EuGH kippt deutsche Regelung

Justitia Foto: Hermann Haubrich

Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist rechtswidrig. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 20. September entschieden. Die deutsche Rechtsprechung ist mit EU-Recht nicht vereinbar. Ohne Anlass dürften die Kommunikationsdaten von Bürgerinnen und Bürger nur unter bestimmten strengen Voraussetzung gespeichert werden, urteilten die Richter in Luxemburg. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte auf Twitter, er wolle die deutsche Regelung „zügig und endgültig“ aus dem Gesetz streichen. 

Der Gerichtshof bestätigt, dass das Unionsrecht einer allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten entgegensteht, es sei denn, es liegt eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit vor, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. „Zur Bekämpfung schwerer Kriminalität können die Mitgliedstaaten jedoch unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit insbesondere eine gezielte Vorratsspeicherung und/oder umgehende Sicherung solcher Daten sowie eine allgemeine und unterschiedslose Speicherung von IP-Adressen vorsehen.“

Schon lange umstritten

Eigentlich verpflichtet das deutsche Telekommunikationsgesetz Internetprovider und Telefonanbieter, sogenannte Verkehrsdaten von allen Nutzerinnen und Nutzern zu erfassen und für einen gewissen Zeitraum zu speichern. Die Daten müssen sie gegebenenfalls öffentlichen Stellen zur Ermittlung von Straftaten zur Verfügung stellen. Bei den zu speichernden Daten handelt es sich nicht um die Inhalte der Kommunikation, sondern um Metadaten, wie zum Beispiel Zeitpunkt und Dauer eines Telefonats, wer mit wem telefoniert oder eine SMS geschrieben hat oder die IP-Adresse eines Geräts im Internet. Nach einer gewissen Frist – nach dem Gesetz von 2015 zwischen vier und zehn Wochen – müssen die Daten gelöscht werden. Vorher können zuständige Behörden mit einem richterlichen Beschluss eine Herausgabe der Daten zu Ermittlungszwecken verlangen.

Gegen die anlasslose Vorratsdatenspeicherung hatten der Internetprovider SpaceNet und die Deutsche Telekom geklagt. Die Regelung ist seit 2017 ausgesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den Fall dem EuGH vorgelegt. 

In der Ampel war man sich über die Vorratsdatenspeicherung uneins. Politiker von FDP und Grüne sprachen sich wiederholt dagegen sie aus, die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser befürwortete Eingriffsbefugnisse. Im Koalitionsvertrag  vom vergangenen Jahr hieß es: “Angesichts der gegenwärtigen rechtlichen Unsicherheit, des bevorstehenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs und der daraus resultierenden sicherheitspolitischen Herausforderungen werden wir die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung so ausgestalten, dass Daten rechtssicher anlassbezogen und durch richterlichen Beschluss gespeichert werden können.“ 


Aktualisierung vom 20. September 2022

Offener Brief: Freiheitsrechte schützen

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und mehrere Organisationen und Personen haben einen Offenen Brief an die Innenministerin, den Justizminister, die Bundesfamilienministerin und die Vorsitzenden der Ampelparteien geschrieben. Darin lehnen sie die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ab und fordern, den Koalitionsvertrag umzusetzen, die Freiheitsrechte der Bevölkerung zu schützen und langfristig den Weg einer massenüberwachungsfreien Politik einzuschlagen. Zu den Erstunterzeichnern gehört Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di.

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