Engagierte Medien
abseits des Mainstreams gibt es zunehmend mehr. Sie sind hochinteressant, aber oft wenig bekannt. Deshalb stellt M in jeder gedruckten Ausgabe und auf M Online einige davon vor.
Warum so oft blonde Models auf dem Titel von Frauenmagazinen abgebildet sind? Angeblich wirkten sie weniger bedrohlich – weil es dunkelhaarige Frauen seien, die im Ruf stehen, anderen den Mann auszuspannen. Das lernte Juliane Rump, als sie für verschiedene Frauenmagazine in Hamburg arbeitete. Diät-Rezepte, Tipps, wie ich meinen Freund halte, überhaupt diese ständige Selbstoptimierung: „Damit konnte ich mich nicht identifizieren“, sagt sie rückblickend.
Rump, die mittlerweile in Berlin lebt, entwickelte ihr eigenes Magazin. Es sollte ein Print-Produkt sein, auf hochwertigem Papier. Das war teuer. Doch mithilfe einer Crowdfunding-Aktion und eines Netzwerks von Unterstützer*innen brachte sie im Dezember 2015 die erste Ausgabe von „Libertine“ auf den Markt.
Das Magazin hat sich laut Eigenbeschreibung zum Ziel gesetzt, das „Lebensgefühl Freiheit“ zu vermitteln und zugleich die Lebenswelt von Frauen abzubilden und zu reflektieren. „Libertine“ sagt Juliane Rump, sei „feministisch, mit einer selbstverständlichen Dosis Queerness.“ Also eben kein reines „Lesbenheft“, wie es zum Start des Magazins in manchen Medien hieß. Inhalte für Lesben und für Nicht-Lesben: So eine Trennung brauche man heutzutage nicht mehr, findet Rump.
Im Heft finden sich tatsächlich keine Diät-Tipps, wenn auch überwiegend Frauen, die dem gängigen Schlankheitsideal entsprechen. Jede Ausgabe steht unter einem festen Motto („Freiheit“, „Courage“, „Digital“). In Porträts und Interviews kommen Frauen aus unterschiedlichen Bereichen zu Wort – Unternehmerinnen, Künstlerinnen, Musikerinnen, Aktivistinnen – Frauen eben, die Besonderes leisten. Es geht um Lebensentwürfe, den Wandel der Liebe, um Freundschaft und Selbstfindung. Aber eben auch um Fashion und Lifestyle, es gibt Modestrecken und Produktempfehlungen für Lipgloss oder Wodka.
„Ich bin keine Konsumverweigerin“, sagt Juliane Rump. Sie lege jedoch Wert darauf, auch vertreten zu können, was sie empfiehlt: Produkte, die nachhaltig und im besten Fall vegan sind. Junge Modelabels, Unternehmen, die die LGBT-Szene unterstützen. Und, ganz wichtig: Für die Kollektionen oder Produkte, die vorgestellt werden, sollte maßgeblich eine Frau verantwortlich sein.
Rump arbeitet für „Libertine“ mit einem Team aus freien Grafikdesigner*innen, Fotograf*innen, Journalist*innen und Illustrator*innen zusammen. Das Magazin erschien bislang siebenmal. Diesen Herbst soll die nächste Ausgabe auf den Markt kommen, das Motto „Identität“ steht bereits fest.
In Zukunft werde sie voraussichtlich nur noch eine Ausgabe im Jahr herausbringen, so Rump. Dafür setzt sie verstärkt auf Veranstaltungen, die von Beginn an ein fester Bestandteil von „Libertine“ waren: Partys, Konzerte, Lesungen, Diskussionen, in Hamburg und Berlin. „Mir war es wichtig, auch andere Plattformen außerhalb des Heftes zu schaffen“, sagt Juliane Rump. Sie beobachte bei vielen Frauen ein starkes Bedürfnis, sich untereinander auszutauschen. Außerdem könne sie sich vorstellen, künftig mehr Sonderausgaben zu produzieren. Eine gab es in diesem Jahr bereits: Das „Pride Magazin“, das anlässlich der CSD-Wochen erschien.
Männer, damit sind hier Cis-Männer gemeint, spielen bei „Libertine“ keine große Rolle – weder bei den Veranstaltungen, noch den Inhalten des Hefts. „Männer haben in den Medien noch immer eine viel größere Präsenz als Frauen“, sagt Rump. Daher, findet sie, könne sie guten Gewissens darauf verzichten, über sie zu berichten. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Die letzte Seite jedes „Libertine“-Heftes ist einem Mann gewidmet.