Sparen und digital wachsen: DuMont fädelt Medienhaus neu auf
Die Herausgabe der jugendlichen Tageszeitung „Xtra”, mit der M. DuMontSchauberg (MDS) gerade überrascht, passt nicht recht zum Trend. Investiert die Kölner Mediengruppe doch aktuell eher nicht in Print. Verkündet ist eine „digitale Transformation”. Sie geht einher mit einem Sparkurs: Das Unternehmen zerstückeln, anders bündeln, Kosten senken, Tarife weiter aushebeln und Beschäftigte maximal belasten, bedeutet das bei MDS Ende September verkündeten Zukunftsprogramms „Perspektive Wachstum” im Klartext.
Bislang erfuhren Belegschaften und Betriebsräte weder Details noch belastbare Zahlen, aber so viel scheint sicher: Nachdem die Auslagerung und Zentralisierung von Querschnittsbereichen – Management, Personal, Rechnungswesen, Service, Archive, Callcenter – im Imperium läuft, zerlegt man nun die verbleibenden Einheiten weiter, gründet regionale Medienhäuser in Köln, Berlin, Hamburg und Halle /Saale.
Hamburg
In Hamburg (Hamburger Morgenpost), soll das dazu führen, dass die größte verbleibende Verlagseinheit noch neun Mitarbeiter umfasst. Bei der Morgenpost sind mindestens zehn Kündigungen bereits angekündigt, zehn Prozent der Belegschaft wären betroffen. Der Hamburger Betriebsrat will stattdessen Vorschläge zur Weiterbeschäftigung machen und kritisiert „Irrsinn” in der geplanten Content-Strategie: Verlag und Redaktion der Morgenpost sollen dem Vernehmen nach 0,5 Mio. Euro einsparen, im Gegenzug aber fast so viel für Digitaldienstleistungen zusätzlich an die MDS-Tochter DuMont Net zahlen. Rechne man die Kosten für den mittlerweile in Halle/Saale zentralisierten Anzeigenservice MZ Dialog hinzu, „überstiegen die Kosten den geforderten Einsparbetrag”.
Berlin
Der traditionsreiche Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Berliner Kurier) hört mit dem aktuellen Sparprogramm quasi auf zu bestehen. Die hauptstädtischen Tageszeitungen werden künftig in zwei eigenen Redaktions-GmbH gemacht; Vertrieb und Marketing mit 17 Beschäftigten sollen in eine weitere tariflose Gesellschaft ausgelagert werden. Die Einzelfirmen sollen sich am Berliner Alexanderplatz wie eine „Perlenkette” reihen. Betriebsratsvorsitzende Renate Gensch kritisiert das als „reines Sparprogramm” und rechnet perspektivisch mit weiteren Stellenkürzungen. Außerdem verweist sie auf Konsequenzen für Mitbestimmungsstrukturen, wenn immer weiter zergliedert wird. „Ob dennoch ein Gemeinschaftsbetrieb vorliegt, wurde uns bisher nicht beantwortet.”
Köln
Das Kölner Mutterhaus (Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau, EXPRESS) würde durch die Ausgliederung des Druckhauses mit etwa 300 Beschäftigten fast halbiert. Alle vier MDS-Druckereien sollen künftig unter dem Dach einer DuMont Druck-Holding zusammengefasst werden. Auch im Verlagsbereich rechnet der Kölner Betriebsrat mit weiterem Personalabbau. Die Herausgabe detaillierter Informationen hat er jetzt per Einstweiliger Verfügung durchgesetzt.
Alle Umfirmierungen sollen noch bis Jahresende über die Bühne, parallel läuft die „digitale Transformation” der MDS-Zeitungsmarken an. 20 Mio. Euro sollen dafür fließen, allerdings wohl überwiegend in IT-Systeme für Anzeigen und Vertrieb. Statt weiter mit dem „Printkopf” zu denken, sollen die Journalisten den Lesern und Usern künftig Nutzwert auf verschiedenen Kanälen liefern, so die Forderung. Die Verzahnung in der digitalen Medienwelt – mobil, Web, App, Video und Print – bedeute Veränderungen in Arbeitsorganisation und Produktionsstruktur, „ohne neue Stellen zu schaffen”. Bis Ende 2016 werde ein Großteil der festen und freien Schreiber „im Sinne einer konvergenten Redaktion unter den kanalspezifischen Maßgaben” an der Herstellung digitaler Produkte arbeiten, so die Zielstellung. Crossmediale Schulungen sind bisher eher für ausgewählte Beschäftigte angekündigt. In einer „Analyse- und Konzeptphase” sollen der Kölner Express und die Mitteldeutsche Zeitung in Halle/Saale bis Mitte 2015 als Modelle dienen. In der Redaktion des Kölner Stadt-Anzeigers hörte man von Szenarien, wonach die Printausgabe perspektivisch von noch sechs Redakteuren gestemmt werden soll, die zudem Dienstzeiten von 6 bis 24 Uhr abdecken sollen.
ver.di-Vize Frank Werneke kritisiert den „Schlingerkurs zulasten der Beschäftigten”, das Fehlen einer überzeugenden Strategie sowie die Gefahr weiterer Tarifflucht. Der Berliner Betriebsrat macht klar, dass das Medienhaus momentan noch 85 Prozent seiner Erlöse mit Print erziele, ganze zwei Prozent mit Online. Eine perspektivische Verschiebung der Gewichte dürfe nicht „mit einem Verlust der Qualität bei den Print-Produkten erkauft” werden. „Damit es dem Unternehmen irgendwann wieder besser geht, sollen die Beschäftigten hier und heute Verschlechterungen in Kauf nehmen”, bemängeln die Interessenvertreter der Konzernstandorte in einer gemeinsamen Erklärung (http://koeln.verdi.de/branchen-und-berufe/medien-kunst-und-industrie/dumont-schauberg). Sie fordern Verzicht auf betriebsbedingter Kündigungen und den Abschluss von Sozialplänen. Und übrigens: die hippe Kölner Werktagszeitung für junges Publikum soll von einem Redaktionsteam gemacht werden, das überwiegend aus Volontären und einem Netz freier Mitarbeiter besteht. Passt also doch ins Bild.