Kopf hoch, Kreuz gestrafft, Urheber!

Entwurf zur Neufassung des Urhebervertragsrechts

„Goldig wird es den Urhebern weiterhin nicht gehen, aber besser“, schätzt der Frankfurter Richter und Professor Ulrich Loewenheim gegenüber „M“ und „Kunst&Kultur“ die Aussichten, wenn denn das neue Urheberrechtsgesetz, wie geplant, im Jahr 2001 wirksam wird.

Loewenheim und vier Experten-Kollegen – die Professoren Adolf Dietz, Gerhard Schricker (beide München), Wilhelm Nordemann (Potsdam) und Doktor Martin Vogel, Richter am Bundespatentgericht München – stellten am 22. Mai in Berlin ihren Entwurf eines Gesetzes „zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vor. Sozusagen ehrenamtlich und im Dienst der Sache. Gebeten von Berlins Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, die damit klug und vor allem effizient Defizite, Knebelverträge und juristische Ungereimtheiten als Bürden von Künstlern und Journalisten ausräumen will. Ihr geht es „um die Stärkung der Innovativen und der Kreativität“.

Löblich, wie erneut die Halde zwingend notwendiger Reformen angegangen wird, im Fall des Urheberrechts gärt Missmut nun schon seit Jahrzehnten, getrieben von immer drakonischeren Praktiken expandierender Medien-Konzerne. Wer für seine Rechte stritt unter den Urhebern, fand und findet sich nicht nur auf der immer schwächeren Seite, sondern sogar auf „Schwarzen Listen“ wieder. Dabei war ja der Ansatz aus dem Jahr 1965 nicht mal der schlechteste, nur eben durch ein sich ständig verschiebendes Kräfteverhältnis inzwischen völlig überholt. Wobei überdies bedacht werden sollte, dass im Medienstandort Deutschland die Urheber-Industrie ihren Anteil am Bruttosozialprodukt von 3,5 in den 80er Jahren auf derzeit fünf Prozent steigerten.

Was Urheber längst wussten, die IG Medien zum Versuch einer Interessenbündelung ihrer Mitglieder via Postkarten-Aktion veranlasste, bestätigten die fünf Rechtsexperten in Berlin auch schriftlich als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen zur Gesetzesnovelle: „Bei der Vermarktung ihrer Produkte sind sie (die Urheber: Anm. der Redaktion) deshalb meist darauf angewiesen, für sie nachteilige Vertragsbedingungen zu akzeptieren, die ihnen keinen angemessenen Anteil an dem aus der Vermarktung ihres Werkes oder ihrer Leistung gezogenen wirtschaftlichen Früchten sichert.“ General-Ziele der fünf Wissenschaftler: 1. Eine angemessene Vergütung; 2. der Schutz von Werken.

Doch zwingende Vorschriften wird es wegen der Vielfalt, ja, des Dschungels von Vertragsverhältnissen auch künftig nicht geben, stufen die Urheberrechts-Experten die Erwartungen zurück. – Sie favorisieren statt dessen „zusätzliche Mindeststandards“ für besondere Sende-, Verlags- und Verfilmungsverträge. Das liest sich zunächst ziemlich lau und riecht nach viel Arbeit für die Interessenverbände der Urheber. Ins bessere Licht gerückt, wird die Angelegenheit jedoch dadurch, dass das Münchner Patentamt als Schiedsstelle fungieren soll.

Das wird durch eine Reihe präziser Vorschläge fassbar. So durch einen gesetzlichen Vergütungsanspruch, auf den nicht verzichtet werden kann. Dann durch angestrebte Gesamtverträge. Und zum Beispiel durch die beabsichtigte Neufassung des Paragraphen 29: „Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben (. . . ) übertragen“ – Extrem bedeutsam auch die Änderungen für den Paragraphen 31, wo es künftig heißen soll: „Die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten sowie Verpflichtungen hierzu sind unwirksam. Bekannt ist eine Nutzungsart, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses technisch realisierbar ist und sich aus Sicht beider Vertragspartner als wirtschaftlich bedeutsam darstellt.“ Angestrebt werden, so Adolf Diez, „arbeitnehmerähnliche Verträge im Sinne des Tarifrechts“.

Höhere Hürden fürs Buy-Out, wozu die anvisierte Gesetzeskraft einer „Angemessenen Vergütung“ (¤ 32), der „Weiterwirkung von Nutzungsrechten“ (¤ 33) und vor allem die zeitliche Begrenzung von Urheberrechtsverträgen auf 30 Jahre beitragen. Der Künstler wird sich mit seinen Rechten also nicht mehr zeitlebens dem Verwerter verpflichtet haben wie seinerzeit Faust dem Mephisto. Er bekommt urheberrechtlich eine „zweite Chance“. Doch – Pakt hin und Pakt her – es bleiben Wünsche offen: Zu Zeiten einer sich rasant entwickelnden Medientechnologie und einer ebenso schnell sich neugruppierenden globalen Konzernlandschaft ist das Recht des Urhebers das Papier nicht wert, auf dem seine Unterschrift steht. Die Rechtsexperten der IG Medien monieren schon jetzt, dass etwa eine Urheberfrist von 30 Jahren den Verwertern bei allen Sicherungsklauseln für die Kunstschaffenden nach wie vor durchaus sittenwidrige Möglichkeiten einräumen könnte. Die Frist von dreißig Jahren sei da viel zu lang. Aber auch schon diesen Gesetzesentwurf werden die Verwerter eher zerbeißen als schlucken. Während er dem Künstler allenfalls ein paar tausend Mark bringt, verlieren die Verwerter hunderttausende. „Die Buy-Out-Praxis haben wir mit dem neuen Urheberrechtsentwurf längst nicht vom Tisch“, bekennt Ulrich Loewenheim.

Stützen Sie deshalb mit Ihrer Postkarte an Herta Däubler-Gmelin* – falls noch nicht geschehen – das Reformwerk des Bundesjustizministeriums. Es ist in Ihrem Interesse. „Jetzt wird’s ernst“. So Däubler-Gmelins abschließender Kommentar.


  • Der Gesetzesentwurf kann im Internet des Justizministeriums eingesehen werden: http://www.bmj.bund.de* Die Postkarte war M 5-6/2000 beigeheftet – mit einer ausführlichen Darstellung der nötigen Forderungen zum neuen Urhebervertragsrecht.

 

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