Europaweite Klage gegen Vorratsdatenspeicherung

43 Bürgerrechtsorganisationen und Berufsverbände aus elf EU-Mitgliedsstaaten bitten den Europäischen Gerichtshof in einem am 8. April veröffentlichten Schriftsatz, die EU-Richtlinie zur Erfassung des Telekommunikations- und Bewegungsverhaltens von 494 Mio. Europäern für unvereinbar mit den Grundrechten zu erklären.Die Vorratsdatenspeicherung verstoße gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz, das Grundrecht auf unbefangene Meinungsäußerung und das Grundrecht der Betreiber auf Eigentumsschutz. „Während ihre abschreckende Wirkung unserer Gesellschaft großen Schaden zuzufügen droht, erscheint ihr Nutzen insgesamt gering. Eine Vorratsdatenspeicherung kann nur in wenigen und meist wenig bedeutsamen Fällen den Rechtsgüterschutz verbessern. Eine dauerhafte Auswirkung auf das Kriminalitätsrisiko ist hingegen nicht zu erwarten.“ Die Maßnahme führe dazu, dass „die Bürger ständig befürchten müssen, dass ihre Kommunikationsdaten zu einem späteren Zeitpunkt zu einer falschen Verdächtigung führen oder von staatlicher oder privater Seite missbraucht werden könnten. Aus diesem Grund gefährdet die Vorratsdatenspeicherung die unbefangene Kommunikation der gesamten Gesellschaft.“ Zu den 43 Unterzeichnern des Schriftsatzes gehören Datenschutzverbände, Internetprovider, Telefonseelsorge sowie Journalisten- und Presseverbände. Der Schriftsatz und die vollständige Liste der Unterzeichner finden sich im Internet unter
http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/216/79/.
Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde 2006 in Deutschland beschlossen. Danach müssen Telekommunikationsanbieter speichern, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS muss auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. CDU, CSU und SPD haben das Vorhaben Ende letzten Jahres trotz vielfältiger Warnungen und breiter Proteste in Deutschland umgesetzt. In der Folge haben über 34.000 Menschen dagegen Verfassungsbeschwerde erhoben. Im März hat das Bundesverfassungsgericht den Zugriff auf Vorratsdaten durch einstweilige Anordnung zunächst eingeschränkt.

 

Weitere aktuelle Beiträge

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

„Gewerkschaften müssen Schutz bieten“

Marina Weisband hat zuletzt zusammen mit Doris Mendlewitsch das Buch "Die neue Schule der Demokratie. Wilder denken, wirksam handeln." herausgegeben. Die 37-Jährige diskutiert im Gespräch mit M die Rolle von Medien und Gewerkschaften in autoritärer werdenden Staaten und wie das Geschäft mit der Aufmerksamkeit eine ungleiche Machtverteilung befördert.
mehr »

Soziale Medien: Nachbarschaft fördern

Die Ergebnisse eines Forschungsprojekts zeigen, dass und wie Soziale Medien den Zusammenhalt in Nachbarschaften fördern können. Zwar sei eine niedrigschwellige Zugänglichkeit und eine auf realen Begegnungen basierende Vertrauensebene unerlässlich, aber die Online-Kommunikation schaffe unter Umständen eine neue Qualität sozialer Nähe, so die Forschenden.
mehr »

RBB: Nach- und Neubesetzungen

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird es voraussichtlich im Herbst eine neue Leitung der Programmdirektion geben. Es gehe darum, dann die Neubesetzung mit dem eingeleiteten Konsolidierungs- und Reorganisationsprozess aufeinander abzustimmen, erklärte der RBB auf Anfrage. Damit wird es keine schnelle Nachbesetzung der Programmdirektorenstelle geben.
mehr »