„Wir sind überzeugt, dass unsere Forderungen den Bechtle-Verlag nicht ruinieren werden“, schrieben die Freien der Eßlinger Zeitung auf einem Flugblatt, mit dem sie faire Honorare verlangen. Sie haben seit acht Jahren keine Honorarerhöhungen erhalten. Seit einer Layout-Umstellung zu Jahresbeginn müssen sie für das gleiche schmale Salär längere Zeilen in kürzeren Beiträgen füllen. Verlagsleiter Heinkel bezeichnet diese Einkommensverluste als „Kollateralschaden“.
Dass die freien Journalist_innen der zum SWMH-Konzern gehörenden Lokalzeitung in der Tarifrunde mit den festangestellten Redakteuren in Solidaritätsstreik traten, nahm die Verlagsleitung dagegen wesentlich ernster. Per Annonce wurden umgehend neue „Freie Mitarbeiter für die Lokalredaktion der Eßlinger Zeitung gesucht“. Wer aufmuckt, soll offenbar mit Auftragsentzug bestraft werden, berichtet der ver.di-Fachbereich Medien, Kunst und Industrie Baden-Württemberg.
Denn Einkommensverluste treffen die Esslinger Freien schon wesentlich länger. Entgegen früherer Praxis werden die Honorare von freien Schreibern und Fotografen in Esslingen seit 2010 nicht mehr an die Gehaltssteigerungen festangestellter Redakteuer_innen gekoppelt. Die kürzliche Layout-Umstellung sorgte außerdem dafür, dass sie pro Termin für den gleichen Aufwand weniger verdienen.
Die Freien fordern künftig 78 statt 62 Cent pro Zeile und Fahrtkostenerstattung von 30 statt 27 Cent, wie das auch den Festangestellten zugestanden wird. Mit einem Flugblatt der dju in ver.di informierten die freien Journalist_innen – die täglich etwa die Hälfte der örtlichen Beiträge in der Eßlinger Zeitung liefern – ihre Leserschaft. Etwa darüber, dass sie für einen 100-Zeilen-Bericht von einer dreistündigen Gemeinderatssitzung gerade mal 62 Euro erhalten und davon noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Ihre Honorarforderungen und ihre Situation hatten die Freien aus Esslingen auch bei der zentralen gewerkschaftlichen Tarif-Streikkundgebung für Baden-Württemberg am 29. Juni in Heilbronn öffentlich gemacht.
Zuvor hatten die freien Journalist_innen bereits in zwei Gesprächen mit Verlagsleitung und Chefredaktion versucht, eine Einigung mit ihrem Auftraggeber zu erzielen.