Traum-Schlagzeilen

Leipziger Tauben heben einen Film aus der Masse hervor

Festivaldirektor Claas Danielsen verabschiedet sich: Das 57. DOK Leipzig wird sein elftes und letztes Festival sein. Am Ende des Jahres wird er die Intendanz an die Finnin Leena Pasanen abgeben. Im Interview spricht der 48jährige über die vergangenen zehn Jahre, die Partnerschaft mit ver.di als Förderer und Preisstifter sowie persönliche Zukunftspläne.

DOK LeipzigSie haben das Festival stark geprägt, haben viel verändert. Was sind für Sie rückblickend die wichtigsten Veränderungen?

CLAAS DANIELSEN | DOK Leipzig ist nicht nur ein großartiges Festival und das älteste seiner Art in der Welt, sondern es ist auch ein Branchentreffpunkt geworden. Inzwischen reisen 1.700 Fachleute aus der ganzen Welt nach Leipzig, um sich hier zu begegnen, um neue Filmprojekte zu finanzieren und um die Filme zu vertreiben, die sie beim Festival entdecken. Sie können sich hier über neue Trends austauschen und voneinander lernen. DOK Leipzig ist einer der ganz wichtigen Treffpunkte in diesem Feld in Europa. Die Attraktivität für die Branche hat das Festival in seiner Programmqualität nachhaltig gestärkt. Zudem sind wir auch in neuen Feldern wie dem transmedialen Erzählen unterwegs. DOK Leipzig ist ein modernes Festival, das international zu den wichtigen seiner Art gehört.

Claas Danielsen Foto: Christian Hüller
Claas Danielsen
Foto: Christian Hüller

DOK Leipzig gehört wieder zur Spitzengruppe der internationalen Dokumentarfestivals. Was ist das Besondere am Leipziger Festival?

In erster Linie das hochqualitative Programm, das vielfältig und handverlesen ist. Aber es ist eben keines, bei dem ein Festivaldirektor seinen Stil durchzieht: In der Auswahlkommission diskutieren wir sehr intensiv und entscheiden demokratisch. Außerdem höre ich immer wieder von vielen Gästen aus der ganzen Welt, dass sie sich hier sehr willkommen geheißen fühlen. Sie schätzen, dass sie Kolleginnen und Kollegen in einer entspannten Atmosphäre treffen können. Das Festival ist einerseits groß und international, andererseits aber auch freundlich und familiär.

Welche Bedeutung haben die Tauben und weiteren Preise von DOK Leipzig für die Qualität und Weiterentwicklung des Festivals?

Die Goldenen und Silbernen Tauben, aber auch die anderen Preise sind immens wichtig für die Filmemacher/innen, die oftmals unter schwierigsten Bedingungen arbeiten. Die Preisgelder bilden nicht selten die finanzielle Basis für das nächste Projekt – aber auch die nicht dotierten Auszeichnungen helfen den Dokumentarfilmer/innen: Sie heben einen Film aus der Masse hervor, wecken das Interesse anderer Festivals, helfen beim Vertrieb und sind Ermutigung und Motivation, weiterzumachen.

Welchen Stellenwert hat der seit vielen Jahren erst von der IG Medien, dann von ver.di verliehene Preis für einen Film aus dem Internationalen Wettbewerb?

Dokumentarfilme und Gewerkschaften haben eine große Gemeinsamkeit: Sie sind für das Funktionieren einer Gesellschaft und der Demokratie existentiell wichtig. Es ist also kein Zufall, dass beide Seiten die Zusammenarbeit gesucht haben und immer wieder neu beleben. Besonders schön ist es für uns, die gewerkschaftliche Vertretung der Film- und Medienschaffenden als Förderer und Preisstifter an unserer Seite zu wissen. Damit leistet ver.di einen wichtigen Beitrag dafür, dass wir außergewöhnliche Filme zeigen können, die neue Perspektiven öffnen und uns ein tieferes, emotionales Verständnis der Zeit vermitteln, in der wir leben. Und wir hoffen natürlich auch, dass die Filme von DOK Leipzig in die tägliche Arbeit der Gewerkschaft hinein wirken genauso wie in die ganze Gesellschaft.

Die Finnin Leena Pasanen wird Ihre Nachfolge antreten. Kennen Sie sich schon?

Ich kenne Leena Pasanen seit vielen Jahren und schätze ihre Arbeit sehr. Aber ich wusste nicht, dass sie sich beworben hatte, und war sehr erfreut, als sie aus dem Kreis der Bewerber/innen ausgesucht wurde. Sie wird sich mein letztes Festival sehr genau anschauen und im Dezember werden wir die Übergabe vorbereiten. DOK Leipzig steht super da und sie übernimmt ein gut bestelltes Haus. Ich finde es wichtig, dass Menschen nicht an Positionen kleben bleiben und dass es regelmäßig zu Veränderungen kommt – nicht nur in der Kultur. Neue Leute kommen mit frischer Energie und neuen Ideen. Ich bin mir sicher, dass Leena Pasanen gute Akzente setzen wird.

Was wäre Ihre Traum-Schlagzeile für das 60. DOK?

Oh … das könnten viele sein: „Phantastisches Programm” oder „Neuer Besucherrekord” oder noch besser „Finanzierung langfristig gesichert”. Wirklich traumhaft fände ich, wenn bis dahin die Schaffung eines Förderfonds für Dokumentarfilmprojekte gelungen wäre. Das ist ein Projekt, dem sich meine Nachfolgerin vielleicht widmen wird.

Was sind ihre persönlichen Pläne für die Zukunft?

Ich will mir nach meinem Abschied von DOK Leipzig Ende des Jahres erst einmal ein halbes Jahr Zeit nehmen und in Ruhe überlegen, welche Ideen und Projekte ich weiter verfolgen will. Das ist nach zehn Jahren sehr intensiver Arbeit nötig. Einige Jobangebote gab es bereits – aber ich möchte erst einmal Abstand bekommen und richtig durchatmen.

Das Gespräch führte Gundula Lasch

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »