Synchronschauspieler Stefan Krause
Bei der Berufsbezeichnung gehe es ja schon los, meint Stefan Krause. Manche seiner Kolleg/innen hätten Probleme damit, „Synchronschauspieler“ genannt zu werden, das enge das Berufsbild ein. „Synchronsprecher“ bezeichne die Tätigkeit zwar richtig, provoziere aber die Verwechslung mit Nachrichtensprechern.
Denn Fakt sei: Synchronisierende Schauspieler für Film und Fernsehen sind weder Sprechmaschinen noch Stimmimitatoren, sondern fügen der deutschen Fassung eines fremdsprachigen Filmes etwas Eigenes hinzu: künstlerische Identität eben. Das zumindest ist hierzulande auch höchstrichterlich festgestellt. Und Krause ist einer, der es wissen muss. 667 Sprechrollen verzeichnet die deutsche Synchronkartei für ihn, er wuchs bereits als Junge ins Metier hinein. Tatsächlich ist kaum aufzuzählen, wem alles er in vierzig Berufsjahren seine Stimme geliehen hat: Er war Hobbit Pippin in „Herr der Ringe“, Douglas Fackler in etlichen Folgen der „Police Academie“, hauchte Trickfilmfiguren bei „Tom & Jerry“, den „Turtles“ oder in „Ice Age“ hörbar Leben ein, arbeitete für Serien wie „CSI: Miami“ oder „Desperate Housewives“.
Zu Recht stolz ist er auf den Deutschen Synchronpreis, den er 2007 für die deutsche Stimme von Philip Seymour Hoffman als Truman Capote in Kaltes Blut erhielt. Dass er auch der deutsche Matthew in „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ oder Johns Bruder in „Tatsächlich … Liebe“ ist, weiß dennoch kaum ein Zuschauer, denn: Synchron-Stimmgeber werden fast nie im Abspann genannt. „Jeder Caterer oder Tiertrainer scheint da wichtiger“, kritisiert Krause, der auf den künstlerischen Beitrag zum Erfolg eines übersetzten Kinohits hinweist. Namensnennung ist eine Forderung, für die sich auch der Interessenverband Synchronschauspieler (IVS) stark macht. Auf etliche Hundert, „die davon leben können“, schätzt Krause seine freischaffende Kollegenschaft. Neben allgemeinen schauspielerischen Fähigkeiten und einprägsamer Stimme seien ein „besonderes Gefühl für Timing und Musikalität“ nötig.
Im Zuge der Digitalisierung beschleunigt sich das Tempo der Aufnahmen. Zunehmend werden Stimmen einzeln aufgenommen, stehen Sprecher ganz allein im Studio. Selbst für eine Liebeszene, die Krause neulich synchronisierte, habe er die deutsche Sprecherkollegin nie kennengelernt. 220 bis 260 Takes – zu synchronisierende Filmsequenzen zwischen 6 und 10 Sekunden Länge – seien als tägliches Pensum schon fast normal. Angesichts zunehmenden Arbeitsdrucks setzen sich Krause und viele seiner Kolleg/innen für Mindest-Produktionsbedingungen ein. Sie wurden bereits vor Jahren in einer „Credo-Liste“ formuliert. Die enthält Forderungen zur Take-Länge, zu den „Schlagzahlen“, die die Takes pro Stunde beziffern, aber auch zur zwingenden Anwesenheit von Cutterin, Regisseur und Tonmeister im Studio.
Weitere wichtige Punkte sind Zahlungsmoral und Gagenhöhe. „Bisher gibt es für uns allenfalls stagnierende ‚ortsübliche Abmachungen’ und deshalb immer die Gefahr, dass es jemand billiger macht.“ Nicht nur der Sparwut der Produzenten sei ein Riegel vorzuschieben, sondern auch der Tendenz, dass sich Sprecherinnen und Sprecher durch Dumping ins eigene Fleisch schneiden. Eine „Mindestgage“ als Untergrenze für alle will der IVS deshalb nun mit ver.di-Hilfe durchfechten. Das sei neu und werde sicher nicht einfach. Doch spiegele es die Verhältnisse richtig wider, weil eben die Global Player der deutschen Synchronproduzenten und deren Auftraggeber nicht, wie gern behauptet, in einem Boot mit den Synchronschauspielern sitzen. Krause hofft, dass jetzt Sondierungsgespräche potenzieller Tarifpartner und weiterer Beteiligter in einem „Synchronrat“ zustande kommen und „die Karten auf den Tisch gelegt werden“.