Verflucht und unterschätzt

Sichtbar sein und potenzielle Kunden finden beim Netzwerken

Social Media bietet Solo-Selbstständigen auf einfache Weise große Spielräume, um sich selbst und die eigene Arbeit zu präsentieren sowie sich mit anderen Kolleginnen und Kollegen zu vernetzen. Und das ist auch gut so, denn es ist heute für Solo-Selbstständige essenziell, auch dort, wo Menschen im Netz miteinander kommunizieren, ebenfalls ins Gespräch zu kommen.

Beispiele der Selbstdarstellung in Social Media: Auf LinkedIn mit Fokus, Aktivitäten, Berufserfahrung, Interessen etc. oder Arbeitsbeispiele auf Instagram mit Fotos, Reels, Videos u.a. zu verschiedenen Themen sortiert. Screenshots von Melanie Dauth, Rupert Warren, Ines Schäfer, Herbert Galbierz

Früher, als das Internet noch überschaubar erschien, reichte eine ordentliche Webseite, um online sichtbar zu sein. Social Media hat diese Gewissheit gehörig durcheinandergewirbelt. Menschen tauschen sich weltweit inzwischen auf den verschiedensten Plattformen aus. So entsteht mit der Zeit Vertrauen, die Basis für ein gutes Geschäft. Dennoch hegen viele Freie immer noch große Bedenken gegen die Datenkrake Facebook oder andere soziale Plattformen. Das ist auch vollkommen legitim und berechtigt. Der Umgang mit Nutzerdaten, gerade bei Facebook, dem größten sozialen Netzwerk weltweit, sorgte in der Vergangenheit immer wieder für negative Schlagzeilen. Fakt ist aber auch: Allein in Deutschland tummeln sich auf Facebook monatlich 32 Millionen Menschen. Da muss jemand schon eine verdammt gute Webseite haben, um auf einen Schlag so viele Menschen, potenzielle Kundinnen und Kunden, zu erreichen.

Chancen für‘s Geschäft

Porträt-Fotografin Ines Schäfer ist seit 2009 auf Facebook. Natürlich betreibt die Unternehmerin auch eine Website samt Blog. Sie hat allerdings sehr schnell die Chancen von Social Media für sich und ihr Geschäft entdeckt. „Über Facebook und inzwischen auch per Instagram kann ich sehr viele Menschen auf einen Schlag erreichen. Für mich ist Social Media eine super Werbeplattform für mein eigenes Portfolio. Hier kann ich meine Arbeiten tagesaktuell präsentieren. Eine Webseite ist viel statischer“, zählt Ines Schäfer die vielen Vorzüge für ihre Dienstleistung auf. Die Fotografin weiß, um auf Social Media in den Austausch mit anderen zu kommen und eine funktionierende Community aufzubauen, braucht es vor allem eins: Zeit. „Ich benutze immer dieses Bild aus der Botanik. Social Media ist wie ein Pflänzchen. Du hast es in die Erde gepflanzt. Danach musst du es hegen und pflegen. Anschließend kannst du beim Wachsen zuschauen.“

Eigentlich völlig logisch. Gerade wenn es um kreative Dienstleistungen wie Texte oder Bilder geht, muss eine Vertrauensebene entstehen, damit eine Kundin oder ein Kunde mit dir zusammenarbeiten möchte. Geschäfte ergeben sich selten zwischen Tür und Angel. Auf Social Media kannst du deiner potenziellen Kundschaft zeigen, wie du arbeitest und direkt auch auf fertige Artikel verlinken oder Fotos zeigen.

Auch Rupert Warren arbeitet als Fotograf. Er postet regelmäßig seine Bilder auf Instagram, sieht die Plattform allerdings nicht völlig unkritisch. „Da ich mehr im künstlerischen Bereich mit meinen Bildern unterwegs bin, suche ich Kontakt zu Galerien. Mein Problem: Auf Instagram erkennt niemand, ob ich sehr viel Aufwand in ein Bild hineinstecke oder nur einen Schnappschuss mit ein paar Filtern poste. Mein Bild und der Schnappschuss stehen nebeneinander in der Timeline in unmittelbarer Konkurrenz. Das macht Instagram aus meiner Sicht zu einer Lotterie.“

Doch trotz dieser Unsicherheit denkt Rupert Warren nicht daran, Instagram zu verlassen. Denn er schätzt sehr den Austausch mit seinen Fans, das sei manchmal wie Seelenbalsam, betont der Fotograf. Außerdem habe er über Instagram sehr viele neue Kontakte zu anderen Fotografinnen und Fotografen gefunden, eine sehr inspirierende Erfahrung.

B2B gewinnt an Bedeutung

Neben den eher populären sozialen Plattformen wie Facebook und Instagram, gibt es für Solo-Selbstständige noch weitere Möglichkeiten im Bereich Social Media. Sogenannte B2B-Plattformen (business to business) haben in den vergangenen Jahren und vor allem in der Corona-Zeit enormen Zulauf erfahren. Hier wird sich ausschließlich auf die geschäftliche Ebene beschränkt. Am bekanntesten in diesem Bereich sind XING und LinkedIn. „Wobei die deutsche Plattform XING inzwischen eigentlich nur noch eine Jobbörse ist, wo sich viele Recruiter nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten für feste Jobs umschauen“, gibt Melanie Dauth zu bedenken. Die Social-Media-Expertin kennt beide Plattformen, hat sich in ihrer Arbeit allerdings auf LinkedIn fokussiert.

Melanie Dauth hilft auch vielen Solo-Selbstständigen, in Social Media und im Speziellen auf LinkedIn sichtbar zu werden. Sie weiß aus der Praxis daher sehr genau, womit sich Selbstständige am Anfang schwertun. „Sehr viele Menschen füllen ihr Profil nicht vollständig aus. Es geht dabei nicht darum, alles schonungslos offenzulegen. Das LinkedIn-Profil ist kein Lebenslauf. Es fungiert allerdings als eine Art Türöffner. Im Profil muss deutlich werden, warum man in seinem Bereich die oder der Beste ist.“ Gerade für Texter*innen bietet LinkedIn viele Chancen, um sich und die eigene Arbeit ins Rampenlicht zu setzen. Denn im Grunde sei LinkedIn eine Suchmaschine, um geschäftliche Beziehungen aufzubauen, erläutert Melanie Dauth. „Und was benötigt eine Suchmaschine? Genau, viel Text.“

Schutz vor leeren Auftragsbüchern

Das hat vor einiger Zeit auch Texter Herbert Galbierz erkannt. Er bespielt seinen Kanal auf LinkedIn inzwischen zwei- bis dreimal die Woche und interagiert täglich mit seiner Community. Seine Erfahrungen machen anderen Mut. „Wie viele Freie in der Pandemie erreichte auch mich irgendwann die Auftragsflaute. Bislang hatte ich LinkedIn wenig Beachtung geschenkt. Dann habe ich bei Kolleginnen und Kollegen gesehen, wie sich unter den Beiträgen in den Kommentaren Gespräche entwickelten und daraus wiederum Geschäfte entstanden sind“, beschreibt Herbert Galbierz den Moment, wo es bei ihm Klick machte.

Nach einigen Monaten und vielen Postings auf LinkedIn stellen sich beim Texter nun auch erste, kleinere Erfolge ein. „Ich bin inzwischen sichtbar in Social Media und habe dadurch wertvolle Kontakte zu Agenturen aufbauen können, meine potenziellen Auftraggeberinnen und Auftraggeber“, freut sich Herbert Galbierz über sein wachsendes Netzwerk.

Um es noch einmal deutlich zu machen: Social Media ist einer von vielen Bausteinen für Solo-Selbstständige, um auf die eigene Dienstleistung aufmerksam zu machen. Den persönlichen Kontakt oder ein Telefonat können und sollen die sozialen Medien nicht ersetzen.

Fotografin Ines Schäfer unterstreicht diesen Aspekt nachdrücklich: „Ich bin nicht mit dem Anspruch auf Facebook oder Instagram, um neue Kundinnen oder Kunden zu gewinnen. Social Media nutze ich als eine von vielen Kanälen, um mich zu präsentieren. Allerdings kann eine gute Sichtbarkeit dort der Beginn einer geschäftlichen Beziehung sein.“

Vorsicht vor unseriösen Angeboten

Wer jetzt denkt, alles so schön bunt hier – ganz so ist es selbstverständlich nicht. Social Media bietet nicht nur Möglichkeiten, sondern verfügt wie eine große Stadt über Bezirke, die im Reiseführer gerne verschwiegen werden und aus gutem Grund zu meiden sind.

Bei Facebook gibt es beispielsweise sehr viele Gruppen teilweise von kreativen Dienstleistern für kreative Dienstleister, wo es um Aufträge geht, eine Art Jobbörse. Hier sollten Solo-Selbstständige vorsichtig unterwegs sein. Viele potenzielle Auftraggeber in diesen Facebook-Gruppen denken, so ein Text oder Bild sei nur schnödes Beiwerk. Entsprechend absurd und unseriös sind die Vergütungen. Unbedingt die Finger davonlassen. Möglicherweise lauert in so einer Gruppe tatsächlich der eine oder andere lukrative Auftrag. Erspare dir aber wegen der vielen Nieten besser die Zeit, danach zu fahnden.

Auch nicht auf Kontaktanfragen eingehen, in denen dir das Blaue vom Himmel versprochen wird. Diese sofort in den Papierkorb schieben. Das gilt für jedes soziale Netzwerk. Hier möchten andere Menschen dir etwas verkaufen. Dein Mehrwert ist gleich Null. Vernetze dich nur mit Leuten, die aus deinem geschäftlichen Umfeld kommen oder zumindest einen Kontakt zu deiner Zielgruppe haben.

Und noch ein Wort zum Thema Daten im Bereich Social Media: Wenn Du soziale Netzwerke für berufliche Zwecke einsetzt, um dich mit anderen Selbstständigen zu vernetzen oder neue Kundinnen oder Kunden zu gewinnen, dann möchtest du unbedingt etwas von dir preisgeben. Jedoch solltest du nicht alles von dir offenbaren, sondern nur so viel, dass das Interesse möglicher Auftraggeberinnen und Auftraggeber geweckt wird.

Ein Parship für Schreiber

Abseits von eigenen Netzwerken in Social Media gibt es auch andere Möglichkeiten für Solo-Selbstständige, die Auftragslage zu verbessern. Ein Beispiel: SCRIBERS-[HUB] ist eine Vermittlungsagentur für freiberufliche Texter*innen, Autor*innen und Journalist*innen. Innerhalb von 24 Stunden werden ‚perfect matches‘ an Auftraggeber aus Unternehmen, Verlagen oder Agenturen vermittelt. Die Anmeldung auf der Plattform ist kostenlos. SCRIBERS[HUB] nimmt nur Profi-Texter*innen auf, die ihr Handwerk beherrschen und das mit Arbeitsproben und Referenzen belegen können. Bei der Anmeldung muss jeder ein persönliches Profil anlegen und das eigene Spezialgebiet und Themenschwerpunkte angeben. Das ist wichtig, damit bei einem Auftrag schnell eine passende Person aus der Datenbank angefragt werden kann. Und wie finanziert sich die Plattform? Ganz einfach: Potenzielle Auftraggeber müssen bezahlen. Das schreckt Honorardrücker direkt ab. Ins Leben gerufen wurde SCRIBERS[HUB] von Sabine Fäth, ehemalige Chefredakteurin von Frauenzeitschriften, beispielsweise „Für Sie“: „Ich bin mit dem Anspruch angetreten, mit SCRIBERS[HUB]

Qualitätstexter*innen sichtbar zu machen, um die Text-Qualität hochzuhalten. Qualifizierte Arbeit muss fair bezahlt werden, denn wie heißt es so schön: ‚Was nichts kostet, ist auch nichts wert.‘ Unsere Vermittlung läuft nicht auf Masse und per Algorithmus, sondern mit Herz, Hirn und Haltung. Meine Empfehlung an freie Texter*innen: Neben einem Profil bei SCRIBERS[HUB] Sichtbarkeit in den sozialen Netzwerken schaffen, beispielsweise über LinkedIn, eine eigene Website aufbauen und vernetzen.“

 

 

 

 

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