Hannover: Qualität und Quote

Neue Veranstaltungsreihe in Hannover: Medien in der Demokratie

Kann die Quote ein Qualitätsmerkmal für das öffentlich-rechtliche Fernsehen sein? Unter dem Motto: „Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen“ wurde darüber in der ersten Veranstaltung des „Medienpolitischen Forums Hannover“ diskutiert, einem Zusammenschluss von ver.di, IG Metall, DGB und verschiedenen Bildungsträgern.

Gerd Nies, ehemaliger stellvertretender ver.di-Vorsitzender und Mitglied im Verwaltungsrat des ZDF bezeichnete die Einschaltquote sogleich als schlichtweg nicht brauchbar und sozialwissenschaftlich nicht haltbar, entscheidender sei vielmehr die Akzeptanz des Publikums. „Die Quote ist ein Instrument für die Werbewirtschaft, sie ist auch ein Instrument der Kommerzialisierung, was natürlich auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk greift“, betonte der Gewerkschafter. Als Nachweis für Qualität sei sie erst recht nicht geeignet, wie z. B. die qualitativ minderwertigen Volksmusik-Sendungen mit ihren hohen Einschaltquoten belegen würden.

Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Jobst Plog verteidigte dagegen seinen Standpunkt, er müsse auch auf die Quote achten. Die ARD versuche deshalb, eine Doppelstrategie zu fahren und massenattraktive Programme mit anspruchsvollen Sendungen zu kombinieren. „Die Doppelstrategie schützt Qualitätsangebote vor der Marginalisierung“, lautete die Argumentation des ARD-Chefs. Auf Vorhaltungen aus dem sachkundigen Publikum der gut besuchten Podiumsdiskussion, man müsse die Zuschauer auch an hochwertige Kulturangebote gewöhnen, entgegnete er, das funktioniere eben nicht, die Leute würden dann einfach weg schalten, wie der marginale Zuschauer-Anteil von 0,6 % bei arte belege.

Vor allem mehr „Widerborstigkeit“ in den öffentlich-rechtlichen Programmen verlangte Gerd Nies. In der sonntäglichen Talkshow von Sabine Christiansen beispielsweise würde nur „der Mainstream des herrschenden Denkens ohne Widerspruch“ abgebildet. Damit verfehle das öffentliche Fernsehen seine Aufgabe, nicht nur Abbild der Gesellschaft zu sein, sondern diese auch zu reflektieren. Für Jobst Plog dagegen eröffnet gerade diese populäre Talkshow vielen Zuschauern einen Zugang zur Politik, den sie sonst nicht besitzen.

Die weitere Diskussion entspann sich an der Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich dem privaten immer mehr annähere und damit verflache. Das wurde von beiden Gesprächspartnern einmütig verneint, auch wenn Nies die zunehmende Formatierung in Hörfunk und Fernsehen beklagte, was oft zulasten des Inhalts gehen würde. Natürlich werde man auch durch die Privaten beeinflusst, meinte Plog, die Konkurrenz habe aber keineswegs zu einer Verflachung des Programms geführt. Das kritische Publikum ließ sich von diesem Statement des ARD-Mannes allerdings nicht überzeugen.

Die nächste Veranstaltung des „Medienpolitischen Forums Hannover“ soll im Herbst statt finden. Unter dem Titel „Inszenierte Politik – verantwortungsvolle Berichterstattung? Mit beiden Augen sieht man besser!“

 

Weitere aktuelle Beiträge

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »

ARD schützt ihre Inhalte vor KI

Die ARD hat ihren Umgang mit Anbietern von KI geändert. Seit Ende Mai dürfen Unternehmen wie etwa Open AI, Perplexity oder Google (Gemini) Inhalte aus den Online-Angeboten der ARD nicht mehr nutzen, um damit ihre KI-Systeme zu trainieren. Das bestätigte der Senderverbund auf Nachfrage. Die ARD hat nun in ihre Webseiten einen sogenannten maschinenlesbaren Nutzungsvorbehalt technisch eingebaut. Damit wird KI-Crawlern signalisiert, dass sie die Inhalte dieser Angebote nicht verwenden dürfen.
mehr »

DGB-Preis: Highlight bei Filmfestival im Norden

Der Bürgermeister von Emden wählte große Worte. „Manche behaupten ja, Emden sei das Cannes des Nordens“, sagte Tim Kruithoff bei der Preisverleihung des 35. Filmfests Emden-Norderney. Für die 21 000 Besucher*innen war das Festival auf jeden Fall ein bemerkenswertes Event.
mehr »

Rechtes Rauschen im Blätterwald

Ob Neuerscheinungen, Zusammenlegungen, Relaunches oder altgediente rechte Verlage: Was die Periodika der Neuen Rechten, ihrer Parteien, Organisationen oder auch einflussreicher kleinerer Kreise anbetrifft, lässt sich gerade angesichts des rechtspopulistischen Aufschwungs der letzten etwa 20 Jahre viel Bewegung ausmachen.
mehr »