Christian Hein verhandelte den CineStar-Tarifvertrag mit
Christian Hein studiert Publizistik und Filmwissenschaften, arbeitet als studentische Aushilfe und ist gleichzeitig Betriebsratsvorsitzender im Mainzer Kino CineStar. Der 28jährige steht ganz oben in der Hitliste der „Powerwerber“.
Innerhalb weniger Monate hatte der Student über 70 neue Mitglieder für ver.di gewonnen und zu aktiven Mitstreitern für menschenwürdige Löhne gemacht. Das hat sich nun für alle gelohnt: Seit 1. Januar haben die CineStar-Beschäftigten deutschlandweit einen Tarifvertrag.
Der engagierte Student – selbst erst seit knapp zwei Jahren ver.di-Mitglied – gehört zu den Initiatoren, die im Frühjahr 2011 den ersten Betriebsrat am Mainzer Kinopalast gründeten. Danach machte der neu gewählte Vorsitzende des siebenköpfigen Gremiums auf Betriebsversammlungen immer wieder klar, dass Verhandlungen über höhere Löhne nur mit ver.di erfolgreich sein können. Und er überzeugte viele, Mitglied zu werden und sich für die Verbesserung der eigenen Arbeitsbedingungen einzusetzen.
„Die Prämien für die neu geworbenen Mitglieder haben wir gesammelt und davon zum letzten Halloween eine stilechte Party organisiert“, berichtet der junge Gewerkschafter. „Denn wer zusammen feiern kann, kann auch zusammen kämpfen.“ Das tat die Belegschaft des Mainzer CineStar über ein halbes Jahr lang fast jedes Wochenende: Hein und seine Kolleginnen und Kollegen streikten für einen Tarifvertrag in ihrem Kino und allen anderen CineStar-Kinos bundesweit. Dass der Betreiber in Mainz eine zweite Mannschaft als Streikbrecher vorhielt, war ärgerlich – aber davon ließen sich Christian und sein Team nicht entmutigen. Gemeinsam mit Aktiven aus anderen CineStar-Kinos hatten sie eine Tarifbewegung ins Leben gerufen, die Aktionen an den verschiedenen Häusern wurden koordiniert, in sozialen Netzwerken lief der Austausch der Neuigkeiten von den verschiedenen Standorten in Echtzeit.
Neue Mitglieder
Zwei Drittel der rund 130 Beschäftigten im CineStar Mainz sind inzwischen gewerkschaftlich organisiert und aktiv. Die meisten von ihnen sind Studierende oder Schüler und müssen sich mit der Teilzeitarbeit im Kino an Abenden und Wochenenden ihre Ausbildung finanzieren. „Mit den bisher gezahlten Hungerlöhnen war das allerdings nur schwer möglich“, weiß Christian. Leider haben sich bislang nur einige der wenigen Festangestellten am Mainzer CineStar für ver.di entschieden. Dafür waren die gewerkschaftlich organisierten Hilfskräfte umso rühriger; viele halfen bei den Streikaktionen mit. „Darum war es bei der Werbung von neuen Mitgliedern immer gegangen: Wir brauchen nicht nur Beitragszahler, sondern kritisch denkende, aktive Mitstreiterinnen und Mitstreiter, Leute, die Verantwortung mittragen!“ Bei ver.di-Mitgliederversammlungen kann Christian meist mehr als 40 Teilnehmer/innen verzeichnen: „Es ist wichtig, immer im Gespräch zu bleiben, Konflikte zu benennen und zu diskutieren, gemeinsam nach Lösungen zu suchen“, weiß der junge Betriebsrat, der mittlerweile ein „alter Hase“ ist.
Die jungen Leute in Mainz und an anderen CineStar-Standorten haben begriffen, dass echte Solidarität über die eigenen Belange hinausgeht: „Ohne Tarifvertrag werden die Aushilfen immer unter dem Mindestlohn sein. Das werden wir nicht zulassen. Solidarität mit denen, die nach uns hier arbeiten werden – das war der Hauptgrund dafür, dass wir so lange weiter streiken wollten, bis ein Tarifvertrag für alle steht“, blickt Christian zurück.
Höhere Löhne
Die Ausdauer hat sich gelohnt: Am 21. Dezember wurde in Hamburg ein deutschlandweiter Tarifvertrag (für 52 der fast 70 Häuser) zwischen ver.di und CineStar abgeschlossen. „Ich selbst saß mit den Kollegen aus Frankfurt, Bielefeld, Gütersloh, Dortmund, Hagen, Kassel und Osnabrück 17 Stunden am Verhandlungstisch, bis das Ding durch war“, berichtet Christian. Seit 1. Januar 2013 sind Mantel- und Entgelttarifvertrag in Kraft. Der Slogan „Starke Gewerkschaft – Starke Tarifverträge“ ist für Christian und seine Mitstreiter/innen keine Worthülse: Eine herausragende Verbesserung der Mindestentgelte ab sofort und kontinuierlich bis 2016 (in den unteren Gruppen um bis zu 33 Prozent!), 25 Tage Jahresurlaub, Nachtzuschläge von 50 Prozent ab 23 Uhr sowie Weihnachtsgeld sind nur einige Punkte. „Kurzum: Die nächste Generation von CineStar-Beschäftigten wird es deutlich besser haben als wir bis jetzt“, stellt der kämpferische Student zufrieden fest.
Christian hat vor seinem Studium eine Ausbildung zum Rettungsassistenten absolviert. „Aber ich habe da auch schon nebenbei im Kino gearbeitet. Ich bin eben ein absoluter Film-Nerd!“ Jetzt hat er noch zwei Semester vor sich, dann ist das Studium geschafft. Danach würde der Kinomann gern in der Public-Relations-Abteilung eines Filmverleihs arbeiten. Dass er sich engagiert und ausdauernd für eine gute Sache eintreten kann, hat der gebürtige Koblenzer mit seinem Einsatz für die CineStar-Beschäftigten eindrücklich bewiesen. Na, wenn das für Christian Hein keine gute Visitenkarte für den Einstieg in den Job ist! Oder sind in Unternehmen heute nur noch Duckmäuser gefragt?