Datensparsame Audio-Transkription

Foto: 123rf

Interviews führen macht Spaß. Auf das Vergnügen folgte jedoch traditionell das mühsame manuelle Transkribieren des Gesprächs. Dank KI entfällt dieser Schritt. Das kostenlose Programm ersetzt das Abtippen von Interviews. NoScribe ist langsamer als kommerzielle Dienste, garantiert aber eine maximale Vertraulichkeit von Daten.

Man lädt auf der Webseite eines Onlinedienstes oder in einer App eine Audio-Datei hoch und erhält innerhalb weniger Minuten ein nahezu fehlerfreies Transkript. Einige dieser Dienste sind kostenpflichtig, andere lassen sich mit Einschränkungen kostenlos nutzen. Sie haben jedoch alle ein Manko: Man gibt die Daten aus der Hand.

Die jeweiligen Transkriptionsanbieter könnten die Aufnahmen und Transkripte für Trainings- und Werbezwecke auswerten. Zudem ist zumindest theoretisch möglich, dass Behörden Daten beschlagnahmen oder heimlich abgreifen. Gerade bei Roh-Interviews oder reinen Hintergrundgesprächen stellt dies ein ernsthaftes ethisches und juristisches Problem dar.

Auch für sensible Daten geeignet

Bei NoScribe hingegen verbleiben alle Daten auf dem eigenen Rechner. Das Programm basiert auf einem der weltweit besten KI-Transkriptionsmodelle – Whisper von OpenAI. Da das Modell unter einer freien Lizenz steht, kann man es herunterladen und selbstständig laufen lassen. Theoretisch zumindest. Für Menschen ohne IT-Hintergrund ist das sehr herausfordernd.

NoScribe hingegen ist auch für IT-Laien geeignet. Kai Dröge, ein Soziologe an der Universität Luzern, hat das nichtkommerzielle Programm zusammen mit einer kleinen ehrenamtlichen Community entwickelt. Er ist im Bereich der qualitativen Sozialforschung tätig und erzählt: „In unserer Arbeit haben wir viel mit persönlichen Interviews zu tun, die mitunter sensible Informationen enthalten. Deshalb hatte ich immer Bauchschmerzen damit, Clouddienste zu nutzen.“

Als Whisper veröffentlicht wurde, beschloss er, auf dieser Grundlage ein leicht zugängliches Programm zu entwickeln. Die primäre Zielgruppe war die eigene Wissenschaftscommunity. Die Software ist aber für journalistische Zwecke gut nutzbar. Man kann Interviews oder auch eingesprochene Textentwürfe transkribieren.

Zwei unterschiedlich schnelle und genaue Unter-Modelle stehen im Programm zur Auswahl. Beim Modus „precise“ liegt das Verhältnis von Aufnahmedauer und zu Transkriptionszeit bei etwa eins zu eins und die Genauigkeit bei bis zu 99 Prozent. Der Modus „fast“ arbeitet etwas weniger genau, dafür aber schneller.

Editor und Sprechererkennung

In das Programm hat Dröge außerdem einen Editor eingebaut, der die Audiospur und das fertige Transkript miteinander verbindet. Man kann einzelne Wrter oder Sätze anklicken und nachhören. Das ist sinnvoll, so Dröge: „Wie bei ChatGPT kann es manchmal zu Halluzinationen kommen. Etwa in der Form, dass das Modell bei Nebengeräuschen einfach so Wörter hinzufügt.“ Deshalb empfiehlt er, Transkripte am Ende stets zu kontrollieren.

Zusätzlich ist eine Software zur Sprechererkennung integriert. Diese ordnet bei Interviews die Antworten einzelnen Gesprächspartner*innen zu. Dann dauert es allerdings deutlich länger. Für die reine Transkription von einer Stunde Interview im „precise“-Modus benötigt NoScribe etwa eine Stunde. Bei aktivierter Sprechererkennung kommen drei weitere Stunden hinzu. Längere Interviews transkribiert man deswegen am besten über Nacht. Oder man lässt den Rechner im Hintergrund laufen, während man an anderen Texten arbeitet.

Abwägung: Geschwindigkeit vs. Vertraulichkeit
Auch kommerzielle Anbieter haben das freie KI-Modell Whisper eingebaut. Deren Dienste arbeiten sehr viel schneller, da sie Hochleistungsrechner einsetzen. Der Nachteil ist: Man kann die Vertraulichkeit der Daten nicht garantieren. Bei NoScribe hingegen verlässt kein Bit und Byte den eigenen Rechner. Ein Zugriff von außen auf sensible Sprachaufnahmen ist schlicht nicht möglich.


NoScribe ist für die PC-Betriebssysteme Windows, macOS und Linux verfügbar. Man lädt das Programm von der Softwareplattform Github herunter.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Streik bei TikTok wird fortgesetzt

TikTok-Beschäftigte in Berlin legten heute ihre Arbeit nieder und fuhren mit einem Streikboot direkt an ihrer Geschäftsführung vorbei. Nachdem ver.di zum Streik aufgerufen hatte, waren zahlreiche Beschäftigte gefolgt. Es ist der erste Streik bei einer Social-Media-Plattform in Deutschland überhaupt, an dem sich rund 100 von ungefähr 400 Beschäftigten bei TikTok in Berlin beteiligten. Und es geht weiter: Für kommenden Montag ist bereits der nächste Streiktag geplant.
mehr »

Meta will sich nicht verpflichten

Kurz nach Veröffentlichung des freiwilligen KI-Verhaltenskodex hat Meta als erster Konzern entschieden, den Kodex der Europäischen Kommission nicht zu unterzeichnen. Der US-Konzern hinter Facebook und Instagram kritisiert den Vorschlag als rechtlich unsicher, überreguliert und innovationsfeindlich. Ein politisch bedenkliches Signal.
mehr »

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »