Honorare scheinen seit Mitte der 80er Jahre irgendwo auf niedrigem Niveau eingefroren
Bodo Hombach wird nicht müde, ihn für seine Zeitungstitel zu reklamieren: den Qualitätsjournalismus. Das ist ja an und für sich löblich und da klatschen auch die Gewerkschaften gerne Beifall. Vor allem ist es für Bodo Hombach völlig ungefährlich, Qualitätsjournalismus anzukündigen, denn nirgendwo ist schließlich genau definiert, was eigentlich Qualitätsjournalismus ist.
Unstrittig und branchenübergreifend gültig bleibt der Grundsatz, dass Qualität ihren Preis hat. Das weiß auch der Medienkaufmann Hombach. Der ist besonders kreativ, wenn es darum geht wohlfeile Begrifflichkeiten für seine Medienunternehmen zu finden. Derzeit hat der Begriff „Manufaktur“ Konjunktur. Nur sind die Eigentümer der WAZ-Mediengruppe nicht bereit, einen angemessenen Preis für die edlen Produkte zu zahlen, die von ihren zahlreichen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angefertigt werden. Denn die Preise passen eher zu „Bodos Billig Rampe“ denn zu einer exklusiven Medien-Manufaktur.
Der angesehene Branchendienst epd medien hat die von Tageszeitungen gezahlten Honorare zu Recht einmal als „unterirdisch“ bezeichnet. Freie Journalistinnen, die ihre Selbstständigkeit auf Honorare von Tageszeitungen gründen wollen, können sich allenfalls eine prekäre Existenz aufbauen.
Altgediente Freie raten Neueinsteigern inzwischen kategorisch davon ab, überhaupt noch für Tageszeitungen zu arbeiten. Irgendwann Mitte der 80er Jahre scheinen die Honorare auf niedrigem Niveau eingefroren worden zu sein. Lamentiert wird darüber viel, offensiv diskutiert eher selten. Kollektive Strategien, um eine bessere Bezahlung durchzusetzen? Fehlanzeige! So bleibt alles freie Verhandlungssache. Und mit einer Geste großer Selbstverständlichkeit sind den Content-Lieferanten, dazu gehören natürlich auch die Fotografen, mit dem Aufkommen des Internets noch weitere Nutzungsrechte abverlangt worden. In der Regel ohne weitere Zuschläge, versteht sich!
Keine angemessene Vergütung
Die Honorartabelle vom ver.di-Beratungsnetzwerk für Selbstständige mediafon.net weist zum Beispiel für die Westfälische Rundschau Zeilenhonorare in den Lokalausgaben zwischen 15 und 18 Cent aus. Im Mantel werden dann großzügige 38 Cent gezahlt. Da geht die fleißige Reporterin, die 100 Zeilen für den überregionalen Teil geliefert hat, mit einem Tageshonorar von gut 40 Euro nach Haus. Und dieses Honorar muss natürlich noch ordentlich versteuert werden. Eine angemessene Vergütung, wie sie der Gesetzgeber gefordert hat, sieht freilich anders aus.
Bei der größten Regionalzeitung Deutschlands, der Westdeutschen Allgemeine Zeitung (WAZ), sind die Freien aufgefordert worden, sich als Agenturen zu organisieren. Die bekommen dann Tagespauschalen in unterschiedlicher Höhe gezahlt. Selbst diejenigen, die zu den Spitzenverdienern gehören und für 120 Euro am Tag arbeiten, sind für dieses Honorar oft 12 Stunden und mehr unterwegs. Nach Abzug von Steuern und Versicherungen bleibt da kaum mehr übrig, als der Mindestlohn für die Briefzusteller bei der Post. Wer bei der WAZ nach Zeile abrechnet, darf für 0,26 Cent qualitativ hoch stehenden Journalismus liefern.
In Zeiten der Zeitungskrise werde es dem Qualitätsjournalismus nicht leicht gemacht, hat Bodo Hombach gerade wieder aus Anlass des 60igsten Geburtstagstags der WAZ festgestellt. „Ganz richtig!“ möchte man Bodo Hombach, einem Menschen mit durchaus gewerkschaftlicher Vergangenheit, zurufen. Insbesondere den Produzentinnen und Produzenten von Qualitätsjournalismus wird das Überleben nicht leicht gemacht.
Deutliches Signal erwartet
Nun sind die zahlreichen Zeitungs-Titel der WAZ-Mediengruppe nicht die einzigen Blätter in Deutschland, die Qualität fordern, und die die Autoren trotzdem schlecht bezahlen. Dieses Problem zieht sich in unterschiedlichen Schattierungen durch die ganze Branche. Vom Allgäu bis nach Kiel, von Münster bis in die Magdeburger Börde. Auf der mediafon-Seite sind beispielsweise Zeilenhonorare wie 0,13 Euro bei der Nordwest-Zeitung oder 0,22 Euro beim Freien Wort oder 0,31 Euro beim Kölner Stadtanzeiger ausgewiesen.
Da verwundert es überhaupt nicht, wenn eine preisgekrönte Autorin, die nach eigenen Angaben zehn Jahre für deutsche Qualitätszeitungen geschrieben hat, im November 2007 in Der Zeit zu dem genauso bitteren, wie plakativen Fazit kommt: „Schreiben macht arm“. Das stimmt so natürlich nicht. Denn nach wie vor gelingt es freien Journalisten, insbesondere denen, die sich als kalkulierende Unternehmer verstehen, ein Leben zu führen, das deutlich über dem in Der Zeit beschriebenen Hartz IV-Niveau liegt. Dies entlässt die Verleger aber nicht aus der Verantwortung einmal öffentlich zu formulieren, was sie denn unter einer angemessenen Vergütung ihres freien Personals verstehen.
In den Verhandlungen über die Vergütungsregeln für hauptberufliche freie Journalisten an Tageszeitungen, die schon seit geraumer Zeit zwischen den Verlegern und den Journalistengewerkschaften dju und DJV laufen, könnten die Verleger ein deutliches Signal setzen. Ein überzeugendes Zeichen, dass es ihnen nicht vorrangig um die nach wie vor recht üppige Rendite geht, sondern dass sie tatsächlich bereit sind, faire Preise zu zahlen für Qualitätsjournalismus. www.mediafon.net