Trump gegen CBS: Late Night abgesetzt

Als Trump-Kritiker abgesägt: der Comedian und Talkmaster Stephen Colbert. Angeblich wegen finanzieller Einbußen wurde die Late Show abgesetzt. Aber die Hintergründe erzählen eine andere Geschichte. Bild: flickr/Montclair Film

US-Staatschef Donald Trump erhält vom Paramount Medienkonzern eine Vergleichszahlung, nachdem er den Mutterkonzern CBS wegen der Ausstrahlung eines Interviews mit seiner Konkurrentin Harris verklagt hatte. Auch die Einstellung der Satiresendung „Late Show“, in der diese Zahlung als „großes, fettes Schmiergeld“ bezeichnet wurde, dürfte kein Zufall sein. Paramount Global dementiert das allerdings.

Es folgt eine lose Aneinanderreihung von Nachrichten aus dem US-amerikanischen Medienbetrieb. 1. Akt : Am 2. Juli 2025 stimmte der Konzern Paramount Global einer Vergleichszahlung von 16 Millionen US-Dollar (13,6 Millionen Euro) an US-Präsident Donald Trump zu. Trump hatte den Mutterkonzern des Senders CBS verklagt, weil letzterer im Wahlkampf ein gekürztes Interview mit Trumps Konkurrentin Kamala Harris ausgestrahlt hatte.

Vor der Vergleichszahlung hatte CBS noch erklärt, die Klage entbehre „jeglicher Grundlage“, was Medien- und Rechtsexperten bestätigten. 2. Akt: Am 14. Juli charakterisierte der Satiriker Stephen Colbert die Vergleichszahlung in seiner „The Late Show“, ausgestrahlt auf CBS, als „großes fettes Schmiergeld“. 3. Akt: Am 17. Juli verkündete Colbert, dass der Sender seine Show im Mai kommenden Jahres einstellen wird. Zusammenhänge? Gibt es selbstverständlich keine, zumindest nach Darstellung von Paramount Global.

Paramount: „Rein finanzielle Entscheidung“

„Das ist eine rein finanzielle Entscheidung vor einem herausfordernden Hintergrund im Late-Night-Segment“, erklärte Paramount-Global-Chef George Cheeks in einer Stellungnahme. „Sie hängt in keiner Weise mit der Performance der Show, dem Inhalt oder anderen Vorgängen bei Paramount zusammen“. Der erste Teil könnte sogar stimmen. Denn die Geschäftszahlen der Sendung, in Folge des öffentlichen Aufschreis über deren Einstellung so schnell wie bereitwillig durchgestochen, weisen für das vergangene Jahr einen Verlust von 40 Millionen US-Dollar (34 Millionen Euro) aus.

Also alles nur ein großes Missverständnis? Der bissige Trump-Kritiker und mehrfach preisgekrönte Satiriker Colbert nur ein Opfer eines immer kleineren Werbemarkts für das US-Kabelfernsehen? Möglich. Doch warum schenkt der Mutterkonzern Trump dann in einem für den Präsidenten vollkommen aussichtslosen Verfahren mal eben 40 Prozent der Summe, für deren Einsparung er sein beliebtestes Late-Night-Format einstellt?

Nächster Schritt: Übernahme

Nun, ein Erklärungsansatz könnte darin liegen, dass für Paramount Global noch eine weitere „finanzielle Entscheidung“ in der Schwebe war, allerdings in einer vollkommen anderen Größenordnung: die Übernahme durch den Branchenriesen Skydance. Das 8 Milliarden US-Dollar (6,8 Milliarden Euro) schwere Geschäft bedurfte der Zustimmung durch die Medienaufsicht Federal Communications Commission (FCC), die in der vergangenen Woche schließlich auch erfolgte.

Zuvor hatte Trump bereits in der ihm eigenen, zutiefst staatsmännischen Art auf seiner Antisocial-Media-Dreckschleuder „Truth Social“ triumphiert: „Ich liebe es vollkommen, dass Colbert gefeuert wurde.“ Der Realsatiriker aus dem Weißen Haus bescheinigte seinem Kritiker Colbert in einem auch auf Englisch holprigen Satzbau, „noch weniger Talent als seine Bewertungen“ zu haben. Nachdem die Fusion durchgewunken war, verschwendete der von Trump frisch eingesetzte FCC-Vorsitzende Brendan Carr dann ebenfalls kaum Mühen darauf , die politische Dimension der „The Late Show“-Einstellung zu verbergen, indem er „signifikante Veränderungen“ bei CBS ausdrücklich willkommen hieß. „Die Amerikaner vertrauen den etablierten nationalen Nachrichtenmedien nicht mehr, vollständig, akkurat und fair zu berichten“, erklärte Carr zudem und befand: „Es ist Zeit für einen Wandel.“

Interview-Ausstrahlung als „emotionales Leid“ für Trump

Wer die gesamte Posse um Trumps Klage gegen CBS verfolgt hat, dürfte die Referenzen Carrs kaum übersehen. Die Schadensersatzforderungen des Präsidenten beruhten einzig darauf, dass CBS eine längere und eine gekürzte Version eines Interviews mit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Harris ausgestrahlt hatte. Damit habe der Sender seine Kontrahentin vor Kritik schützen und das Blatt im Wahlkampf zu deren Gunsten wenden wollen. Trumps Anwälte hatten argumentiert, dem später zum zweiten Mal ins Amt gewählten Präsidenten sei dadurch „emotionales Leid“ zugefügt worden. CBS hatte dagegen erklärt, das Interview lediglich aus Zeitgründen gekürzt und nicht anderweitig verändert zu haben. Nachdem der Mutterkonzern des Senders dem Vergleich zugestimmt hatte, prahlte ein Sprecher aus Trumps Anwaltsteam in einer Mitteilung, der Vergleich stelle „einen weiteren Sieg für das amerikanische Volk“ dar, weil der Präsident „einmal mehr die Fake-News-Medien für ihr Fehlverhalten und ihre Täuschungen zur Rechenschaft zieht“.

Unabhängig davon, ob die angekündigte Einstellung der „The Late Show“ (auch) finanzielle Gründe hat, wird deutlich, dass die Regierung Trump nicht nur in der Lage und Willens ist, immer weitere Teile der US-Medienlandschaft auf ihren Kurs zu zwingen, sondern dass das rechtskonservative Lager diese Tatsache obendrein schamlos ausschlachtet und öffentlich als Beleg der eigenen Stärke abfeiert. Trump, der Kraft der erpresserischen Macht seines Amtes überdies eine hübsche Summe einstreicht, ging gar so weit, auf „Truth Social“ einen angeblichen Nebendeal mit Skydance auszuplaudern, wonach er Werbeplätze und Sendezeit im Wert von weiteren 20 Millionen US-Dollar kostenfrei erhalten solle. „Das stinkt nach Korruption“, schrieb die demokratische Senatorin Elizabeth Warren dazu bei X. Man könnte es aber selbstverständlich auch „eine rein finanzielle Entscheidung“ nennen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »

Anti-SLAPP-Gesetz ungenügend

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di kritisiert das von der Bundesregierung beschlossene Anti-SLAPP-Gesetz. Es beschränke den Schutz vor Einschüchterungsklagen nur auf grenzüberschreitende Fälle. Damit bleibe ein Großteil der realen Bedrohungslagen für Journalist*innen in Deutschland unberücksichtigt.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Trumps digitaler Medienpranger

Donald Trump verfolgt mit seinen Attacken auf Medien und Journalist*innen drei Hauptziele: Ablenkung von eigenen Verfehlungen, Bindung seiner rechten Unterstützer*innen und Selbstbereicherung. Große Medienkonzerne unterstützen ihn, um eigene Profitinteressen zu fördern. Das Resultat ist eine Bedrohung von Pressefreiheit und Demokratie.
mehr »