Kontakthof Journalisten-Netzwerk

Ein „Daten-Lagerfeuer“ als Gravitationszentrum für die Profession

Für Journalisten sind Kontakte unentbehrlich. Ob beim Recherchieren oder beim Vermarkten von Beiträgen, stets ist es hilfreich, die richtigen Leute zu kennen. Längst spielt das Internet dabei eine bedeutende Rolle. Und so verwundert es nicht, wenn Journalisten in web-basierten Netzwerken vornehmlich in Internet-Foren und über Mailing-Listen neue Kontakte knüpfen. Honorarempfehlungen, Recherchetipps oder Informationen über offene Stellen runden das Angebot solcher virtuellen Netzwerke ab.

Die Voraussetzungen für einen Erfahrungsaustausch via Internet sind heute wesentlich besser als noch vor zehn Jahren. Damals war der Weg ins Internet nur etwas für die Computer-Freaks unter den Journalisten. Eine E-Mail-Adresse auf der Visitenkarte im Jahre 1993 lieferte selbst in Journalistenkreisen genug Stoff für eine abendfüllende Diskussion über das Wieso und Warum. Und so zählte das erste deutsche Journalisten-Netzwerk namens JoNet vor zehn Jahren gerade einmal 30 Mitglieder. Heute gehört der E-Mail-Account zur Standardausstattung von Journalisten und www.JoNet.org ist auf über 2.200 Mitglieder angewachsen. JoNet-Gründungsmitglied Jochen Wegner spricht von einem „Daten-Lagerfeuer“, das sich zu einem Gravitationszentrum für die Profession entwickelt habe. Insbesondere freie Journalisten lernten das JoNet schätzen. Denn anders als die festangestellten Kollegen können Freie nicht mal eben den Kollegen im anderen Büro um Rat fragen, wenn sie selbst nicht mehr so recht weiterkommen. Eine Mail ans JoNet reicht aus, um dieses Manko wettzumachen. Und der Kommunikationsbedarf ist enorm. Ein Archiv hält die täglich mehr als 50 Mails der Mitglieder an das Netzwerk fest und ist für die registrierten Nutzer der kostenlos erhältlichen Mailingliste unbegrenzt einsehbar. Der Netzwerk-Öffentlichkeit verborgen bleiben lediglich die unter den Mitgliedern ausgetauschten privaten Mails. So braucht niemand zu befürchten, dass sein Lebenslauf öffentlich wird, wenn er auf ein im JoNet verbreitetes Stellenangebot reagiert.

Mitmachen lohnt sich

Vertraulichkeit ist auch anderen Journalisten-Netzwerken wichtig. Ein eigens für Nachwuchsjournalisten konzipiertes Netzwerk namens www.JungeJournalisten.de unterscheidet ebenfalls zwischen einem öffentlichen und einem lediglich Mitgliedern vorbehaltenen internen Bereich. Für Studenten, Praktikanten und Hospitierende bei den verschiedensten Medien ist der interne Bereich ein Muss, werden doch hier im Forum wertvolle Insidertipps zu den Themen Aus- und Weiterbildung sowie Recherche gegeben. Um in dem ebenfalls kostenfreien Netzwerk mitmachen zu können, muss lediglich der Nachweis journalistischen Arbeitens erbracht werden, was am besten durch Einsendung einer Arbeitsprobe erfolgt. Dies ist deshalb nötig, weil Netzwerke von der Mitarbeit ihrer Mitglieder leben. Ohne jeglichen Bezug zur Medienszene ist das aber nur schwer möglich.

Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen, denn Mitmachen kann sich lohnen. Die Journalisten Alexander Häntzschel und Thomas Rebbe führen ihre derzeit gute Auftragslage maßgeblich darauf zurück, dass sie neben dem Netzwerk „JungeJournalisten“ auch die Webseite www.Journalistenlinks.de gebaut und so ihr Engagement bewiesen haben. Auch in Sachen Auslandsrecherche kann sich ein aktives Netzwerker-Dasein lohnen. Schließlich gibt es mit www.Journalists-network.org ein international ausgerichtetes Netzwerk, das regelmäßig Recherche-Reisen zu günstigen Konditionen anbietet. Carsten Wieland ist Vorsitzender dieses Netzwerks und macht keinen Hehl daraus, wie wichtig ihm aktive Mitglieder sind. „Wer bei uns mitmacht, wird auch eher auf Recherche-Reisen mitgenommen“, schildert Wieland die Vergabepraxis bei den begehrten Auslandsreisen nach Israel, die Türkei oder Ost-Europa. Möglichkeiten zum Mitmachen dürften geneigte Journalisten zuhauf finden. Denn neben den Reisen organisiert das Netzwerk verschiedene Vortragsveranstaltungen, die von im Hintergrund wirkenden Projektgruppen vorbereitet werden.

Für mehr Recherche

Auf aktives Tun setzt auch die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. Unter www.netzwerkrecherche.de ist zu erfahren, dass dieses Netzwerk sich als Lobby für den in Deutschland vernachlässigten investigativen Journalismus versteht. So organisiert dieses Netzwerk ebenfalls eine Reihe von Veranstaltungen, Seminaren und ein jährlich stattfindendes Jahrestreffen. „Da finden sich genügend Baustellen, um mitzumachen“, betont Thomas Leif vom Netzwerk Recherche. Mit einem Recherchestipendium richtet sich das Netzwerk an alle Journalisten mit einem guten Thema, dessen Umsetzung bislang nur daran gescheitert ist, das die Recherche zu kostspielig ist. Das Stipendium wird indes unabhängig von einer Mitgliedschaft im Netzwerk Recherche vergeben. Insbesondere Berufskollegen ohne Kontakte zu namhaften Medien können von diesem Programm profitieren. So konnte Lutz Mükke als Empfänger des ersten Recherche-Stipendiums seinen Beitrag gleich als Dossier in der Wochenzeitung „Die Zeit“ unterbringen.

Die Zahl der Journalisten-Netzwerke wird immer größer. JourWeb.de, Journalismus.com oder european-journalists.net als die jüngste Gründung eines solchen Netzwerks sind alle einen Blick wert. Das weiß auch Gunter Haake von www.Mediafon.net. Der Leiter des von ver.di aufgelegten Projekts zur Beratung von Selbständigen erzählt, dass die Mediafon-Berater regelmäßig die verschiedenen Netzwerke im Internet besuchen, um zu sehen, wo der Schuh drückt. Schließlich werden neben allen handwerklichen Fragen immer wieder auch berufs- oder arbeitsrechtliche Fragen in den verschiedenen Foren diskutiert. Themen, die zur ureigensten Materie einer Gewerkschaft gehören. Deshalb kündigt Veronika Mirschel, Bundessekretärin für Selbstständige bei ver.di, noch für diesen Herbst ein Selbstständigen-Netzwerk an.

Wenn es so weit ist, werden die Journalisten-Netzwerke wohl mit als erste davon erfahren. Denn über gute Neuigkeiten reden auch Netzwerker immer noch am liebsten.

 

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