Kooperation von Bund und Google untersagt

Justitia, Foto: Hermann Haubrich

Die us-amerikanische Suchmaschine Google darf das staatliche Gesundheits-Portal gesund.bund.de nicht mehr automatisch als ersten Treffer anzeigen. Das Landgericht München wertete die Zusammenarbeit zwischen Google und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Verstoß gegen das Kartellrecht. Die auf Kartellrecht spezialisierte Zivilkammer gab damit den Anträgen des Burda-Gesundheits-Portals netdoktor.de auf zwei Einstweilige Verfügungen gegen das Ministerium von Jens Spahn (CDU) und gegen Google statt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Gesundheitsportal gesund.bund.de des Bundesgesundheitsministeriums ging am 1. September 2020 online. Im Rahmen einer vom BMG so bezeichneten „Zusammenarbeit“ mit Google stellt das Ministerium eine offene Schnittstelle zur Verfügung, wodurch alle Suchmaschinenbetreiber auf die Inhalte des Gesundheitsportals zugreifen können. Google nutzt die Inhalte, um damit Info-Boxen mit Kurzinformationen zu dem jeweiligen Gesundheitsthema zu befüllen. Am Ende der Box findet sich ein Link auf das Portal. Diese Inhalte sollen künftig nicht mehr bevorzugt dargestellt werden. Denn private Anbieter haben keine Chance, bei Google eine ähnlich prominente Position zu bekommen. Seriöse private Portale könnten auf diese Weise verdrängt und die Medien- und Meinungsvielfalt reduziert werden, befürchtet das Gericht.

Zur Begründung der Urteile sagte Richterin, Gesa Lutz, in ihrer mündlichen Urteilsbegründung: „Der Betrieb des Nationalen Gesundheitsportals durch das BMG ist keine rein hoheitliche Tätigkeit, sondern eine wirtschaftliche, die anhand des Kartellrechts zu prüfen ist. Das BMG ist mit Google eine Vereinbarung eingegangen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale bewirkt.“ Auch eine mögliche bessere gesundheitliche Aufklärung wiege das nicht auf.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und der Bundesverband der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) begrüßten die Entscheidung des Landgerichts München. „Die Urteile sind ein wichtiger Schritt zur Sicherung des diskriminierungsfreien Pressevertriebs im Netz“, erklärten die Verbände. „Hätte das Gericht die privilegierte Verbreitung des ministeriellen Gesundheitsmagazins durch das Suchmonopol für rechtmäßig erklärt, wäre es der Willkür der Digitalplattformen überlassen, welche Informationen und welche Meinungen die Leser zu Gesicht bekommen.“

Aktualisierung am 17. März 2021: Laut dpa wehrt sich Google in Deutschland gegen das vorläufige Verbot einer Zusammenarbeit mit dem Online-Gesundheitsportal der Bundesregierung. Das Oberlandesgericht München habe auf Anfrage bestätigt, dass Google gegen das entsprechende Urteil Berufung eingelegt habe.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkfreiheit nicht verstanden

Nachdem der NDR ankündigte, die bisherige Moderatorin der Sendung Klar, Julia Ruhs, in Zukunft nicht mehr zu beauftragten, nimmt die Debatte um die Sendung an Fahrt auf. Die Ministerpräsidenten Bayerns und Schleswig-Holsteins kritisierten die Personalentscheidung. CDU-Generalsekretär Linnemann forderte gar finanzielle Konsequenzen für den Sender. Zuletzt wurde auch die Rolle von ver.di im Sender und im Rundfunkrat thematisiert.
mehr »

Einschränkungen der Pressefreiheit in den USA

Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (dju) in ver.di äußert sich besorgt über fortschreitende Einschränkungen der Medien und Pressefreiheit in den USA. Der Sender ABC hat die erfolgreiche Late-Night-Show des US-Moderators abgesetzt. Hintergrund sollen kritische Kommentare Kimmels im Zusammenhang mit dem Mord an dem rechtsextremen Aktivisten Charlie Kirk sein.
mehr »

Filmtipp: Solidarity

Vordergründig ist „Solidarity“ ist eine Verbeugung vor all’ jenen, die sich beruflich oder ehrenamtlich um Geflüchtete kümmern. Mindestens genauso wichtig waren dem Schweizer Dokumentarfilmer David Bernet jedoch grundsätzliche Aspekte des Themas, die schließlich in eine entscheidende Frage münden: Wie viele Menschen kannst du umarmen?
mehr »

„Kleine Anfragen“ bedrohen Medien

In Deutschland haben sich gewaltsame Angriffe auf Journalist*innen 2024 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt – insbesondere auf rechtsextremen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Versammlungen. Doch es gibt auch subtilere Bedrohungen von rechts wie Akkreditierungsverweigerung, Einschüchterungsklagen (SLAPPs) oder Kleine Anfragen, die auf den Entzug staatlicher Förderungen oder Aberkennung von Gemeinnützigkeit zielen und eine pressefeindliche Stimmung befeuern.
mehr »