Straflosigkeit in Griechenland

Richterhammer

Bild: 123rf

Die beiden Brüder, die des Mordes an dem griechischen Kriminalreporter Giorgos Karaivaz im Jahr 2021 angeklagt waren, wurden am 31. Juli von allen Vorwürfen freigesprochen – nach einem Verfahren, das von Unregelmäßigkeiten geprägt war. RSF fordert die griechischen Behörden auf, der Straflosigkeit für Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten ein Ende zu setzen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit

belegt Griechenland Platz 88 von 180 Staaten und ist das dritte Jahr in Folge Schlusslicht in der Europäischen Union.

Zudem entschied der Oberste Gerichtshof, die Untersuchung über die potenzielle Beteiligung des griechischen Geheimdienstes an der illegalen Überwachung mit „Predator” von mindestens 13 Medienschaffenden einzustellen. Der Überwachungsskandal in Griechenland beschäftigt die internationale Öffentlichkeit seit 2022. Reporter ohne Grenzen hat eine unabhängige und zügige Aufklärung der Fälle gefordert und bedauert die Entscheidung des Gerichtshofs zutiefst.

„RSF solidarisiert sich mit allen griechischen Journalistinnen und Reportern, die von diesen Entscheidungen direkt oder indirekt betroffen sind. Wir fordern die griechische Justiz und Politik auf, weiter nach den Schuldigen für den Mord an Giorgos Karaivaz zu suchen – im Namen seiner Angehörigen und im Namen der Pressefreiheit. Auch die Gerichtsentscheidung, welche den griechischen Geheimdienst im Predator-Spyware-Fall aus der Verantwortung entlässt, ist inakzeptabel”, kommentiert Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen.

Zum Fall Karaivaz

Nach einem einmonatigen Prozess sprach das Gericht in Athen jene beiden Brüder frei, die angeklagt waren, am 9. April 2021 den Journalisten Giorgos Karaivaz ermordet zu haben. Die Tat wird im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität verortet, Medienberichte legen nahe, dass der bekannte Journalist getötet wurde, weil er mit seinen Recherchen die Elite der griechischen Mafia gestört hatte.

Obwohl der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine Verurteilung gefordert hatte, befand das Gericht, dass die Schuld der beiden Angeklagten nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann. Der Prozess gegen die beiden Brüder fand unter beunruhigenden Umständen statt. Eine Woche vor der Urteilsverkündung gab der Staatsanwalt bekannt, dass eines der Aktenstücke, eine CD mit den Handydaten des Journalisten, beschädigt worden sei: Sie sei von einem Tacker durchbohrt worden.

Noch am 23. Juli hatte der Richter die Liste der auf der CD gespeicherten Whatsapp-Kontakte von Giorgos Karaivaz verlesen, darunter die Nummern von hochrangigen Regierungsbeamten.

Der Predator-Überwachungsskandal

Trotz journalistischer Recherchen, welche die Beteiligung des Geheimdienstes (EYP) an der illegalen Überwachung von Reportern und Politikern nahelegen, entschied der Oberste Gerichtshof Griechenlands am 30. Juli, EYP nicht strafrechtlich zu verfolgen. Die Untersuchung wurde laut RSF politisch sabotiert. Dass weitere Ermittlungen nun eingestellt wurden, suggeriert, dass die politisch Verantwortlichen von illegalen Überwachungsmaßnahmen gegen Medienschaffende ungestraft davonkommen können.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

Filmtipp: Mädchen können kein Fußball spielen

Der sehenswerte Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Torsten Körner („Schwarze Adler“) ist eine Hommage an die Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs. Körner hat bereits ein ausgezeichnetes Buch über das Thema geschrieben („Wir waren Heldinnen“). Der Film erzählt die Geschichte mit Hilfe von Zeitzeuginnen und vielen zeitgenössischen TV- und Wochenschau-Ausschnitten von den Anfängen in den 50ern bis zur siegreichen Heim-EM 1989.
mehr »

ARD schützt ihre Inhalte vor KI

Die ARD hat ihren Umgang mit Anbietern von KI geändert. Seit Ende Mai dürfen Unternehmen wie etwa Open AI, Perplexity oder Google (Gemini) Inhalte aus den Online-Angeboten der ARD nicht mehr nutzen, um damit ihre KI-Systeme zu trainieren. Das bestätigte der Senderverbund auf Nachfrage. Die ARD hat nun in ihre Webseiten einen sogenannten maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt technisch eingebaut. Damit wird KI-Crawlern signalisiert, dass sie die Inhalte dieser Angebote nicht verwenden dürfen.
mehr »

Internet: Journalismus unter Druck

Angesichts der Vielzahl von Beiträgen zum 30-jährigen Jubiläum des Internets arbeitet der Journalist Jann-Luca Künßberg in einem Gastbeitrag für Netzpolitik.org heraus, wie umfangreich die Online-Welt Journalismus selbst verändert hat. Enorm schnell, so Künßberg, habe der Geschäftsgedanke die Vision eines digitalen Versammlungsorts beiseitegeschoben.
mehr »