„Auf das Schlimmste vorbereitet sein“

Tara Pucky, RTDNA Geschäftsführerin (Foto: RTDNA)

Nach dem Mord an dem rechtsextremen Aktivisten Charlie Kirk nimmt der Druck auf Journalist*innen  in den USA drastisch zu. Davon sind sowohl US-amerikanische, als auch ausländische Medienschaffende betroffen. Ein pressefeindliches Klima schürt Präsident Trump allerdings schon seit Längerem. Wir sprachen mit Tara Pucky, Leiterin der Radio Television Digital News Association (RTDNA).

In den USA gerät die Pressefreiheit zunehmend unter Druck. Auf welchen Ebenen bemerken Sie Einschränkungen?

Redaktionen sollten überall in der Lage sein, ihre Leser*innen mit umfassenden Informationen zu versorgen. Wir haben festgestellt, dass dies in Bezug auf Informationszugang und Sicherheit, immer schwieriger wird. Wir beobachten in den USA einen eingeschränkten Zugang zu öffentlichen Amtsträgern und Akten, Kürzungen der Mittel für unser äußerst wichtiges öffentliches Medienmodell und eine Rhetorik, die den Journalismus auf allen Ebenen in Frage stellt. Besonders die Sicherheit der Kolleg*innen ist ein Problem. So wurde beispielsweise erst in den letzten Wochen ein Sprengsatz unter einem Nachrichtenfahrzeug platziert.
Wir haben von mehreren Fällen von Doxing gehört. Persönliche Informationen über Reporter*innen und ihre Familien werden weitergegeben, sie werden belästigt und geraten in Gefahr. Denn sobald diese Informationen einmal veröffentlicht sind, ist es fast unmöglich, sie wieder zurückzuziehen. In einem derart polarisierten Umfeld befürchten wir einen weiteren Anstieg solcher Vorfälle.

Wo sind Medienschaffende besonders unsicher?

RTDNA

ist die weltweit größte Berufsorganisation für Rundfunk- und Digitaljournalismus, sie wurde 1946 als Basisorganisation gegründet. Sie fördert und schütz verantwortungsvollen Journalismus. RTDNA verteidigt die Rechte von Onlinejournalist*innen in den USA .

Die Berichterstattung über Proteste birgt für Journalist*innen immer Gefahren. Die Lage kann unvorhersehbar sein und sich schnell ändern. Daher ist es so wichtig, dass Redaktionen eng mit ihren Reporter*innen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass sie gut ausgebildet sind und die notwendigen Ressourcen verfügen, um sich schützen zu können. Leider ist die Berichterstattung über alles was besonders polarisiert, sowohl persönlich als auch online, gefährlich. Das kommt natürlich zu den Herausforderungen hinzu, die seit Jahrzehnten bei der Berichterstattung bestehen: wenn man an Themen wie organisierte Kriminalität oder an gefährliche Extremwetterlagen denkt. Wir beobachten, dass Redaktionen die Anzahl ihrer Reporter verändern. Einige Teams treffen für bestimmte Ereignisse nun Sicherheitsvorkehrungen. Das gilt auch für die Redaktionsräume. Auf das Schlimmste vorbereitet zu sein und gleichzeitig auf das Beste zu hoffen, muss in Zukunft die Arbeitsweise sein.

Auch für ausländische Journalist*innen verschärfen sich die Arbeitsbedingungen.

Das ist richtig. Die globale Perspektive auf die USA durch den Journalismus ist von größter Bedeutung. Seit Jahrzehnten berichten internationale Korrespondent*innen über US-amerikanische Angelegenheiten auf eine Weise, die dem Publikum weltweit Kontext und Verständnis vermittelt. RTDNA ist der festen Überzeugung, dass internationale Journalist*innen Zugang haben und über die Ereignisse in den Vereinigten Staaten berichten können sollten. Wenn man beispielsweise an die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland denkt, so sind diese nach wie vor stark. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass  alle internationalen Journalist*innen ihre wichtige Arbeit in den Vereinigten Staaten weiterhin ausüben können.

Was wünschen sie sich für die internationale Zusammenarbeit?

Ungeachtet unserer Regierungen, unserer Finanzierungsmodelle oder ähnlicher Faktoren stehen wir alle vor ähnlichen Herausforderungen. Der Journalismus muss Menschen erreichen und mit ihnen in neuen und alten Formaten kommunizieren, die für sie sinnvoll sind. Wenn man Journalist*innen zusammenbringt und sie über ihre Herausforderungen und Chancen sprechen lässt, bemerken wir, dass wir nicht allein sind. Das ist sehr inspirierend. Denn Journalismus ist ein mächtiges Element der Demokratie.

 

 

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