Solider praktischer Kompass für juristische Klippen im PR-Bereich, günstige Wege und richtige Ausrüstung
Dschungelbücher haben Konjunktur. Nicht nur das legendäre von Rudyard Kipling, sondern moderne Ratgeber, die es erleichtern sollen, sich in komplizierten Strukturen oder unbekannter Materie zurechtzufinden. So auch hier. „Im Dschungel der Gesetze“ hilft der „Leitfaden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“.
Von einigen unglücklich gewählten Sprachbildern abgesehen – der Schutz der Privatsphäre in Abwägung zur Meinungs- und Informationsfreiheit etwa sei kein Kieselstein, „der sich aus philosophischen Elementen zusammensetzt und zur Seite gekickt werden kann“ – tut er das tatsächlich. Die Autorin, die auch als Beraterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einschlägige Erfahrung gesammelt hat, will den Leser vor Irrwegen schützen und ihm Umwege ersparen. Dafür sorgt schon der Aufbau. Potenzielle Herausgeber von Faltblättern, Kundenzeitschriften oder Presseerklärungen könne sich direkt im entsprechenden Abschnitt kundig machen, erhalten Warnhinweise und eine Checkliste darüber, was vor, bei und nach der Veröffentlichung zu beachten ist. Für den möglichst „schnellsten Weg von A nach B“ sorgt auch die Diktion, die Wesentliches ohne Umschweife auf den Punkt bringt: „Werbe-mails sind immer verboten, wenn Empfänger aktiv werden müssen, um weitere Zusendungen zu verhindern“. Dem wachsenden Online-Bereich wird ein eigenes Kapitel gewidmet. Praktisch ist auch, dass auf die speziellen gesetzlichen Grundlagen exakt hingewiesen wird, dass im Anhang eine tabellarische Übersicht über verschiedene Arten von Urherber- und Nutzungsrechten, weitere Infos und Adressen geliefert werden.
Nutzer, deren Wissensdurst nicht so eng umrissen und unter einer der Zwischenüberschriften zu fassen ist, befinden sich jedoch eher in der Lage von Puzzle-Spielern, denen das Motiv nicht mitgeliefert wurde. Eine zusammenfassende Übersicht über das, was aus juristischer Sicht in die PR-Arbeit hineinspielt, müsste sich der Leser aus den Einzelteilen selbst zusammensuchen – vom Grundrecht der Pressefreiheit über Urheberrechtsgesetz, Recht am eigenen Bild, Landespressegesetze, Rundfunkstaatsverträge bis zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder selbst gesetzte Regeln wie ZAW- Richtlinien oder Pressekodex. Das karge Stichwortverzeichnis hilft da so wenig wie die punktuelle Gliederung. Hinzu kommt: Ein Leitfaden durch die rechtlichen Grundlagen von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollte im Kommunikations-Dreieck: Medien/Öffentlichkeit – Unternehmen/Institutionen – Politik die Unternehmensinteressen zum Fixpunkt haben, resp. die Person des Pressesprechers. Das Vorwort verstärkt diese Erwartung. Tatsächlich verschwimmen in der Darstellung die Grenzen zur journalistischen und redaktionellen Praxis. Zahlreiche Beispiele aus dem Medienbereich, etwa in den Abschnitten zur Auskunftspflicht, zu Nutzungsrechten, zur Gegendarstellung vermitteln mitunter den Eindruck, als seien unterschiedliche Betrachtungsweisen hier nicht gegeben und nicht nötig. Das mag dazu beitragen, dass auch Redakteure und Journalistinnen das Buch mit Gewinn lesen. Zur klaren Abgrenzung zwischen Journalismus und PR hilft es weniger. Vielleicht wäre der Leitfaden damit auch überfordert. Er will ein Wanderführer für „die günstigsten Wege und die richtige Ausrüstung“ sein. Die allgemeine Geographie überlässt er anderen.
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Viola Falkenberg:
Im Dschungel der Gesetze. Leitfaden Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Viola Falkenberg Verlag Bremen 2004,
212 Seiten,
22,90 Euro
ISBN 3-937822-59-3