Kreativität für den deutschen Film

Position der künstlerischen Urheber im Zuge der Filmförderung stärken

„Deutschland und Frankreich im Minus“ titelt die Filmförderungsanstalt (FFA) in ihrer Halbzeitbilanz für das Jahr 2003. Bei den Zuschauerzahlen ist ein Rückgang von 11,3 Prozent und beim Halbjahresumsatz der Kinos sogar ein Minus von 12,5 Prozent zu verzeichnen. Anfang des Jahres schien noch alles im grünen Bereich. Das Kinojahr 2002 hatte das zweitbeste Ergebnis nach der Wende zu verzeichnen. Woran krankt der deutsche Film? Was sind die Ursachen für den Abschwung?

Gründe für den Besucherrückgang sind, so die FFA „die außergewöhnliche Wetterlage mit dem Jahrhundertsommer, das weitaus schwächere Filmangebot als im vorigen Halbjahr, die allgemeine wirtschaftliche Situation mit ihren rezessiven Auswirkungen, sowie die digitale Piraterie mit den Spielfilm-Vervielfältigungen auf CD und neuerdings insbesondere auf DVD“. (Quelle: Presseerklärung vom 19. August) Läßt man einmal den Jahrhundertsommer und die Piraterie bei Seite, bleibt die allgemeine wirtschaftliche Situation und das „weitaus schwächere Filmangebot.“

Zur Bewältigung der wirtschaftlichen Situation glaubt film20, mit der umtriebigen Generalsekretärin Georgia Tornow an der Spitze, den Stein der Weisen gefunden zu haben. Für ihre „Mittelstandsinitiative“ will sie „vagabundierende“ internationale Produktionen nach Deutschland locken. Der Zauberstab für „die Wunschträume deutscher Produzenten“: Sale-and-Leaseback-Systeme, Steueranreizsysteme. Mehr Geld war schon die erste Hauptforderung im film20-Positionspapier zur Novellierung des Filmfördergesetzes (FFG). Mehr Markt die zweite und Stärkung der Produzentenverantwortung die dritte.

Mehr Geld, warum nicht, ist man geneigt zu sagen. Beim Glauben an die Allheilkräfte des Marktes sind schon mehr Zweifel angebracht. Sind es doch gerade seine Mechanismen, die den Konzentrationsprozess befördert und den Zusammenbruch von Firmen und Kinos wesentlich verursacht haben. Was bleibt, ist die Frage des „schwächeren Filmangebotes“.

Film als Kulturgut

Was befördert den Film wirklich, was macht seine Qualität aus, was treibt die Menschen ins Kino? Es sind immer noch und immer wieder die Geschichten, die erzählt werden. Entscheidender Faktor ist die Leistung der Kreativen, der Urheberinnen und Urheber. Seien es die Drehbuchautoren, Regisseurinnen, Schauspieler, Kameraleute; Komponisten, Kostüm-/Szenenbildner und nicht zuletzt die Cutterinnen. Sie müssen in eine stärkere Position gebracht werden. Das muss zentrales Anliegen der Filmförderung sein.

Hier gibt es im Entwurf des vierten Gesetzes zur Änderung des FFG einige Ansatzpunkte. Sie reichen allerdings nicht aus. ver.di als größte Organisation der Filmschaffenden in allen Sektoren der Branche hat wie auch andere Organisationen der Kreativen hierzu dezidierte Vorschläge gemacht.

Grundsätzlich ist am Gesetzentwurf der Kultur-Staatsministerin zu kritisieren, dass entgegen einschlägigen Ausführungen in der Begründung, die Stärkung des Films als Kulturgut keinen ausreichenden Niederschlag in den gesetzlichen Regelungen findet. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass die Position der Kreativen, im Vergleich zu denen der Wirtschaft, nur äußerst unzureichend verankert ist. Die künstlerischen Urheberinnen und Urheber werden in ihrem Stellenwert für den Film geradezu mißachtet. Es geht jedoch gerade darum, sie angemessen an Entscheidungsprozessen und am materiellen Erfolg zu beteiligen.

Die Fortschreibung eines Mangels aus dem gültigen FFG besteht darin, dass wiederum keine gesetzliche Fixierung der Zahlungsverpflichtungen für die Rundfunkanstalten vorgesehen ist. Selbstverständlich ist die Zusage der Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ihre Mittel zu verdoppeln, zu begrüßen. Dies mit einer Rückkehr zur Zweckbindung zu koppeln, ist allerdings eine Forderung, die die Entscheidungen der Vergabekommission unzulässig einschränkt. Eine Aufstockung des Eigenkapitals über Fördermittel, die weiteren Konzentrationen Vorschub leisten könnte, kann durch entsprechende Regelungen ausgeschlossen werden.

Auf jeden Fall muß die Finanzregelung mit den Rundfunkanstalten, auch den Privat-Kommerziellen, vor der Verabschiedung des Gesetzes erfolgen, ansonsten kann der veränderten Aufteilung der Mittel, wie sie im § 68 vorgesehen ist, nicht zugestimmt werden.

Die deutlich verbesserte Neufassung des Paragrafen 1, der die FFA und ihre Aufgaben beschreibt, hebt zwar die bisher bestehende Trennung zwischen Kultur und Wirtschaft auf, stellt aber die Qualität des Films als Kulturgut immer noch nicht klar genug heraus.

Weitere der geforderten Verbesserungen im einzelnen sollen hier nicht noch einmal aufgeführt werden. Sie sind der Stellungnahme auf der ver.di-hompage zu entnehmen. Abschließend noch ein kurzer Kommentar zur Idee eines Filmrates.

Grundsätzlich ist zu fragen, ob der Filmrat mit seiner skizzierten Aufgabenstellung ins FFG gehört. Letztere überschneidet sich mit den Aufgaben, die in der geltenden Fassung dem Verwaltungsrat des FFG zugewiesen sind. Die Schieflage schlägt sich auch in der Zusammensetzung nieder. Will man zur Stärkung des Films als Kulturgut etwas wirklich Neues, muss der Filmrat mit mindestens 50 Prozent Kreativen, d.h. den Urheberinnen und Urhebern des Filmschaffens, besetzt sein. Ein solcher „braintrust“ wäre dann eher geeignet, die Entwicklung des Films zu fördern.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

RBB: Nach- und Neubesetzungen

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird es voraussichtlich im Herbst eine neue Leitung der Programmdirektion geben. Es gehe darum, dann die Neubesetzung mit dem eingeleiteten Konsolidierungs- und Reorganisationsprozess aufeinander abzustimmen, erklärte der RBB auf Anfrage. Damit wird es keine schnelle Nachbesetzung der Programmdirektorenstelle geben.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »