Ein leises Kammerspiel über den Mikrokosmos Familie
Familienfeiern verlaufen nicht immer nach Plan. Umso größer die Erwartungen, desto größer oftmals die Enttäuschungen. Kaum treffen Geschwister aufeinander, die sich längere Zeit nicht gesehen haben, schon treten lange totgeschwiegene Konflikte auf.
Auch Iris, Anne und Marianne geben sich vor der Kamera harmonischer und lebensfroher als sie es eigentlich sind. Das Foto ist schließlich als Geburtstagsgeschenk für ihre Mutter bestimmt, und die soll von dem Herzenskummer ihrer Töchter verschont bleiben. Ein schwermütiger Schwesternfilm muss hier gleichwohl nicht befürchtet werden. Denn anders als in den erdenschweren Dramen eines Ingmar Bergman würzt Franziska Meletzky ihre Tragikomödie um Ambivalenzen unter Geschwistern, symbiotische Mutter-Tochter-Beziehungen und die unergründbaren Irrungen und Wirrungen der Liebe auf subtile Weise mit pointenreicher Situationskomik.
Überraschend steht plötzlich Mutters geschiedener Mann vor der Tür, der zwar gar nicht eingeladen ist, sich aber gemeinsam mit seiner ungleich jüngeren Freundin den Geburtstagsgästen anschließt. Eifersüchteleien scheinen programmiert, doch es kommt anders: Mutter Sylvia und ihr Ex stellen fest, dass es zwischen ihnen noch heftig knistert, unterdessen hält die Nebenbuhlerin laut schnarchend ein Nickerchen.
Zu Krisen kommt es zwischen den Schwestern. Corinna Harfouch spielt Iris, die pragmatisch, beherrscht und pedantisch den gemeinsamen Haushalt mit der Mutter führt, von der sie sich nie abgenabelt hat. Als sie überraschend einen Mann kennen lernt, der ihr Avancen macht, gerät sie in Panik.
Anne ist aus anderem Holz geschnitzt. Selbstbewusst und abenteuerlustig schlägt sie sich als Rocksängerin durchs Leben und steht zu dem, was sie tut, auch wenn ihre Karriere weniger erfolgreich verläuft. Ihr zweites Album hat sich schlecht verkauft, jetzt ist sie pleite. Dagmar Manzel spielt diese kesse Biene mit Charme und Chuzpe. Ausgerechnet in ihren Schwager verliebt sie sich während der Tage, die sie in das kleine brandenburgische Nest ihrer Heimat zurückgekehrt ist, und kann einer leidenschaftlichen Affäre kaum widerstehen. Umso härter trifft die naive Marianne der Schlag, als sie von dem Seitensprung ihres Mannes erfährt, der ihr mit seiner erfolglosen Jobsuche ohnehin schon Kummer macht.
„Frei nach Plan“ ist ein unspektakuläres, leises Kammerspiel über den Mikrokosmos Familie, über die Schwierigkeit, sich seinen eigenen Weg zu bahnen und gleichzeitig Kompromisse mit den Menschen zu finden, die einem letztlich doch am nächsten stehen. Schwarze Schafe gehören ebenso dazu wie liebenswerte Macken und all die Probleme, die unsere Zeit so mit sich bringt. Der erstklassige Ensemblefilm ist bis in die kleinste Nebenrolle treffend besetzt mit wunderbaren Schauspielern. Nahezu das halbe Deutsche Theater hat sich hier versammelt und bringt vor allem die zum lachen, die Familienfeiern fürchten.
Frei nach Plan
D 2007
Regie: Friederike Meletzky,
Darsteller/innen: Corinna Harfouch, Dagmar Manzel, Kirsten Block, Christine Schorn, u.a.
90 Min.
Start: 6. März 2008