rechten Kleinstpartei Freie Sachsen (FS) veröffentlicht, wohingegen die „Deutsche Stimme“ bereits seit 1976 (damals noch als „Deutsche Nachrichten“ und zentrales Organ der neonazistischen Rechten in Westdeutschland, Parteizeitung der NPD) erschienen war.

Letztere hatte in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung verloren, wohingegen die extrem rechten Freien Sachsen als Partei ein Ergebnis der mit der Corona-Pandemie verbundenen rechten Mobilisierungen sind und erheblich von den Protestdynamiken gegen staatliche Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie profitierten. Mit dem Fokus auf agitatorische Widerstandsbegriffe von erheblicher Bandbreite (Energiepolitik, angebliche „Asylflut“, abzuschaffende Demokratie) haben die Freien Sachsen die Dynamik, die 2014 mit „Pegida“ im Freistaat eingesetzt hat, verstetigt und sind inzwischen wichtigster Bewegungsakteur.

In dem Fusionsobjekt „Aufgewacht – Die deutsche Stimme“ ist eine klare thematische Aufgabenteilung zentraler Akteure wie Jochen Stappenbeck, Michael Brück (DS) und Martin Kohlmann (Parteivorsitzender FS) zu erkennen.


Quellen: apabiz

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Meta will sich nicht verpflichten

Kurz nach Veröffentlichung des freiwilligen KI-Verhaltenskodex hat Meta als erster Konzern entschieden, den Kodex der Europäischen Kommission nicht zu unterzeichnen. Der US-Konzern hinter Facebook und Instagram kritisiert den Vorschlag als rechtlich unsicher, überreguliert und innovationsfeindlich. Ein politisch bedenkliches Signal.
mehr »

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »

Streik bei TiKTok in Berlin

Rund 150 Beschäftigten der Trust and Safety-Abteilung (Content-Moderation) von TiKTok und einem Teil der Beschäftigten aus dem Bereich TikTok-Live (rund 15 Beschäftigte) in Berlin droht die Kündigung. Das  chinesische Unternehmen plant die Content-Moderation künftig verstärkt durch Large-Language-Models (Künstliche Intelligenz) ausführen zu lassen und die Arbeit an andere Dienstleister auszulagern. Dagegen protestierten heute vor der TikTok-Zentrale in Berlin Beschäftigte und Unterstützer*innen.
mehr »