Datenjagd im Internet

Eine Anleitung zur Selbstverteidigung

Einer der wichtigsten Interessen der Schriftstellerei ist die Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit nun ist auch abhängig vom Datenschutz. Mit Fragen des Datenschutzes aber wird man ganz besonders im Internet konfrontiert. Aus diesem Grunde soll an dieser Stelle ein Buch vorgestellt werden, das sich mit den Risiken des Internets auf verständliche Weise auseinandersetzt.

Sie bestellen im Internet, sagen wir, ein Buch über Rotwein. Fortan blinkt seltsamerweise auf vielen Seiten, die Sie besuchen, Werbung für erlesene Weine. Wie kann das sein? Wurden Sie beim online-Buchkauf beobachtet? Werden Sie seitdem etwa virtuell verfolgt? Und was zum Geier ist ein web-bug?

Wenn man entdeckt, daß Sie – nach dem Buch über Rotwein – das Buch „Datenjagd im Internet“ erstanden haben, dann darf befürchtet werden, daß Ihre Vorlieben künftig verborgen bleiben.

Denn „Datenjagd im Internet“ ist eine ausgezeichnete Anschaffung für Menschen, denen ein kompetenter Überblick zum Thema Datenschutz in gedruckter Form lieber ist als eine Sammlung von Info-Internetseiten.

Das Angenehme an dem Werk ist, daß es übersichtlich und ausführlich zugleich informiert. Die einzelnen Kapitel sind sowohl leicht verständlich als auch angenehm kurz gehalten. Es wird nur ein Grundwissen in Sachen Internet vorausgesetzt. Die Bedeutung von Netz-gibberish wie einem „Link“, „Host“ oder „Provider“ sollte man allerdings kennen. Dafür erfährt man die Funktionsweise des Datenaustauschs, der Identifikation und der Datenspionage. Sodann werden bestehende und in der Entwicklung begriffene Möglichkeiten zum Schutz vor den Datensammlern vorgestellt. Umfangreiche Fußnotenapparate am Ende der Kapitel mit ungezählten Linkverweisen ermöglichen einen schnellen und bequemen Einstieg in Detailfragen. Zum Beispiel zu den heimlich Kekse backenden Käfern, den unseligen web-bugs, mit deren Hilfe Firmen den Weg einer Person im Netz exakt verfolgen können.

Jedoch behandelt das Buch nicht nur das Thema Anonymität im Internet. Immer wieder nimmt es auch auf andere Datenschutzfragen auf. Vom digitalem Fernsehen bis hin zum Thema Kameraüberwachung und Gesichtserkennung, der vom Wundersamen Schily geforderten biometrischen Erfassung. Dies geschieht in sachlichem Tonfall und ohne Überdramatisierung.

Allerdings ist dies nicht unbedingt zum Vorteil dieses wertvollen Buches. Gerade weil es für Internet-Unkundigere von besonderem Interesse ist, wäre es mit kurzen Erläuterungen der wichtigen Themen Viren, Trojaner, Ports, Dialern, Firewalls usw. abgerundet worden, anstelle zusätzlich auf die komplexen Bereiche anderer Datenschutzfragen auszufgreifen. Auch der Glossar hätte umfangreicher ausfallen können. Sehr wohl aber lassen sich weitere Informationen über im Buch genannte Links finden. Zudem steht dem Leser ein gutes Schlagwortverzeichnis und eine Postadressenliste von Interessenverbänden und Datenschutzorganisationen zur Verfügung.

Dieses Buch schärft die Sinne. Es erinnert daran, daß nur wer sich wehrt sich auch beschweren darf, wenn ein staatlicher oder industrieller Überwachungsstaat entsteht. Je mehr Menschen ihre verfassungsgemäßen Pflichten als mündige Bürger wahrnehmen und gegen Datensammler und Kontrolle aufbegehren, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß er Realität wird.

Demnach: Begehren wir auf! „Datenjagd im Internet“ ist ein guter Anfang.


Christiane Schulzki-Haddouti:
Datenjagd im Internet.
Eine Anleitung zur Selbstverteidigung
rotbuch Verlag 2001, ISBN 3-434-53089-4

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Feminismus trifft Klassenkampf im Film

Das Internationale Frauenfilmfest (IFFF) wirft einen sehr außergewöhnlichen Blick auf die Arbeitswelt von Frauen im Film. Damit kommt es beim Publikum gut an und liegt voll im Trend. Denn es geht um Frauensolidarität, Antirassismus, Antisexismus und Klassenkampf. Bei der 41. Ausgabe des Festivals vom 16. bis 21. April in Köln gab es volle Kinosäle. Der Schwerpunkt der von Frauen produzierten Filme aus aller Welt lag in diesem Jahr auf dem Horrorgenre.
mehr »

Klimakiller in der TV-Werbung

Knapp ein Drittel aller Spots in TV und auf YouTube wirbt für klimaschädliche Produkte. Das verstößt gegen den Medienstaatsvertrag, wie die am 6. Mai veröffentlichte Studie „Reklame für Klimakiller“ der Otto Brenner Stiftung offenlegt. Denn der Medienstaatsvertrag untersagt explizit Werbung für „in hohem Maße“ umweltschädliches Verhalten. Die Autoren fordern von der Medienpolitik eine strengere Regulierung klimaschädlicher Werbung.
mehr »

ARD und ZDF: Offene technische Plattform 

ARD und ZDF stellen sich mit einer Open-Source-Initiative und einer gemeinsamen Tochterfirma für den Betrieb ihrer Mediatheken als Streaming-Anbieter auf dem deutschen Markt neu auf. Beide wollen künftig zentrale Komponenten arbeitsteilig entwickeln und gemeinsam nutze, teilten sie gemeinsam mit. Zugleich sollen wichtige Bausteine als Open Source anderen Dienstleistern offen stehen. Das gelte unter anderem für den Player, das Empfehlungs- und das Designsystem.
mehr »

Beitragsanpassung unter der Inflationsrate

Seit die aktuelle Empfehlung der KEF zur Beitragsanpassung vorliegt, gibt es mehrere Ministerpräsidenten, die eine Zustimmung zu einer Erhöhung kategorisch ausschließen. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren bereits geurteilt, dass sich ein Bundesland dem Vorschlag der KEF im bislang gültigen Verfahren nicht einfach so widersetzen darf. M sprach mit dem KEF-Vorsitzenden Prof. Dr. Martin Detzel über die aktuelle Debatte um die Rundfunkfinanzierung.
mehr »