Arbeitgeber erklären Kino-Tarifverhandlungen für gescheitert

IG Medien lehnt Angebot einer Lohnerhöhung um 0,8 Prozent ab

Die Verhandlungen über einen neuen Bundes-Tarifvertrag für die über 20000 Beschäftigten der deutschen Lichtspieltheater sind in Frankfurt am Main gescheitert.Die Arbeitgeber des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF) erklärten am 18. Juni in der dritten Verhandlungsrunde das Scheitern, nachdem die IG Medien ein Angebot zur Erhöhung der Löhne und Gehälter um 0,8 Prozent als unannehmbar zurückgewiesen hatte. Der HDF lehnte zudem kategorisch Verhandlungen über die Erhöhung der Jahresleistung und die Veränderung der Ortsklassenregelung ab. Damit wird ein Arbeitskampf in der Branche immer wahrscheinlicher. Die Friedenspflicht endet am 30. Juni 1998.
Die IG Medien hatte unmittelbar zu Beginn der Verhandlungen ein Kompromißangebot vorgelegt, um einen Fortgang zu ermöglichen. Die bisherige Forderung nach einer Eingruppierung aller Kinos mit mindestens fünf Leinwänden in die höchste Tarifklasse wurde eingeschränkt auf solche Kino-Center, die insgesamt über mindestens 1000 Sitzplätze verfügen. Damit trug die IG Medien den Befürchtungen der Arbeitgeber Rechnung, kleine Kino-Center könnten die Höhergruppierung nicht verkraften. Bei der Forderung nach einer Anhebung der Jahresleistung auf die Höhe eines Monatseinkommens bot die IG Medien einen moderaten Stufenplan an, der erst im Jahr 2001 die volle Zahlung vorsah. In diesem Jahr wären nur 35 %, 1999 50 % und 2000 75 % fällig geworden. Gleichzeitig verlangte die IG Medien die Rücknahme aller Forderungen des HDF nach Einschnitten in den bisherigen Tarifvertrag und bot an, über das Volumen einer einheitlichen Erhöhung aller Stundenlöhne zu verhandeln. Bislang hatte die IG Medien eine Erhöhung einheitlich um eine Mark gefordert.
Die Arbeitgeber erklärten sich lediglich dazu bereit, ihre Forderungen nach einer Verschlechterung des Tarifvertrags zurückzunehmen und die Einkommen um 0,8 Prozent zu erhöhen. Dies wurde von der Verhandlungskommission der IG Medien als Provokation empfunden; ein Abschluß in dieser Größenordnung hätte eine Erhöhung der Stundenlöhne um lediglich 8,5 bis 13,9 Pfennige bedeutet. Angesichts des Kino-Booms, der den Lichtspieltheatern derzeit die Kassen füllt, erwarten die Kino-Beschäftigten, die überwiegend zu Stundenlöhnen zwischen elf und fünfzehn Mark arbeiten, eine kräftige Erhöhung, die die positive Entwicklung in der Branche widerspiegelt. Erst am Vortag hatte die Flebbe-Gruppe, die vor dem Gang an die Börse steht, eine Verbesserung des Betriebsergebnisses im abgelaufenen Geschäftsjahr um 37,3 Prozent verkündet. Auch der Marktführer Ufa meldete für 1997 ein überproportionales Wachstum. 1998 setzten sich die positiven Entwicklungen fort.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »

AfD als Social Media Partei überschätzt

Eng vernetzt mit dem extrem- und neurechten Vorfeld und gezielt provozierend mit rassistischem Content: Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) in Frankfurt am Main zeigt nun aber: die Auftritte der AfD auf Social Media sind weit weniger professionell als zuletzt häufig kolportiert und es gibt deutliche regionale Unterschiede.
mehr »