Sieg für Urheber

Freier Autor wehrte sich gegen übermäßige Textveränderungen

Der Urheberrechtsstreit des GEO-Reporters und Kisch-Preisträgers Christian Jungblut gegen den Verlag Gruner + Jahr endet vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht mit einem Vergleich. Damit hat das Urteil aus der Ersten Instanz weiter Bestand. Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg hatte im Oktober 2010 geurteilt, dass G+J durch eigenmächtige Änderungen des Jungblut-Textes eine Urheberrechtsverletzung begangen habe.


Es ging um eine Reportage aus dem Jahre 2009 über Holland, Polder, Landgewinnung, Deichbrüche und neue Risiken durch den Klimawandel – „Holland unter Wasser“. Jungblut lieferte den Artikel, und was als ganz normaler redaktioneller Alltag begann, endete schließlich vor Gericht. Die Redaktion hatte Änderungen an dem Beitrag gewünscht, eine Umstellung im Aufbau wurde gefordert. Der freie Autor kam diesen Aufforderungen nach und lieferte eine zweite Fassung. Doch damit nicht genug: Die GEO-Redaktion änderte nun ihrerseits nicht nur einzelne Wörter und Sätze, sondern ganze Passagen und textete auch wörtliche Zitate neu. „Die Geschichte ist total umgeschrieben worden.“, so der Autor.
Gegen seinen Willen wurde das „neue Werk“ veröffentlicht. Jungblut klagte mit Unterstützung von ver.di und gewann vor dem Landgericht Hamburg. Dieses sah eine klare Urheberrechtsverletzung durch GEO und G+J, die „ihr Bearbeitungsrecht überschritten“ hätten. „Das Werk des Klägers stellt auf Grund des für ihn typischen Reportagestils, mit dem er sich bereits einen Namen unter anderem als Buchautor erworben hat, ein Werk von besonderer Individualität dar. Die (…) vorgenommenen Änderungen waren zur Ausübung ihres Nutzungsrechts (…) nicht mehr erforderlich.“
Ähnlich hatte schon vor gut zehn Jahren das Kölner Amtsgericht gegen den Kölner Stadtanzeiger entschieden. Mit Unterstützung der ver.di-Vorläuferorganisation IG Medien hatten die Autoren Werner Rügemer und Erasmus Schöfer gegen die Veröffentlichung eines total entstellten Artikels unter ihrem Namen geklagt. Das Kölner Gericht sprach ihnen ein Schmerzensgeld wegen Urheberrechtsverletzung und Rufschädigung zu und verurteilte den Verlag M. DuMont Schauberg zur Zahlung von 10.000 Mark. Ein Urteil mit „Buß- und Präventivcharakter“, so das Gericht.
Doch anders als der Kölner Verlag verzichtet Gruner + Jahr im Fall Jungblut nicht auf Rechtsmittel und ging in die Berufung. Vor dem Oberlandesgericht verpflichtet sich GEO nun, den Text nicht mehr zu veröffentlichen und 60 Prozent der Prozesskosten zu übernehmen. Jungblut stimmte dem Vergleich zu und damit hat das Urteil aus der ersten Instanz weiter Bestand und das Urheberrecht ist nach wie vor juristisch gestärkt – auch für freie Journalisten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »

AfD als Social Media Partei überschätzt

Eng vernetzt mit dem extrem- und neurechten Vorfeld und gezielt provozierend mit rassistischem Content: Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) in Frankfurt am Main zeigt nun aber: die Auftritte der AfD auf Social Media sind weit weniger professionell als zuletzt häufig kolportiert und es gibt deutliche regionale Unterschiede.
mehr »