Ehrenamtliche und hauptamtliche Gewerkschafter organisieren Betriebsratswahlen in Freiburger Filmtheatern
Daß die Kinobranche ein zur Zeit schwer umkämpfter Markt ist, dürfte sich herumgesprochen haben. Daß die Unternehmen ihren Wettbewerb und Aktiengänge auf dem Rücken der Beschäftigten austragen, weniger. Auf verbandlicher Ebene blockieren sie seit Jahren wichtige strukturelle Veränderungen des Bundestarifvertrages Kino, d.h. Tariflöhne von zur Zeit DM 11,90 bis DM 14,13 in den ersten zwei Jahren Berufstätigkeit, die gesetzlichen vier Wochen Urlaub und die 40-Stunden-Woche. In den Betrieben wird diese Praxis fortgesetzt – von der mangelnden Umsetzung geltender Gesetze bis zur eigenen Lesart des Bundestarifvertrages. Schluß damit, sagten sich ca. 150 Beschäftigte der Filmtheater in Freiburg und wählten ihre Betriebsräte.
Im Frühjahr 1998 organisierte eine Handvoll von Beschäftigten des CinemaxX Freiburg ihre Betriebsratswahlen. Begleitet wurde diese Wahl durch die Entlassung von zwei Wahlvorständen. Dank des Bezirkssekretärs Franz-Xaver Faißt, der Presse- und Hörfunkberichte sowie der Beschäftigten vor Ort – von einem wilden Streik war sogar die Rede – mußten die Gewerkschaftsmitglieder wieder eingestellt werden. Der fünfköpfige Betriebsrat wurde gewählt und vertritt jetzt die Interessen von ca. 90 Beschäftigten.
Für die Gewerkschafter im CinemaxX Freiburg steht dabei, neben der Betriebsratsarbeit, auch die Organisation von Interessen der Beschäftigten in den anderen Filmtheatern Freiburgs im Mittelpunkt. So setzten sie sich Ende 1998 in ihrer Freizeit mit dem Bezirkssekretär zusammen, wählten Kinos aus, schrieben und verteilten Flugblätter, stellten Kontakte zu den Beschäftigten her. Gut zwei Monate nach der ersten Aktion meldeten sich einige Beschäftigte der UFA bei dem Bezirkssekretär und wollten einen Betriebsrat gründen. Die hauptamtlichen und die ehrenamtlichen Gewerkschafter organisierten die Betreuung des Wahlvorstandes. Im März 1999 war es dann soweit, die ca. 60 Beschäftigten des UFA-Palast und des UFA-Arthouse „Harmonie“ wählten ihren fünfköpfigen Betriebsrat.
Dabei gab es keine Konkurrenz unter den Beschäftigten, im Gegenteil: Die Kolleginnen und Kollegen des CinemaxX Freiburg sprachen sich zu keiner Zeit gegen ein Engagement ihrer Betriebsräte und Gewerkschafter für die Beschäftigten anderer Kinos aus. Sie begrüßten sogar diese Vorgehensweise ihrer Betriebsräte und forderten sie dazu indirekt auf.
Daß dieses Engagement der ehrenamtlichen Gewerkschafter und Betriebsräte nicht selbstverständlich ist, zeigt sich schon an der Tatsache, daß die Verhandlungen über soziale Standards und übertarifliche Leistungen zwischen den Betriebsräten und den Unternehmensleitungen mit der angespannten Wettbewerbssituation abgelehnt oder verzögert werden. Es wird zudem versucht, die Beschäftigten der einzelnen Unternehmen und Standorte gegeneinander auszuspielen. Die Forderung der Beschäftigten nach mehr Lohn wird mit dem Hinweis auf die angespannte Wettbewerbssituation vor Ort abgelehnt. Im Gegenzug wird von den Beschäftigten und Betriebsräten Stillhalten und Gehorsam für ihren Verdrängungswettbewerb eingefordert. Die Interessen der Beschäftigten sollen dem Share-Holder-Value und den Fehlplanungen der Unternehmen in den Innenstädten und auf den grünen Wiesen der Suburbs untergeordnet werden.
Wer denkt, er könnte die berechtigten Interessen der Beschäftigten in den Filmtheatern für die einzelnen Unternehmensziele mißbrauchen, um einen Keil zwischen die Solidarität der Beschäftigten zu treiben, hat sich getäuscht. Unsere Stärke ist die Zusammenarbeit von Gewerkschaft und Betriebsräten vor Ort sowie die Solidarität zwischen den Beschäftigten – wie in Freiburg.