ver.di-Preis für Porträt einer ugandischen Freiheitskämpferin

Preisträgerin Patience Nitumwesiga im Vordergrund mit der ver.di-Jury aus Rüdiger Steinmetz, Julia Cruschwitz und Rüdiger Trojok sowie Gewerkschaftssekretär Lucas Munzke (v.l.n.r.). Foto: Sophie Mahler/DOK

Das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm DOK ist Geschichte. Vom 27. Oktober bis zum 2. November wurden insgesamt 252 Filme und XR-Arbeiten gezeigt. Neben den berühmten Goldenen und Silbernen Tauben und zahlreichen weiteren Preisen wurde auch der mit 2.000 Euro dotierte ver.di-Preis für Solidarität, Menschlichkeit und Fairness verliehen.

Der ver.di-Jury gehörten auch im 2025er Jahrgang ausgewiesene Medienprofis an: Julia Cruschwitz, freie Investigativ-Autorin u.a. für den MDR und Deutschlandfunk, Rüdiger Steinmetz, emeritierter Medienprofessor und Gründer des Leipziger Uni-Radios „Mephisto 97.6“ sowie Rüdiger Trojok, Produktionsmanager Grafik und Mitglied des Freienrats im MDR. Nach ausführlicher Beratung kürte das Gremium aus einer Auswahl von Filmen aus dem Deutschen Wettbewerb den Film „The Woman Who Poked the Leopard“ von Patience Nitumwesiga. In der Begründung der Jury heißt es:

„The Woman Who Poked the Leopard“ ist ein intensives Portrait der Aktivistin Stella Nyanzi. Sie kämpft für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie im autoritären Uganda. Der Film zeigt ihre Vielschichtigkeit: als Wissenschaftlerin, als Poetin und Politikerin. Unerschrocken stellt sie sich gegen das Regime mit spektakulären Methoden. Dafür wird sie verhaftet und misshandelt. Wir erleben ihren unermüdlichen Kampf mit ihrem Wahlkampfteam an der Basis für Demokratie. Schließlich flieht sie ins Exil nach Deutschland. Patience Nitumwesiga erzählt auch, wie die Kinder unter dem Aktivismus der Mutter leiden. Tochter Baraka setzt sich für ihre jüngeren Brüder ein und lebt somit die Werte ihrer Mutter.“

ver.di-Preisträgerfilm zeigt mutige und unkonventionelle Feministin

In der spannenden Dokumentation über die ugandische Feministin und Genderforscherin Stella Nyanzi gibt es viel Action. Mit einer beweglichen Handkamera übernimmt der Film die Power seiner Protagonistin, sein Rhythmus entspricht ihren wütenden Texten. Im Kampf gegen staatliche Unterdrückung nimmt Nyanzi kein Blatt vor den Mund. Als sie 2017 mit einem vulgären Gedicht den seit fast 40 Jahren amtierenden Staatschef Yoweri Museveni verhöhnt, kommt sie dafür ins Gefängnis. Nach ihrer Freilassung kandidiert Nyanzi für das Parlament, ohne das nötige Geld für eine Wahlkampagne zu haben. Mit ihren Kindern druckt und verteilt sie Plakate und Flugblätter in den Slums von Kampala. Die Tochter schminkt und frisiert ihre Mutter für öffentliche Auftritte; Zeit für sich selbst und ihre Geschwister hat sie kaum. Schließlich emigriert die Familie vor der Polizeigewalt nach Deutschland. Dennoch besteht kein Zweifel, dass sie Ihren Kampf von hier aus fortsetzen wird.

In den vier Wettbewerben des Festivals um Goldene und Silberne Tauben konkurrierten insgesamt 78 Filme, davon waren 30 Weltpremieren. Eine Übersicht aller Preisträger von DOK 2025 gibt es hier

Rotstiftpolitik des Freistaates bedroht DOK Leipzig

Im Jahr 2026 wird Ola Staszel als künstlerische Leiterin und Intendantin von DOK Leipzig sowie Geschäftsführerin der Leipziger DOK-Filmwochen GmbH die Nachfolge von Christoph Terhechte antreten, der das Festival zum 31. Januar 2026 verlässt. Staszel fällt die Aufgabe zu, DOK im kommenden Jahr trotz massiver Fördermittelkürzungen von rund 20 Prozent durch den Freistaat Sachsen bestmöglich auf die Beine zu stellen. Folge der Rotstift-Politik sei u.a., dass die Gehälter der Mitarbeitenden nicht an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst werden könnten. Auch Einschnitte in der Programmplanung werde es geben, da die Kapazitäten für Festivalangebote jenseits des Kernprogramms fehlen würden, hatte das Festival bereits im April verlauten lassen. „Rückwärtsrolle statt Weiterentwicklung“ fassten es Festivalarbeiter*innen bei DOK Leipzig treffend zusammen.

Für die Umsetzung barrierefreier Angebote gab es schon in diesem Jahr keine Mittel mehr. Zum Glück hat das Festival eine stabile Fanbase in der Bevölkerung: Mit einer Crowdfunding-Aktion wurden im Sommer die notwendigen rund 10.000 eingesammelt und damit fünf Langfilme aus dem Wettbewerb barrierefrei ausgestattet. Weitere Audiodeskriptionen wurden durch Festivalpartner*innen möglich.

 

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