Radiosiegel verliehen

Auszeichnung für Qualität in der Ausbildung

Erstmals sind drei private Rundfunksender für ihre vorbildliche Ausbildung von Volontären mit dem Radiosiegel ausgezeichnet worden. Mit dem Ziel, auch andere Radiomacher zu mehr Qualität in der Ausbildung anzuspornen.

Um es vorweg zu sagen: Mit der journalistischen Ausbildung von Volontären beim Privatrundfunk ist es nicht weit her. „Das Programm wird flacher und kommerzieller“, kritisiert Andreas Fauth von der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Rundfunkredaktionen (aer). Selbst die oft belächelten Minibeiträge von anderthalb Minuten würden häufig ersetzt durch „O-Tönchen“ und so genannte on Air Promotion, also Eigenwerbung des Senders. Fragt sich allerdings, ob Nachwuchsjournalisten künftig noch in der Lage sein werden, Interviews zu führen, gründlich zu recherchieren oder einen gebauten Beitrag zu produzieren, sprich: ein Hörstück mit Text, O-Tönen und Atmos, wenn das nicht mehr verlangt wird.
Weil „Privatradio auch Inhalte braucht“ und nicht nur Quote, hat die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Rundfunkstationen Radiomacher, Hörfunkausbilder, Journalisten und Radioberater an einen Tisch geholt. Gemeinsam haben sie eine Checkliste entwickelt, wie gute Ausbildung im Privatradio aussehen soll. Die soll im Kern journalistisches Handwerk vermitteln, Umgang mit Technik, journalistische Ethik, Fach- und Branchenwissen.

„Anspruchsvolle Kriterien“, sagt Fauth. Die seien neben den üblichen Startschwierigkeiten bei der erstmaligen Verleihung einer Auszeichnung ein Grund, warum sich trotz bundesweiter Bekanntmachung nur sieben Sender auf das Radiosiegel beworben hätten, sechs davon aus Nordrhein-Westfalen. Allerdings bewarben sich nicht die Sender, sondern die Volontäre selbst durften ihre Arbeitgeber für das Radiosiegel vorschlagen. Ein ungewöhnliches Verfahren, gibt Fauth zu. Er traue den Auszubildenden jedoch durchaus ein eigenes Urteil zu. Das allerdings noch einmal überprüft wird. Einzelne Jurymitglieder besuchten die privaten Rundfunksender und verschafften sich selbst ein Bild über die Qualität der Ausbildung. Und stießen mitunter auf fragwürdige Ausbildungsinhalte. So erstellte eine Volontärin regelmäßig einen so genannten Gesundheitstipp im Auftrag des evangelischen Krankenhauses. Zwar ist der Tipp als Sponsor-Beitrag kenntlich gemacht. Aber redaktioneller Inhalt und Werbung seien nicht sorgfältig genug getrennt. Ethisch bedenklich, urteilte die Jury. Damit kam der Sender für die Verleihung des Radiosiegels nicht in Frage.
Mit dem Radiosiegel, das von den Landesmedienanstalten Hessen und Baden-Württemberg finanziert wird, dürfen sich künftig die Sender Radio Erft, Radio RST und Radio Wuppertal schmücken. Sie zeichnen sich durch professionelle Betreuung anhand eines detaillierten Ausbildungsplans, durch überbetriebliche Ausbildung und durch eine angemessene Vergütung aus.

Michaela Böhm, für die dju in der Jury

Die Jury des Radiosiegels

Eine hochkarätige Jury hat die drei Preisträger ausgewählt. Ihr gehören an: Radiomacher wie Patrick Lynen, Ausbilder wie Professor Bernd-Peter Arnold (Universität Mainz) und Oscar Tiefenthal (evangelische Journalistenschule in Berlin), gestandene Journalistinnen und Journalisten wie Michaela Böhm und Volker Hummel sowie Dr. Angela Frank als Vertreterin der Landesmedienanstalten.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Medienhäuser müssen Journalisten schützen

„Die Pressefreiheit ist auch in Deutschland zunehmend bedroht”, kritisiert die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di, Tina Groll, zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die dju in ver.di verzeichne mit großer Sorge eine wachsende Anzahl der Angriffe, die die Gewerkschaft für Medienschaffende in einem internen Monitoring festhält.
mehr »

Spanien: Als Terrorist beschuldigt

Der katalanische Investigativjournalist Jesús Rodríguez hat Spanien verlassen, um ins Exil in die Schweiz zu gehen. Ihm wird von Ermittlungsrichter Manuel García-Castellón die Unterstützung terroristischer Akte vorgeworfen. Die Schweiz sieht im Vorgehen der spanischen Justiz gegen den Katalanen einen „politischen Charakter“.
mehr »

Preis für behinderte Medienschaffende

Zum zweiten Mal schreibt in diesem Jahr die gewerkschaftsnahe Otto Brenner Stiftung zwei Preise und Stipendien für Journalist*innen mit Behinderung aus. Damit soll „ein klares Signal für die Förderung von Diversität als unverzichtbaren Wert in unserer demokratischen Gesellschaft“ gesetzt werden, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung. 
mehr »

KI darf keine KI-Texte nutzen

Die Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der KI im eigenen Metier wird Journalist*innen noch lange weiter beschäftigen. Bei der jüngsten ver.di-KI-Online-Veranstaltung ging es um den Anspruch an Gute Arbeit und Qualität. ver.di hat zum Einsatz von KI Positionen und ethische Leitlinien entwickelt. Bettina Hesse, Referentin für Medienpolitik, stellte das Papier vor, das die Bundesfachgruppe Medien, Journalismus und Film zum Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz im Journalismus erarbeitet hat.
mehr »