In Westfalen werden Blätter neu gemischt

Aschendorff-Unternehmenszentrale in Münster
Foto:wikimedia.org/ Caroline Hube

Die einst so stabile Zeitungslandschaft im wirtschaftlich gesunden Ostwestfalen ist in Bewegung geraten. Das hat vor allem einen Grund: Mit dem münsteraner Aschendorff Verlag (Westfälische Nachrichten) ist ein neuer starker Player auf den regionalen Markt gekommen, der bislang von der Neuen Westfälischen Zeitung und dem Westfalen-Blatt aus Bielefeld dominiert wurde.

Nachdem Anfang dieses Jahres das eher wertkonservative Westfalen-Blatt (WB) von Aschendorff übernommen wurde und Teil der Westfälischen Medienholding geworden ist, werden die Karten in der Region um die Oberzentren Bielefeld und Paderborn neu gemischt. Das hat Folgen zunächst für die Mantelproduktion der Blätter, die sich nach der inhaltlichen Ausrichtung grob in schwarz und rot unterteilen lassen.

Die konservative Variante kommt aus Münster von den Westfälischen Nachrichten, die ab dem 1. November wesentliche Mantelteile ans Westfalen-Blatt liefern wird. Das hat Personalabbau in Bielefeld zur Folge. Zehn Vollzeitstellen müssen eingespart werden, der Personalabbau soll so sozialverträglich wie möglich umgesetzt werden, erklärt Redaktionsleiter André Best. Beim Westfalen-Blatt verbleibe auch zukünftig eine eigene Mantelredaktion, die weiter die gesamte regionale Berichterstattung übernimmt. Beim WB ist es schon vor der Übernahme zu einem massiven Arbeitsplatzabbau in den Lokalredaktionen z.B. im Kreis Gütersloh gekommen. Der Verlag schreibe, so hieß es auf einer Mitarbeiterversammlung, tiefrote Zahlen, von Mitarbeitern auch in Verlag und Technik über 60 möchte man sich gerne trennen und unterbreitet Angebote.

Nach Anzeigen- nun auch Redaktionsgemeinschaft

Auch in die Mantelproduktion der übrigen OWL-Blätter ist in Bewegung gekommen: Die Neue Westfälische, zu 100 Prozent im Besitz der SPD-Medienholding ddvg, liefert bereits seit Jahrzehnten den Mantel an ihre Kooperationspartner, die Lippische Landes-Zeitung (LLZ, Detmold) und das Haller Kreisblatt. Zusammen mit dem Mindener Tageblatt (MT) bilden diese auch eine Anzeigengemeinschaft. Neue Westfälische, die Lippische und das Mindener Blatt haben nun die „Redaktionsgemeinschaft der ostwestfälisch-lippischen Verlage“ gegründet (NW-Anteil: 68 Prozent, LLZ: 18 Prozent, MT: 14 Prozent). Die Gemeinschaftsredaktion wird den beteiligten Verlagen sowohl Printseiten als auch Inhalte für deren Webseiten liefern. Die Verantwortung für die Zeitungen wie auch die Nachrichtenportale verbleibe also, so Klaus Schrotthofer, Geschäftsführer des NW-Verlages, bei den drei selbstständigen Medienhäusern.  Thomas Seim bleibt Chefredakteur der NW (Lokalausgaben) und wird zudem Chefredakteur der Redaktionsgemeinschaft, die ihre Tätigkeit zum 1. Januar 2020 aufnehmen soll.
Die bislang bei der NW oder der OWL Digital beschäftigten Mantel-Redakteurinnen und -Redakteure wechseln im Rahmen eines Betriebsübergangs in die „Redaktionsgemeinschaft der ostwestfälisch-lippischen Verlage“. Dabei sollen keine Arbeitsplätze abgebaut werden.

Sportberichterstattung in Kooperation

Unklar ist, wie es für die Mantel-Redakteure des Mindener Tageblatt weitergeht. Auf Nachfrage teilte MT-Chefredakteur Benjamin Piel mit: Die Gemeinschaftsredaktion entstehe gerade und insofern sei noch nicht klar, wie und wo die vierköpfige Mindener Mantel-Mannschaft zukünftig arbeiten wird. Daniel Hirschi, verdi-Mediensekretär in Bielefeld, rechnet damit, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.
Auch wenn alle OWL-Verlage ihre Eigenständigkeit betonen und sich in einer Wettbewerbssituation sehen – am Ende des Tages wird kooperiert. Seit dem 1. März  2019 tauschen Neue Westfälische und Westfalen-Blatt lokale Sportberichte aus. Die NW übernimmt die lokale Sportberichterstattung des WB aus den Kreisen Paderborn, Höxter und dem Altkreis Lübbecke, umgekehrt übernimmt das Westfalen-Blatt von der NW die Sportberichterstattung aus Bielefeld, den Kreisen Gütersloh und Herford sowie aus Bad Oeynhausen. Nach Einschätzung von Klaus Schrotthofer läuft die Lokalsportkooperation mit dem Westfalen-Blatt gut. „Wir konnten damit gemeinsam eine flächendeckende Lokalsport-Berichterstattung sicherstellen.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Wie ethisch kann KI berichten?

Ein ethischer Kompass ist angesichts zunehmender Desinformation immer wichtiger – für Journalist*innen, aber auch Mediennutzende. Positivbeispiele einer wertebewussten Berichterstattung wurden jüngst zum 20. Mal mit dem Medienethik Award, kurz META, ausgezeichnet. Eine Jury aus Studierenden der Stuttgarter Hochschule der Medien HdM vergab den Preis diesmal für zwei Beiträge zum Thema „Roboter“: Ein Radiostück zu Maschinen und Empathie und einen Fernsehfilm zu KI im Krieg.
mehr »

VR-Formate im Dokumentarfilm

Mit klassischen Dokumentationen ein junges Publikum zu erreichen, das ist nicht einfach. Mit welchen Ideen es aber dennoch gelingen kann, das stand auf der Sunny Side of the Doc in La Rochelle im Fokus. Beim internationalen Treffen der Dokumentarfilmbranche ging es diesmal auch um neue Erzählformen des Genres wie Virtual Reality (VR).
mehr »

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

krassmedial: Diskurse gestalten

Besonders auf Social-Media-Plattformen wie TikTok und Telegram verbreiten sich rechtsextreme Narrative, die zur Polarisierung der Gesellschaft beitragen. Wie Journalist*innen dem entgegen wirken und antidemokratische Diskursräume zurückgewinnen können, diskutierten und erprobten etwa 70 Teilnehmende der diesjährigen #krassmedial-Sommerakademie von ver.di am Wochenende in Berlin-Wannsee.
mehr »