Teletext: Nicht totzukriegen

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Bild: ARD/rbb/Birte Morling"

Er ist eine Relikt der 80er Jahre, an dem viele Sender festhalten. Nicht grundlos: 10,4 Millionen Deutsche nutzten das Medium zuletzt zum Info-Abruf, inzwischen betritt man den Teletext-Raum auch für Kunstausstellungen. Was alt aussieht, ist in der Branche sehr beliebt, auch als Werbemedium, das ebenso von Privatsendern bedient wird, trotz gelegentlich immer noch grobpixeliger Klotzbuchstaben. Doch die Entwicklung der Nutzerzahlen zwingt die Sender zum Handeln: die einen rüsten auf, die anderen schalten ab.

Er hieß mal „Videotext“ und ist seit über 38 Jahren auf Sendung. Am 1. Juni 1980 startete das gemeinsame Angebot der ARD mit dem ZDF beim Sender Freies Berlin (SFB). Erstmals konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer damals Nachrichten, Wetter, Lottozahlen und das Fernsehprogramm zur Zeit ihrer Wahl abrufen. Ein großer Fortschritt im analogen Zeitalter ohne Internet.

Inzwischen heißt der Videotext eher Teletext und wirkt optisch wie aus der Zeit gefallen.  Aber es gibt ihn noch, und zwar ziemlich erfolgreich. Über ganz besonders schöne Zahlen freute sich Ende des Jahres die ARD, denn der Text im Ersten ist nach wie vor der erfolgreichste in Deutschland. Dieses Angebot wird am häufigsten aufgerufen und erhält im Qualitätsurteil der Nutzer_innen auch die beste Bewertung. Das ist zumindest ein Ergebnis der ARD-Trend-Befragung 2017 (letzte Zahlen), die bei rund 3.000 repräsentativ ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt wurde.

Die Hälfte der Deutschen schaut Teletext

Nach Selbstauskunft ist es etwa die Hälfte der Bevölkerung, die die Textangebote nutzt (40%), so die Ergebnisse der Trendbefragung. Unter den Nutzer_innen wird der ARD Text bevorzugt, 72% zählen sich zum Publikum. Bei der Bewertung ist der ARD Text ebenfalls der Favorit: 71% seiner Nutzer_innen vergeben die Noten 1 oder 2. Er blieb damit auch bei der jüngsten Erhebung das meistgenutzte und meistgeschätzte Angebot im Bereich Videotext.

„Der Teletext erlaubt es den Menschen, sich ohne Medienbruch kurz und prägnant aus dem laufenden Programm heraus zu informieren“, erklärt Thomas Bodemer, Sprecher Digitale Angebote und Diversifikation der Mediengruppe RTL Deutschland den immer noch gültigen Vorteil des Teletextes. „Im Prinzip funktioniert dies wie in der mobilen Nutzungssituation: Mit kurzen Texten bieten die Angebote übersichtlich und schnell konsumierbare aktuelle Nachrichten aus allen Bereichen sowie Informationen zum laufenden Programm.“ Insbesondere bei ntv, der Multi-Plattform-Nachrichtenmarke der Mediengruppe RTL Deutschland, übernehme der Teletext eine wichtige Funktion, um über aktuelle Programmänderungen und News aufgrund von besonderen Nachrichtenlagen zu informieren“, so der RTL-Sprecher.

In der Kürze liegt die Würze

Die hohe Nutzerzahl hat aber vor allem einen Grund: „Die Bedienung des Teletexts über die Fernbedienung ist einfach und über 37 Jahre gelernt. Der Teletext kann bequem vom Sofa aus genutzt werden“, meint Eckart Gaddum, Leiter der Hauptredaktion Neue Medien im ZDF.

Mehr denn je liegt die Würze in der Kürze –  auf kleinstem Raum (maximal 16 Zeilen mit 39 Anschlägen) werden im Teletext komplizierte Sachverhalte erklärt. Leider ist das auch der Grund der fragwürdigen Optik. Bei RTL zumindest grafisch etwas weiter als beim ZDF. Hier sind es 23 editierbare Zeilen, 42 Zeichen je Zeile, Farben: Schwarz, Weiß + sechs weitere Farben. Fertig. Alle Gestaltungsmöglichkeiten bewegen sich in diesem engen Rahmen.

Sport und Lotto ganz weit vorn

ARD, ZDF und RTL verweisen vor allem auf Sportergebnisse, die im Teletext besonders gern und häufig genutzt werden. „Insbesondere aktuelle Sportthemen werden beispielsweise bei Übertragungen der Qualifikationsspiele der DFB-Elf oder den Formel 1 Grand Prix besonders häufig abgerufen“, so Bodemer.

Allerdings, auch beim Videotext wird die Nutzerschaft älter. Sowohl RTL als auch das ZDF bestätigen eine überwiegend ältere Gruppe, die die Videotext-Taste auf der Fernbedienung drückt. „Je älter die Zuschauer, desto häufiger und intensiver nutzen sie den Teletext. Welche Inhalte durch die verschiedenen Altersgruppen bevorzugt genutzt werden, kann nicht erhoben werden, da durch das neue Verfahren des Audio-Matchings zur Ermittlung der TV-Einschaltquoten lediglich die Nutzung des kompletten Teletextes, aber nicht die Nutzung der Einzelseiten ermittelt werden kann“, sagt Eckart Gaddum vom ZDF.

Rückläufige Nutzerzahlen

Die Frage, ob die Nutzerzahlen beim Teletext aber auch in den kommenden zehn Jahren auf so hohem Niveau bleiben werden, darf allerdings gestellt werden. Im Jahr 2016 gab es laut AGF/GfK Fernsehforschung rund 10,4 Millionen Personen ab 14 Jahren in Deutschland, die mindestens einmal eine Teletextseite aufgerufen haben. Trotz der hohen Nutzerzahl bedeutet das einen Rückgang von 6,67 Millionen Nutzer_innen innerhalb von zehn Jahren (2006: 17,07 Mio).

Darum würden Teletexte und deren Inhalte nun auch ins Netz gebracht werden. Die öffentlich-rechtlichen Angebote sind inzwischen auch in Gänze online verfügbar. Beim ZDF wird von dieser Version täglich rund 7.500 Mal Gebrauch gemacht. Der Durchschnittsnutzer ruft laut ZDF etwa 13 Seiten ab. Die stärkste Nutzung bleibe hier aber nach wie vor über ein TV-Gerät, heißt es vom ZDF.

Vor allem die ARD hat in den Ausbau des Teletextes jenseits des klassischen Fernsehens investiert. Mit Erfolg: Auf dem PC, dem Smartphone und über HbbTV (Hybrid broadcast broadband TV) wurde das Kurznachrichtenangebot im Ersten zuletzt monatlich im Schnitt mehr als 32,5 Millionen Mal abgerufen.

Teletext wird smart

ARD Text setzt vor allem auf den Standard HbbTV, hybrides Fernsehen für internetfähige Endgeräte. Die HbbTV-Version des Textes bringt die Inhalte des klassischen Teletextes in einer modernen Form auf den Bildschirm. Zum Jahresende 2016 wurde das Angebot um weitere Funktionen ergänzt. Die 80er Jahre-Optik ist hier passé.  Auch eine App gibt es für die Inhalte von ARD Text. Sie ist weniger als ein MBit groß, beim Abrufen der Inhalte wird nur eine geringe Bandbreite benötigt. Vom RBB und vom ORF gibt es inzwischen eine Teletext-App. Entsprechende Angebote sind aber noch die Ausnahme und Privatsendern bisher kein Angebot wert. Dafür bieten immer mehr Drittanbieter Apps gegen Gebühren an, die Zugang zu den Telexten der deutschsprachigen Sender verschaffen. Dazu gehören u.a. „Teletext-Videotext“, „teletext mobile“ oder „Easy Teletext“, die Kosten liegen zwischen 1-2 Euro pro App.

In den USA und UK kein Teletext mehr

Der Teletext ist ein überwiegend festlandeuropäisches Phänomen geblieben. In den USA wurde zwar schon seit den 70ern mit Teletext experimentiert. 1990 wurde jedoch ein spezieller Untertitel-Decoder für Hörgeschädigte in jedem neuen Fernsehgerät per Gesetz vorgeschrieben. Folglich verzichteten die Hersteller darauf, zusätzlich einen allgemeinen Teletext-Decoder mit einzubauen. In der Praxis wird daher heute kein Teletext mehr ausgestrahlt. Auch in Großbritannien wird nach der Umstellung auf Digital-TV inzwischen kein Teletext mehr übertragen. Entsprechende Angebote der BBC finden heute in HbbTV-vergleichbaren Systemen statt.

In Deutschland erfüllt der Telext der Öffentlich-Rechtlichen noch immer die gesellschaftliche Aufgabe für einen barrierefreien Zugang zum Fernsehen. Auf der Teletextseite 150 der ARD werden Untertitel für gehörlose und schwerhörige Zuschauerinnen und Zuschauer ausgestrahlt. Viele Sendungen werden von der Redaktion ARD Text live untertitelt.

Dass Teletext auch Kunst sein kann, zeigt der ARD Text seit einigen Jahren. Der britische Medienkünstler Dan Farrimond begeisterte die Zuschauerinnen und Zuschauer zuletzt mit seinen farbenfrohen und humorvollen Pixelbildern. „Ich liebe Teletext-Kunst, weil sie eine der ursprünglichsten Formen der digitalen Kunst ist“, meint Farrimond, der sich selbst als Teletext-Künstler bezeichnet. Nicht ganz erfolglos, denn die Teletext-Kunst hat neue Aufmerksamkeit bekommen. Ausstellungen gibt es seither auch auf den Teletextseiten im deutsch-französischen Kulturkanal Arte.

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