Das Vorzeigeunternehmen der deutschen „New Economy“ schreibt tiefrote Zahlen und baut Personal ab
Paulus Neef, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Berliner Internet-Dienstleistungsagentur Pixelpark sagte auf der Bilanzpressekonferenz, in der Internetbranche gebe es derzeit „einen gnadenlosen Auslesewettbewerb“, bei dem nur die Stärksten überleben könnten. Dem Umsatz von 102 Millionen Mark für das Rumpfgeschäftsjahr 2000 steht ein Fehlbetrag von 30,4 Millionen Mark gegenüber. Die Bilanzierung von Juli bis Dezember 2000 war notwendig, weil der mit 60 Prozent an Pixelpark beteiligte Bertelsmann-Konzern (Gütersloh) sein Geschäftsjahr auf das Kalenderjahr umstellte.
Pixelpark wurde in diesem März zehn Jahre alt und gilt als Vorzeigeunternehmen der bundesrepublikanischen Internetwirtschaft. Beschäftigt werden weltweit 967 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon etwa 400 im Hauptsitz in Berlin und rund 160 in den sechs inländischen Niederlassungen, 132 in der Schweiz und 59 in Österreich. Im ersten Quartal des Jahres kam es in den hiesigen Standorten zu etwa 60 Entlassungen, wie Personalvorstand Peter Ostermann bestätigte. Im Rahmen des „Effizienzprogramms 2001“ soll es zu weiteren betriebsbedingten Kündigungen kommen; ebenso soll nach Ostermanns Worten das Management mit derzeit 77 Funktionen „verschlankt“ werden. Dass die Beschäftigtenzahl nicht mehr mit „etwa 1500“ angegeben wird, legt den Verdacht nahe, dass bei Pixelpark viele Scheinselbstständige beschäftigt sind und dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zugekauften Unternehmens ZLU (Zentrum für Logistik und Unternehmensplanung) nicht mehr mitgezählt werden.
Ziel des Effizienzprogramms sei es, ab 2002 in die Gewinnzone zu kommen, sagte der scheidende Finanzvorstand Jan Kantowsky, der nach Gütersloh zu Bertelsmann zurückkehrt. Nachfolgerin wird Annette Koch, die bisher Mitglied der Geschäftsleitung der Bertelsmann-Tochter mediaWays (Netzwerkdienstleistungen) war, die vor einiger Zeit an den spanischen Telekommunikationskonzern Teleffönica verkauft wurde. Pixelpark ist am Neuen Markt an der Börse Frankfurt/Main notiert. Ende März stand die Aktie bei etwa 6,50 Euro, noch vor einem Jahr stand sie bei 181 Euro. Die jüngsten Spekulationen in der Presse über Ausstiegspläne des Großaktionärs Bertelsmann wies Neef zurück. Das Bekenntnis von Bertelsmann zu Pixelpark sei ungebrochen. Dafür spreche auch, dass die Gütersloher unlängst einen Kredit über 25 Millionen Mark nach Berlin überwiesen haben.
Voraussichtlich in der ersten Maiwoche wird es bei Pixelpark zur ersten Betriebsratswahl kommen. Dann stünden im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen dem Management gewählte Belegschaftsvertreter gegenüber. Angestoßen hatte die Wahl auf Initiative einer Betriebsgruppe der IG Medien das Gewerkschaftsprojekt connexx.av, das sich neben Beschäftigten im privaten Rundfunk und in der Filmbranche auch auf Beschäftigte in der so genannten „New Economy“ spezialisiert hat („M“ berichtete). Mit eigener Internetseite und einer E-Mail-Aktion wurde für betriebliche Mitbestimmung geworben.
Anfang März kam es in der 10-jährigen Firmengeschichte erstmals zu einer Betriebsversammlung, zu der eine Gewerkschaft eingeladen hatte. Etwa 200 der 400 in Berlin beschäftigten Pixels, wie sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst nennen, nahmen daran teil und wählten nach kontroverser Debatte einen 9-köpfigen Wahlvorstand. Wille Bartz, gewerkschaftlicher Projektmanager von connexx.av hob hervor, dass die Pixels ihre „eigene Kultur der Mitbestimmung“ entwickeln müssten.