Donald Trump verfolgt mit seinen Attacken auf Medien und Journalist*innen drei Hauptziele: Ablenkung von eigenen Verfehlungen, Bindung seiner rechten Unterstützer*innen und Selbstbereicherung. Große Medienkonzerne unterstützen ihn, um eigene Profitinteressen zu fördern. Das Resultat ist eine Bedrohung von Pressefreiheit und Demokratie.
Auf seinem Feldzug gegen kritische Berichterstattung hat US-Präsident Donald Trump ein weiteres Schwert gezogen, oder um es in den Worten der Pressemitteilung des Weißen Hauses zu sagen: „einen Flammenwerfer auf die Fake-News-Medien abgeworfen“. Auf der offiziellen Internetseite des Weißen Hauses lässt er seit dem 1. Dezember unter der Überschrift „Irreführend, voreingenommen, entlarvt“ die „Medien-Täter der Woche“ anprangern. Konkrete Vorwürfe gegen die dort in Bild und Ton zur Schau gestellten Kolleg*innen oder deren Medienhäuser liefert das steuerfinanzierte Portal des Präsidentenbüros kaum – und folgt damit dem generellen Muster Trumps: Beleidigungen und extreme Vorwürfe ersetzen Argumente oder gar Beweise.
Auf dem Portal werden die angeblichen Vergehen von Medien und Journalist*innen in Kategorien wie „Lüge“, „Unterschlagung von Kontext“ oder „Linker Wahnsinn“ eingeteilt. Der Präsident, der „die Fake-News-Medien“ schon in seiner ersten Amtszeit als „Volksfeinde“ betitelt hatte, setzt auf wüste Beschimpfungen, Gerichtsverfahren und absurd hohe Entschädigungsforderungen, um ihm unangenehme Berichterstattung zu verhindern. Das schlimmste daran: Er kommt mit dieser Masche immer wieder durch. Und das liegt auch daran, dass für manche Medienkonzerne lukrative Geschäfte offenbar wichtiger sind, als die Wahrung der Pressefreiheit.
Sexistische Beleidigungen
Trumps Angriffe auf die Medien erfüllen für ihn gleich mehrere Zwecke. Zuvorderst will er offensichtlich eine kritische Auseinandersetzung mit seiner Regierungspolitik sowie mit den ihm persönlich anhaftenden Skandalen, etwa in Verbindung mit dem verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein, verhindern. Zudem bedient er mit den Attacken, die sich häufig gegen liberale Medien richten, die Ressentiments der eigenen rechten Redneck- oder MAGA-Blase. Es dürfte dabei auch kaum Zufall sein, dass Trump sich mit besonderer Vorliebe auf Frauen einschießt und insbesondere Reporterinnen mit abwertenden und/oder sexistischen Herabwürdigungen überzieht. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit kritischen Fragen oder gar Vorwürfen scheut er dabei stets.
Stattdessen versucht er, den Eindruck einer Verschwörung gegen ihn als obersten Repräsentanten seiner Anhängerschaft zu erwecken. Dieses Vorgehen verhindert eine Auseinandersetzung mit Problemursachen und fördert zugleich eine Polarisierung das ihm zugute kommt. Marvin Kalb, emeritierter Professor an der auf Politikwissenschaften spezialisierten Harvard Kennedy School stellte Trump wegen der Kategorisierung von Medien als „Volksfeinde“ schon 2018 in eine Reihe mit „Stalin, Hitler und Mao“. Seine damalige Einschätzung, heute aktueller denn je: „Deren Ziel war es , die Arbeit der Presse als „Fake News“ zu delegitimieren und in der öffentlichen Meinung Verwirrung darüber zu stiften, was real ist und was nicht; was man glauben kann und was nicht. Das, so scheint es, ist auch Trumps Ziel.“
Es ist jedoch nicht das einzige Ansinnen. Denn das Wir-gegen-Die-Narrativ lenkt zudem davon ab, dass Trump sich plump selbst bereichert. Das gilt nicht nur für teure Geschenke von arabischen Despoten, goldgerahmte Geburtsurkundenkopien des deutschen Kanzlers oder teure Uhren und Goldbarren unterwürfiger Schweizer Manager. All diese Präsente sind sprichwörtlich Peanuts gegen die Summen, die als Vergleichszahlungen von US-amerikanischen Medienhäusern an Trump geflossen sind. So zahlte etwa der Konzern Paramount Global 16 Millionen US-Dollar (13,7 Millionen Euro) im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung, die Experten nach juristischen Gesichtspunkten für vollkommen unnötig hielten. Trump hatte den Mutterkonzern des Senders CBS wegen eines Interviews mit seiner demokratischen Konkurrentin im Wahlkampf, Kamala Harris, verklagt. Der Vorwurf: Durch Kürzungen habe der Sender Harris schützen wollen, weswegen Trump „emotionales Leid“ erlitten habe.
BigTech zahlt an Trump
Auch die Mutterkonzerne sozialer Medien garnierten ihre Reue für vorherige Ausschlüsse Trumps von ihren Plattformen mit opulenten „Entschädigungen“. Facebook-Eigner Meta überwies im Januar diesen Jahres 25 Millionen US-Dollar (21,4 Millionen Euro) an Trump, weil es nach dem Sturm auf das Kapitol durch Trump-Anhänger im Januar 2021 dessen Profil gesperrt hatte. Im Februar folgte X mit einer Zahlung über 10 Millionen US-Dollar (8,6 Millionen Euro) für eine Sperrung aus der Zeit, als der Dienst noch Twitter hieß und nicht zum Imperium von Elon Musk gehörte. Im September einigte Youtube sich mit Trump auf eine Summe von 24,5 Millionen US-Dollar (21 Millionen Euro).
Die in allen drei Fällen mehr oder minder chancenlose juristische Position Trumps legt den Verdacht nahe, dass es sich bei den Vergleichszahlungen in Wirklichkeit um das handelt, was der Satiriker Stephen Colbert Mitte Juli nach Bekanntwerden der Paramount-Global-Zahlung als „großes, fettes Schmiergeld“ bezeichnete. Drei Tage später machte Colbert öffentlich, dass seine Sendung „The Late Show“ zum Ende der laufenden Saison im Mai kommenden Jahres abgesetzt wird, laut Sender angeblich aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen.
Die Medienkonzerne, die an Trump zahlten, eint eines: Sie wollten etwas von ihm. Paramount stand kurz vor einer 8 Milliarden US-Dollar (6,9 Milliarden Euro) schweren Übernahme durch Skydance, die die von Trump-Intimus Brendan Carr geleitete Medienaufsicht Federal Communications Commission (FCC) zu blockieren drohte. Nach der Zahlung an den Staatschef sowie der Bekanntgabe der Absetzung von Colberts Sendung gab es innerhalb kürzester Zeit grünes Licht für das Geschäft. X-Chef Musk wiederum, der in vielen Feldern ohnehin eine große ideologische Nähe zu Trump zeigt, verdient mit Staatsaufträgen in der Raumfahrtbranche gigantische Summen.
Die Techkonzerne Meta und Alphabet – letzterem gehört über Google Youtube – erhoffen sich von Trump Unterstützung bei der kostenfreien Verwendung urheberrechtlich geschützter Inhalte, etwa im Streit mit der Europäischen Union. Die Vergleichszahlungen erscheinen vor diesem Hintergrund weit weniger als ein Einknicken, sondern vielmehr als Lobbyismusausgaben. Ein Widersetzen gegen das Schleifen der Pressefreiheit ist von diesen Akteuren kaum zu erwarten. Im Gegenteil: Sie arbeiten mit dem Trump-Regime Hand in Hand, um mit höherer Medienmarktkonzentration astronomische Profite zu erzielen. Auch dadurch werden Medienvielfalt und unabhängige Berichterstattung geschwächt.
Medien widersetzen sich
Dem Präsidenten, der in unschöner Regelmäßigkeit willkürlich Akkreditierungen entziehen lässt und kritischen Journalist*innen auf etlichen Ebenen die Arbeit erschwert, dürfte dieser Effekt durchaus gefallen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Es gibt noch etliche Medien, die sich Trumps absurden Millionen- und Milliardenklagen widersetzen, und es gibt auch Richter*innen, die seine Ansinnen mit teils drastischen Begründungen klar abweisen. Dennoch, ein US-Präsident, der die wichtigste Presseagentur des Landes, Associated Press, von Pressekonferenzen ausschließen kann, einfach weil sie den Golf von Mexiko als Golf von Mexiko und nicht wie von ihm verlangt als „Golf von Amerika“ bezeichnet, ist und bleibt eine Gefahr für eine freie Presse. Und in Kombination mit der Profitgier großer Tech- und Medienkonzerne wird er auch zur Gefahr für die Demokratie.

