„Defending the Truth“ hieß das Motto der jetzt beendeten Tagung des European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) in Leipzig. Neben der Debatte von Fallstudien und der Vorstellung neuer Tools zur Verifizierung von Falschmeldungen und viral gesteuerten Fake-News wurde das Projekt „Lie Detectors“ vorgestellt, das sich an Kinder und Jugendliche richtet.
Die Idee dahinter: Journalist_innen gehen in Schulen und erklären Kindern und Jugendlichen, wie sie arbeiten und was seriöse Nachrichten von Fake-News unterscheidet. Projektinitiatorin Juliane von Reppert-Bismarck ist preisgekrönte Journalistin und Redakteurin in Brüssel. Die 44-Jährige berichtete aus Europa, den USA, Westafrika, dem Mittleren Osten und sogar der Arktis. Und sie engagiert sich im Global Reporting Center, das sich vernachlässigter Themen auf der ganzen Welt widmet und mit führenden Reportern und Medienorganisationen zusammen arbeitet, um lösungsorientierten Journalismus zu forcieren.
Inspiriert von ihrem 13jährigen Patenkind – das wie die meisten seiner Altersgenoss_innen regelmäßig online ist und bewegende Themen mit anderen teilt – geht Reppert-Bismarck nun „back to the roots“: „Wir müssen bei den Kindern anfangen, wenn wir die Verbreitung von Fake-News eindämmen wollen.“ Deshalb zielt das von ihr initiierte Projekt „Lie Detectors“ darauf, jungen User_innen Medienkompetenz zu vermitteln, ohne ihnen vorzuschreiben, was sie zu denken haben. „Wir wollen Kinder und Jugendliche befähigen, zu Lügendetektoren einer Online-Welt zu werden, die zunehmend von Verschwörungstheorien und Propaganda überschwemmt wird“, erklärt Reppert-Bismarck. Die Verbreitung von Fehlinformationen über Nachrichten- und Fake-News-Quellen, Vertriebsnetze und Social Media – kombiniert mit einer größeren Polarisierung durch die Mainstream-Presse – mache es aber immer schwieriger, Tatsachen von Fiktionen zu unterscheiden. „Wir wollen Kinder befähigen, fundierte Entscheidungen zu treffen, sich nicht dem Peer-Druck zu ergeben und eine eigene Weltanschauung zu entwickeln. Nur so werden sie dem wachsenden Volumen an manipulativen Medien widerstehen, die ihre Facebook-, Instagram- und Snapchat-Konten überschwemmen. Das können sie nur auf der Grundlage von Informationen, denen sie vertrauen können und die sie wirklich verstehen.“ Dazu sei es zuallererst nötig, zwischen echten News, Fakes und Fiktion zu unterscheiden zu können.
Lernen, wie sich Lügen entlarven lassen
Die Umsetzung ist simpel: Professionelle Journalist_innen gehen in Schulen und erklären, was sie tun und wie sie recherchieren. In 45- bis 60minütigen Unterrichtseinheiten geben sie einen Überblick über gefälschte Nachrichten, Methoden der Prüfung auf Fehlinformationen und erklären das Fake-News-Phänomen. Interaktive Abschnitte entsprechend der Altersgruppe helfen den Kindern zu verstehen, wie Mainstream-Medien Nachrichten auswählen und wie durch Manipulationen ein unvollständiges oder gar falsches Bild der Realität entsteht. So sollen die Schüler_innen ein tieferes Verständnis von selektivem Geschichtenerzählen, verschiedenen Sichten auf dasselbe Ereignis und eine Idee davon erlangen, wie einfach es ist, falsche Informationen zu verbreiten. „Wenn die Erkenntnis bleibt ‚check es, bevor du den Teilen-Button drückst’, ist schon viel erreicht.“
Erste Schulsessions hat Reppert-Bismarck in Belgien bereits abgehalten. Die Reaktionen sind vielversprechend: „Tage nach deiner Präsentation sprechen sie immer noch über die Dinge, die sie bei deinem Besuch gelernt haben“, so das Feedback eines Lehrers nach ihrem Besuch in einer 5. Klasse der St. John’s International School in Waterloo. Ab September sollen Journalist_innen auch in Berliner Schulen gehen, weitere Städte in Deutschland und Belgien sind in Planung.