Ganz oder gar nicht

Madsack setzt auf Marktführerschaft und bläst zum Rückzug aus Hessen

„Aufgrund des dortigen heterogenen Zeitungsmarktes ist es für uns im Bundesland Hessen nicht möglich, unsere Strategie als Konsolidierer konsequent umzusetzen und eine signifikante Größe zu erreichen.“ Mit diesen Worten begründete Madsack-Chef Thomas Düffert den Rückzug aus Hessen. Soll heißen: Wenn der Konzern nicht zum wichtigen Player werden kann, lässt er es lieber ganz sein.

Das passt zum generellen Vorgehen von Madsack, das Horst Röper vom FORMATT-Institut in den Media Perspektiven (10/2014) analysiert hat. Demnach beruht die Strategie des Hannoveraner Verlagskonzerns auf zwei Säulen: Marktführerschaft und Skaleneffekte.
Gezielt übernimmt Madsack lokale Zeitungsverlage, die in ihren jeweiligen Verbreitungsgebieten führend sind, insbesondere im Werbemarkt. Das erklärte Ziel ist die umfassende Marktführerschaft, die durch die Übernahme von Anzeigenblättern, Sonntagstiteln und anderen Lokalmedien erreicht werden soll. Zweite Säule ist die Realisierung von „Skaleneffekten“ oder „Synergien“. Auf allen Ebenen sollen Stückkostenvorteile durch große Mengen erreicht werden – ob bei Druckereien, Verlagen, Verwaltung, Akquise oder im IT-Bereich.
Auch journalistische Inhalte sollen für möglichst viele Produkte genutzt werden. Ein Mittel dazu ist der Aufbau des Tochterunternehmens RND (RedaktionsNetzwerk Deutschland GmbH). Diese Zentralredaktion liefert regionalen und lokalen Medien druckfertig produzierte Seiten zu, inklusive Bilder und Infografiken. „Der nächste Schritt wird sein, dass das RND ab 2015 auch die redaktionellen Webseiten unserer Titel mit überregionalen Inhalten beliefern wird“, kündigte Düffert kürzlich im Meedia-Interview an. „Bewegtbild wird ebenfalls hinzukommen, aber wir gehen Schritt für Schritt vor.“ Sein Konzept: Die regionalen Verlage sollen sich „auf ihre lokalen und regionalen Aufgaben konzentrieren. Alle anderen Aufgaben sollen zentral nur einmal, dafür aber gründlich und in Top-Qualität für alle Verlage des Konzerns gemacht werden.“
Betriebswirtschaftlich klingt das vernünftig, doch für die Reichhaltigkeit des Medienangebots ist diese Konzentration extrem problematisch. „Am Ende dieser geplanten Entwicklung werden die Zeitungen und Onlineportale in Lübeck, Kiel, Rostock, Leipzig oder Hannover zwar nicht identisch sein (…). Vieles aber wird vereinheitlicht werden, so unter anderem die Auslandsberichterstattung oder jene aus Berlin“, schreibt der Medienwissenschaftler Röper. Sein Fazit: „Die Entwicklung der Verlagsgesellschaft Madsack zum multimedial aufgestellten Konzern zeigt beispielhaft, wie bei solchen (ökonomisch nachvollziehbaren) Expansions- und Konzentrationsprozessen ein erheblicher Teil der medialen Vielfalt auf der Strecke bleibt, die im Bereich der Presse immer Vielfalt durch Vielzahl der Anbieter bedeutete.“

(dab)

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten for Future

Menschen jeden Alters machen sich Sorgen um die Zukunft unseres Planeten. Carla Reemtsma ist Klimaschutzaktivistin und Mitorganisatorin des Schulstreiks Fridays for Future („Klimastreik“) in Deutschland. Als Sprecherin vertritt sie die Bewegung auch in der medialen Öffentlichkeit. Wir sprachen mit ihr über Kommunikationsstrategien, Aktivismus und guten Journalismus.
mehr »

Mit Recht und Technik gegen Fake News

Als „vielleicht größte Gefahr“ in der digitalen Welt sieht die Landesanstalt für Medien NRW (LFM) die Verbreitung von Desinformationen. Insbesondere gilt das für die Demokratische Willensbildung. Daher wird die Aufsichtsbehörde ihren Scherpunkt im kommenden Jahr genau auf dieses Thema richten. Aber wie kann man der Flut an Fake News und Deep Fakes Herr werden?
mehr »

Süddeutsche ohne Süddeutschland?

Die Süddeutsche Zeitung (SZ) will sich aus der Regionalberichterstattung in den Landkreisen rund um München weitgehend zurückziehen. Am Mittwoch teilte die Chefredaktion der SZ zusammen mit der Ressortleitung den rund 60 Beschäftigten in einer außerordentlichen Konferenz mit, dass die Außenbüros in den Landkreisen aufgegeben werden und die Berichterstattung stark zurückgefahren wird. Dagegen wehrt sich die Gewerkschaft ver.di.
mehr »

Games: Welcome to Planet B

Die Bürgermeisterin muss sich entscheiden: Soll zuerst ein Frühwarnsystem vor Springfluten eingerichtet oder neue Möglichkeiten zum Schutz vor Hitze geplant werden? Und sollen diese neuen Schutzmaßnahmen besonders günstig oder lieber besonders nachhaltig sein? Was wie Realpolitik klingt ist ein Computerspiel. Denn immer mehr Games setzten sich auch mit Umweltthemen auseinander.
mehr »