Zeitung verboten

Iranische Journalisten und Oppositionelle verhaftet und gefoltert

Die Reform-Zeitung Etemade Meli (Nationales Vertrauen), wurde am 17. August im Iran verboten. Als Begründung wurde angegeben: Die Zeitung veröffentliche Themen, welche die nationalen Interessen und die Sicherheit des Landes gefährdeten. 

Als vor vier Jahren Mahmoud Ahmadinedschad den Posten des Staatspräsidenten gewann, gründete Ex-Parlamentsvorsitzender Mehdi Karubi, eine Partei Namens „Hisbe Etemade Meli“ (Nationales Vertrauen), um das verloren gegangene Vertrauen des Volkes zum Islamischen System wieder herzustellen. Eine gleichnamige liberale Zeitung wurde herausgegeben, die täglich, neben Informationen aus dem In- und Ausland, kritische Beiträge und Kommentare zu Wirtschaft, Politik und der Gesellschaft brachte. Die oppositionelle Rolle dieser Zeitung trat vor allem während der Präsidentschaftswahlen am 12. Juni dieses Jahres stark in den Vordergrund.
Fast 20 Prozent mehr Iraner, als vor vier Jahren, gaben ihre Stimme ab um die Wiederwahl von Ahmadinedschad zu verhindern. Aber es kam mit Zustimmung der Verwaltung, die in den vier Jahren der Amtszeit von Ahmadinedschad von Reformwilligen gesäubert worden war, und mit Hilfe der Revolutionsgarden, zu Wahlfälschungen und Wahlmanipulationen.

Zensoren in der Redaktion

Die Opposition bezeichnet den Wahlbetrug als Staatsstreich. Viele Redakteure der Zeitung Etemade Meli standen fest an der Seite des geistlichen Herausgebers und des Wahlkandidaten Mehdi Karubi. Sie wurden nach den Wahlen Teil der „Grünen Bewegung“. Diese Bewegung wurde vom tatsächlichen Wahlgewinner Mir Hossein Mossawi ins Leben gerufen und von Mehdi Karubi uneingeschränkt unterstützt.
Mit unter den ersten der 41 verhafteten Journalisten war Mohammad Gochani, der Chefredakteur der Zeitung Etemade Meli. Er befindet sich wie die meisten Gefangenen in Isolationshaft und hat keinen Zugang zu rechtlicher Beratung. Gerechnet wird mit Schauprozessen ohne „Gnade“.
Die Zensoren von Ahmadinedschad saßen vor, während und nach der Wahl als Beobachter in der Redaktion der Etemade Meli. Wenn ihnen ein Beitrag oder der Brief eines Lesers nicht gefiel, musste die Redaktion ihn streichen. Sie haben dies gezwungenermaßen getan, aber zum Teil diese Beiträge im Internet veröffentlicht.
Um einer Reaktion der Bevölkerung gegen die Schließung der Zeitung vorzubeugen, wurden zuerst technische Probleme und später ein kurzfristiges Verbot, seitens des Teheraner Staatsanwalt, Said Mortazavi, vorgetäuscht. Trotzdem haben sich hunderte Menschen vor dem Zeitungsgebäude versammelt und gegen das Verbot protestiert. Die Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas und Schlagstöcken gegen demonstrierende Anhänger Karubis vor, die „Tod dem Diktator“ skandierten.
Unzählige Journalisten, Blogger und oppositionelle Politikern wurden während der Proteste gegen die fragwürdigen Wahlergebnisse verhaftet. Das Militär ging dabei sehr brutal vor. Menschen wurden auf offener Straße erschossen. Entlassene Gefangene wandten sich an Mehdi Karubi um über den Zustand der Gefängnisse und die Foltermethoden im Gottesstaat Iran zu berichten. Karubi schrieb einen offenen Brief an Ayatollah Rafsanjani. Darin erhob er den Vorwurf, dass einige Oppositionsanhänger im Gefängnis schwer misshandelt und vergewaltigt worden seien. Von den Übergriffen seien Frauen und Männer betroffen. Trotz des Verbots der Zeitung sprechen die Leute landesweit von „unislamischen Foltermetoden“, aber der Name „Abu Ghraib“ (nach dem berüchtigten Folter-Gefängnis Abu Ghraib im Irak) wird dem Evin-Gefängnis von Teheran verliehen. Das Gefängnis Kahrisak, in dem die gleichen Methoden angewandt wurden, ist inzwischen auf Anordnung des Revolutionsführers geschlossen worden. Aber niemand wird im Iran als Verantwortlicher deswegen vor Gericht gestellt.

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

dju: Mehr Schutz für Journalist*innen

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit am 3. Mai fordert die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (dju) in ver.di von Arbeitgeber*innen und Auftraggeber*innen in Rundfunk und Verlagen, den Schutz angestellter und freier Medienschaffender zu verbessern.
mehr »

ROG: Rangliste der Pressefreiheit 2025

Es ist ein Historischer Tiefstand. Die neue Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigt: Nur in sieben Ländern ist die Lage "gut", alle liegen in Europa. Deutschland rutscht auf Platz 11 ab. Neben einer fragilen Sicherheitslage und zunehmendem Autoritarismus macht vor allem der ökonomische Druck den Medien weltweit zu schaffen.
mehr »