Freie haben besondere Anforderungen an die IG Medien
„Freien-Agentur: Was gibt’s? Was bringt’s? Was kann die IG Medien machen?“ war das Thema einer Arbeitstagung der IG Medien Nord am 6. März 1999 (siehe auch M 1-2/99).
Erreicht wurde mit der Veranstaltung in Hamburg zumindest, daß Vertreter verschiedener Projekte überwiegend aus dem journalistischen Bereich erstmals zusammentrafen und ihre Erfahrungen austauschen konnten.
Das Resümee am Ende der Tagung aber war eher verhalten. „Die Euphorie in der Agentur-Diskussion unter Freien ist abgeebbt“, faßte ein Teilnehmer unwidersprochen zusammen. Wobei mit Freien hier in erster Linie freie Textjournalisten gemeint sind. Das bewährte Modell Fotoagentur, das Rolf Nobel von VISUM vorstellte, läßt sich auf den Wortbereich kaum übertragen und verändert sich auch im Fotobereich hin zu Full-Service-Bildarchiven. Doch bot die Tagung auch für schreibende Freelancer interessante Ansatzpunkte, um künftig ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Zwar ist das Internet heute noch nicht der Marktplatz, auf dem Redaktionen ihre Artikel einkaufen und zu Autoren Kontakte knüpfen, doch gilt es für Freie, nicht die Entwicklung zu verpassen, sondern von vornherein mitzumischen.
Neue Entwicklungen nicht verpassen
Das Unternehmen ComBox ermöglicht Freien für die Mehrfachvertung eine technische Basis, um direkt in die Redaktionssysteme der Abnehmer zu liefern. Online-Artikelbörsen wie „Der VENT“ bieten bereits heute eine kostenlose Möglichkeit für den Einstieg. Und die Portfolio-Präsentation des Fotografenverbandes FreeLens im Internet, das nicht nur hervorragend gemacht ist, sondern mittlerweile auch von Auftraggebern zur Kontaktaufnahme genutzt wird, weckt Begehrlichkeiten von IG Medien-Mitgliedern gegenüber ihrer Gewerkschaft.
Mit ihrem hausbackenen Internetauftritt präsentiere die sich nicht gerade als Mediengewerkschaft, wurde kritisiert und erfülle nicht die von Freien erwartete Servicefunktion. Mehr Geld für Professionalität und Aktualität sei nötig. Service wird von der Gewerkschaft auch durch Honorarspiegel und Vertragssammlungen erwartet, damit sich Mitglieder, für die kein Tarifvertrag gilt, schnell einen Überblick verschaffen können. Hier ist die IG Medien bereits auf dem richtigen Weg mit dem Honorarspiegel im Printbereich oder der KNÜLL-Kartei des Schriftstellerverbandes für Übersetzer, die Gertraude Krüger vorstellte.
Keine dju-Agentur
Niemand auf der Tagung erwartete hingegen – wie in der Diskussion der letzten Jahre öfter gefordert – von der IG Medien die Gründung oder Unterstützung von gewerkschaftlichen Agenturen zur Verbesserung der Vermarktungsbedingungen. Daß kleine, profilierte Zusammenschlüsse von Journalisten in diesem Feld erfolgreich agieren können, berichtete in Hamburg Detlef Borchers von „Cartell Visuell“. Der wöchentliche E-Mail-Rundbrief an Tageszeitungsredaktionen beschert sieben in ganz Deutschland verstreuten Freien ohne viel Aufwand regelmäßige Zweitverwertungshonorare für Artikel zu Computerthemen.
Dennoch haben Freie viele spezifische Anforderungen an ihre Gewerkschaft. Würden diese nicht erfüllt, werde es zu Zusammenschlüssen außerhalb der IG Medien kommen, meinte IG-Medien-Mitglied und FreeLens-Mitgründer Rolf Nobel. Gerade angesichts des Zusammenschlusses mit anderen Gewerkschaften sollten Freie sich in der IG Medien zu einer Sparte zusammenfinden, um die Vorteile einer großen Organisation mit denen einer effektiven, mitgliedernahen Interessenvertretung zu bündeln.