ver.di hat sich kritisch und mahnend gegenüber dem Reformvorschlag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geäußert, auf den sich die Ministerpräsident*innen der Bundesländer jetzt verständigt haben. Danach seien neuralgische Punkte bekannt, die zu einem Abbau des Programmangebots führen dürften. ver.di werde „keine weitere Einflussnahme durch Einschränkungen des Programmauftrages“ hinnehmen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Nach einem öffentlichen Anhörungsverfahren Anfang des Jahres haben die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Bundesländer am 2. Juni einen Reformvorschlag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angenommen, der bis Oktober verabschiedet werden soll. Dazu folgen jetzt Beratungen in den Länderparlamenten. Der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland solle geschärft werden, heißt es. „Es geht uns darum, Angebote zu ermöglichen, die Bürger und Bürgerinnen dort zu erreichen, wo sie sich aufhalten, und mit Formaten, die sie brauchen“, erklärte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Auf der Grundlage der jetzigen Einigung soll die Rundfunkkommission der Länder, in der Rheinland-Pfalz den Vorsitz hat, den Entwurf eines Medienänderungsstaatsvertrags vorlegen, der im Umlaufverfahren durch die Ministerpräsident*innen beschlossen werden soll. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem Rundfunkbeitrag steht bislang nicht zur Debatte, sie soll Teil eines zweiten Reformschritts sein.
ver.di sieht in der jetzigen Reform von Auftrag und Struktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch „neuralgische Punkte, die zu einem Abbau des Programmangebots führen dürften“.
Christoph Schmitz, für Medien zuständiges ver.di-Bundesvorstandsmitglied, macht zu der jetzt debattierten Reform geltend: „Nur ein Rundfunk, der sich im digitalen Verbreitungsweg und in allen Belangen qualitativ hochwertig und uneingeschränkt durch die Politik entwickeln kann, ist ein verfassungsgemäßer öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Der russische Krieg in der Ukraine, mitten in Europa, ist von Propaganda und Einschränkungen von Medienfreiheiten geprägt und ruft laut in Erinnerung, warum in Deutschland ein staatsfreier und sich auch in den Programminhalten unabhängig entwickelnder Rundfunk als Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft aufgebaut wurde.“
Das Bundesverfassungsgericht habe für ARD, ZDF und Deutschlandradio gefordert, dass sie ein Gegengewicht in der digitalen Medienwelt bilden sollen, die jetzt schon von global agierenden Plattformdiensten dominiert wird. „Der Medienstaatsvertrag muss diesen Programmherausforderungen auch den entsprechenden Raum geben“, so Schmitz weiter. „Einschränkungen bei Unterhaltungsprogrammen, Kostendeckelung beim Aufbau digitaler Kanäle und bürokratische sogenannte Benchmarks für die inhaltliche Arbeit werden das nötige Gegengewicht verkleinern. Schon jetzt ist der Spardruck für Produktionen im Radio, Fernsehen und für Digitalkanäle erdrückend.“
Schmitz erinnert an den Dezember 2020, als die Landesregierung Sachsen-Anhalt die Rundfunkfinanzierung blockiert hatte, und erklärt, dass ver-di „keine weitere Einflussnahme durch Einschränkungen des Programmauftrages hinnehmen“ werde. Ob mit dem vorgelegten eingeschränkten Programmauftrag eine Produktion wie beispielsweise „Babylon Berlin“ mit mehreren beim öffentlich-rechtlichen Publikum erfolgreichen Serien-Staffeln noch möglich wäre, müsse bezweifelt werden.