Robert Haberer, engagierter Betriebsrat bei der Ostsee-Zeitung
Einen Termin mit Robert Haberer zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Sein Redakteursschreibtisch steht in Rostock bei der Ostsee-Zeitung (OZ), doch der 37-Jährige ist häufig auf Achse. Er geht im Hamburger Gewerkschaftshaus genauso ein und aus wie im ver.di-Fachbereich 8 in Berlin. Dort ist seine Meinung ebenso gefragt wie im Schweriner Landtag, wenn es etwa um eine Anhörung zur Medienpolitik in Mecklenburg-Vorpommern geht. Ein solides Zeitmanagement ist da lebenswichtig.
Schnell hat Haberer festgestellt, dass die betrieblichen Auseinandersetzungen bei seiner Zeitung auch in den anderen Verlagshäusern im Nordosten an der Tagesordnung sind. Die Vielfalt in der Zeitungslandschaft und die journalistische Qualität drohen durch eine zunehmende Konzentration und ständige Einsparungen auf der Strecke zu bleiben. Längst sind die Zeitungshäuser in Rostock, Schwerin und Neubrandenburg Bestandteile westdeutscher Konzerne geworden, in denen in den vergangenen Jahren kontinuierlich Personal abgebaut wurde. Die Unabhängigkeit und die Präsenz der „vierten Gewalt“ laufen Gefahr, zurückgeschraubt zu werden.
Aus dieser Analyse ist 2007 die bundesweit einmalige Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern“ (www.qualitaet-und-vielfalt-sichern.de) entstanden, die gemeinsam vom DGB, vom Deutschen Journalisten-Verband und ver.di getragen wird. Robert Haberer war von Beginn an einer der Motoren dieser medienpolitischen Offensive. Allzu oft muss er in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender bei der OZ aber auch in die Rolle des Puffers und Prellbocks schlüpfen. Obwohl das Amt des Vorsitzenden eine Freistellung nahe legen würde, nimmt Haberer diese nicht in Anspruch, sondern leistet als Online-Redakteur alle üblichen Dienste inklusive Wochenendbereitschaft: „So kann ich aus eigener Anschauung beurteilen, wie die vom Betriebsrat in der Einigungsstelle durchgesetzte Arbeitszeitvereinbarung für die Redaktion funktioniert.“ Zwischendurch wandert sein Blick immer wieder auf sein iPad, das er praktisch überall dabei hat – womit er den Newsdesk quasi vorlebt.
Journalist ist sein Traumberuf. Die ersten elf Lebensjahre verbrachte er in Thüringen. Mit dem Umzug gen Norden bekam er als Schüler bereits die Chance, für den damaligen Sender Radio Mecklenburg-Vorpommern Beiträge abzuliefern, der 1991 im NDR aufging. Es folgte die Mitarbeit als „Freier“ für die Schweriner Volkszeitung (SVZ) und anschließend ein Volontariat bei der SVZ. Dann ging es zu seiner heutigen Wirkungsstätte, der OZ.
Solidarität und Zusammenhalt
Der Vater einer siebenjährigen Tochter und eines dreijährigen Sohnes ist seit 1994 Gewerkschaftsmitglied, seit 1998 Betriebsrat und seit 2006 Vorsitzender der betrieblichen Arbeitnehmervertretung, die aktuell neun Mitglieder zählt. Fragt man ihn, welche Eigenschaften einen guten Betriebsrat ausmachen, nennt er Beharrlichkeit, strategisches Denken und Konfliktfähigkeit – ohne ein „dickes Fell“ dürften die Felle nämlich sehr schnell davonschwimmen. Eine kluge Vernetzung ist da hilfreich, früh auf den Beinen zu sein ebenfalls. Schneller zu sein als andere – im Medienwettbewerb ein Muss für Nachrichtenredakteure! Davon kann auch Haberer als Frühaufsteher ein Lied singen, etwa wenn bereits um kurz vor 6 Uhr sein Wecker Alarmtöne von sich gibt und er nach einer Stunde Online-Produktion am heimischen Schreibtisch vors Tor des Pressehauses am Rostocker Steintor eilt, um mit den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten Flugblätter zu verteilen, bevor es – nach einer schnellen Absprache der Tagesaufgaben im Betriebsratsbüro – an den Newsdesk geht – 9:30 Uhr soll schließlich der neue Aufmacher auf Ostseezeitung.de stehen.
Aktuell setzt sich die Belegschaft der OZ für angemessene Tarifverträge und faire Honorare ein. Bei allen tariflichen und betrieblichen Auseinandersetzungen wie zuletzt Ende Oktober geht die Belegschaft seit Jahren auf die Straße. Das „Wir-Gefühl“, Entschlossenheit, die Sensibilisierung und Beteiligung der Kollegen, nur damit lassen sich Erfolge erzielen. Solidarität und Zusammenhalt sind nach seinen Worten immer wieder neu gefordert, damit sie nicht zu reinen Floskeln verkommen.
Zeitgemäße Gewerkschaftsarbeit heißt für den Irland-Liebhaber Mobilisierung, Teambildung, Arbeitsgruppen und Motivationstraining. „Warum soll eine Mitgliederversammlung nicht auch mal ein Sommerfest sein?“ Er steht dem dju-Landesvorstand in den Landesbezirken Nord und Hamburg vor und gehört zum Landesvorstand in der Fachgruppe Medien. Zahlen lügen bekanntlich nicht. Demnach kann sich seine Arbeit sehen lassen, denn trotz sinkenden Beschäftigtenzahlen gibt es einen wachsenden gewerkschaftlichen Organisierungsgrad.
Doch der leidenschaftliche Apple-User ist kein Freund von Lobeshymnen auf seine Person. Dass er auch in den eigenen Gremien ganz ohne Bescheidenheit hart in der Sache für seine Überzeugung eintritt, bringt ihm neben Gegenwehr zugleich anerkennenden Respekt ein. Der stellvertretende Madsack-Konzernbetriebsrat Rainer Butenschön unterstreicht dies: „Robert Haberer ist ein tatkräftiger Analytiker und Stratege, mit dem ich mich konstruktiv streiten kann.“