Bundesfrauenkonferenz fordert Gender in den Medien-Mainstream
Welches Fernsehprogramm wünschen sich ver.di-Frauen? In einem Forum auf der Konferenz, das sich mit der „Macht der Bilder“, die das Fernsehen tagtäglich ausübt, auseinander setzte, wurden klare Erwartungen geäußert: mehr selbstbewusste, innovative und kreative Frauen, solche, die auch Führungspositionen einnehmen und sich nicht über „ihre Männer“ definieren. Mit überholten Rollenbildern und Klischeevorstellungen soll endlich Schluss sein, und zwar in der Darstellung beider Geschlechter.
Mehr Regisseurinnen und Drehbuch-Autorinnen sollten zum Zuge kommen, damit mehr realistische Frauen- und auch Männerbilder künftig zu sehen sind, Frauen nicht immer wieder zu hilflosen Opfern, Sex-Objekten und Dummchen degradiert und Männer auf harte Kerle reduziert werden. Auf sexistische Werbung soll endlich verzichtet werden. Notwendig, so die Forderung, seien deshalb geschlechtergerecht besetzte Rundfunkaufsichtsgremien und mehr Frauen mit Entscheidungsmacht über Programme.
Im Rahmen eines einstimmig beschlossenen Leitantrages aus Bayern, der sieben frauen- und gleichstellungspolitische Bausteine für ein ver.di-Grundsatzprogramm formulierte, wurde diesen Erwartungen eine politische Plattform (Baustein VI) gegeben.
Qualitätskriterien
„Insbesondere das Medium Fernsehen“, heißt es in dem Antrag, „spielt bei der Herstellung und Konstruktion von Geschlechterbildern eine zentrale Rolle“. Medien könnten „gesellschaftspolitische Ziele von Gewerkschaften, wie die Herstellung von Geschlechterdemokratie, unterstützen oder ihnen entgegensteuern.“ Damit „Geschlechtergerechtigkeit zum Programmgrundsatz und journalistischen Qualitätskriterium wird“, werden einige grundsätzliche medienpolitische Forderungen erhoben:
- Zwingende Vorschriften in den Rundfunk- und Landesmediengesetzen müssen für eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in den Rundfunk- und Medienräten sorgen.
- Parteipolitischer Einfluss auf Rundfunkaufsichtsgremien soll zurückgedrängt werden.
- Die Gewerkschaften sollen entsprechend ihrer gesellschaftlichen Bedeutung mehr Sitze in den Rundfunkaufsichtsgremien erhalten
- Alle Mediengesetze sind auf geschlechtergerechte Programmgrundsätze und Sprache zu überprüfen.
- Die Medienkonzentration muss zugunsten größerer publizistischer Vielfalt, die auch Frauen mehr Chancen einräumt, eingedämmt werden.
- Die Gleichstellungsbeauftragten in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind zu stärken.
- Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft muss her, damit auch die privatwirtschaftlich organisierten Medienunternehmen zu Gleichstellungsmaßnahmen verpflichtet sind.
Auf der Basis neuerer Untersuchungen zum Frauen- und Männerbild im Fernsehen und anderen Medien wurden Forderungen erhoben, die auf eine Änderung der Medieninhalte zielen. So beträgt der Frauenanteil auf dem Bildschirm im Durchschnitt nur 32 Prozent, Frauen werden vorrangig Themen wie ‚Familie‘ oder ‚Soziales‘ zugewiesen, als Kommentatorin oder Expertin treten sie kaum in Erscheinung, in drei Viertel aller Medieninhalte kommen sie überhaupt nicht vor, alternative Rollenbilder sind rar, eine geschlechtergerechte Sprache gibt es kaum.
ver.di muss Bildungsangebote anbieten, die Programme und Texte unter gender- politischen Aspekten beleuchten. Mit Hilfe von Gender-training für Medienschaffende, aber auch für Zuschauerinnen und Zuschauer sowie Bildungsverantwortliche, können Nutzungsgewohnheiten sensibilisiert werden, so dass geschlechter-ungerechte Darstellungen, Klischees oder überholte Rollenbilder erkannt, eingeschätzt und Änderungen eingefordert werden können. Medien müssen Gender Mainstreaming zum Unternehmensgrundsatz machen und entsprechende Führungskräfte- und Mitarbeiterschulungen durchführen. Das Ziel ‚Geschlechtergerechtigkeit‘ gehört in Redaktionsgrundsätze, Programmplanung und Medienforschung. Nicht zuletzt sollte auch die gewerkschaftliche Zusammenarbeit mit Alternativmedien wie den „Freien Radios“, die häufig bereits gender-sensibilisiert arbeiten, verstärkt werden.
Impulsgebung
Dies alles umzusetzen, wird nicht einfach sein. Notwendig ist die Initiierung von Netzwerken und Kontaktgruppen aus Gewerkschaften, Medien, Parlamenten und anderen gesellschaftlichen Institutionen und Gruppen. Mit dem Antrag wollen die Frauen dazu auffordern, dass ver.di den gewerkschaftlichen Gender-Blick auf den Medienbereich, der so treffend auch ‚Bewusstseinsindustrie‘ genannt wird, schärft und Impulse für Veränderungen gibt. Ohne geschlechtergerechte Medien-Inhalte werden alle gewerkschaftlichen Bemühungen für Geschlechterdemokratie, konterkariert und behindert werden.