Journalist*innen sollten im Netz gut aufgestellt sein
Beruflich digital gut auffindbar zu sein, gehört auch im Journalismus zum Standard. Für alle die schreibend, fotografierend oder filmend medial beruflich unterwegs sind, ist es heute mit wenig Aufwand möglich, im Netz von potentiellen Auftraggebern gefunden zu werden. Wobei es darum gar nicht in erster Linie geht: Der Fall, dass jemand auf eine Website oder einen Social Media-Auftritt stößt und während des Lesens wegen des Gedankens „was für eine begnadete Schreibe, diesen Menschen muss ich direkt engagieren“ sofort für einen Auftrag Kontakt aufnimmt, bleibt unrealistisch. Es geht vielmehr darum, langfristig als Expert*in zu einem Thema oder einer Technik wahrgenommen zu werden. Es geht darum, dass der eigene Name zu einer Fragestellung einer der ersten ist, der jemandem einfällt. Das Netz kann dabei helfen, diesen Ruf zu festigen und zu verbreiten. Die eigentliche Arbeit, Expert*in zu werden, sollte aber vorher erledigt sein!
In dem Moment, wenn Empfehlungen digital recherchiert werden, hilft es aber enorm, im Netz gut aufgestellt zu sein. Wer professionell gefunden werden möchte, sollte keine Zeit mehr verlieren. Optimalerweise wird der eigene digitale Auftritt bereits während des Volontariats angelegt. Wer sich rechtzeitig Gedanken über seine digitale Strategie macht, kann bei der Auffindbarkeit punkten und damit eine gewisse Autonomie über die Google-Treffer auf den eigenen Namen gewinnen. Es ist zudem in der Regel sehr viel einfacher, weiterempfohlen zu werden, wenn es aussagekräftige digitale Fundstellen gibt, über deren Inhalte ich selber bestimmen kann und die einfach per Link geteilt werden können.
Sicherheit geht vor: Deshalb empfehle ich grundsätzlich die Zwei-Faktor-Authentifizierung (auch: 2FA) zu aktivieren, die inzwischen von 95 Prozent aller relevanten Plattformen angeboten wird. Durch den zweiten Faktor neben dem Passwort wird die Zugriffssicherheit gegen Hacker deutlich erhöht.
Wo genau fängt der digitale Auftritt an?
Zwei Fragen dazu: Wie sieht Deine E-Mailadresse aus? Wer einen Gratis-Mail-Provider (Web.de, gmx,de, gmail.com) nutzt, sollte bei einem seriösen Anbieter eine Adresse wählen, die den eigenen Namen enthält Vorname.Nachname@provider.de. Professioneller ist eine Mailadresse bei einer eigenen Domain wie Vorname@Nachname.de oder vn@Vorname-Nachname.de. Bei sehr häufigen Namen muss bei der Auswahl der Domain inzwischen allerdings schon sehr kreativ vorgegangen werden, da die gängigen Namen meistens schon vergeben sind.
Und benutzt Du (auch mobil!) eine Signatur mit Kontaktinfos unter Deinen Mails? Das ist häufig der erste Kontakt – und schon diese vermeintlich kleinen Entscheidungen können einen ersten Eindruck prägen.
Welche Plattformen sind relevant?
Für Netzeinsteiger ist LinkedIn als Business-Plattform in jedem Fall einen Blick wert. Xing verändert sich im Moment stark in eine Karriere-Plattform und hat deutlich an Relevanz im journalistischen Bereich verloren. Dazu ist Xing ausschließlich auf den deutschsprachigen Raum fokussiert, LinkedIn ist darüber hinaus international der sehr viel bedeutendere Anbieter. Seit 2009 auch im deutschsprachigen Raum aktiv, hat sich deren Mitgliederzahl in den letzten Jahren auf 16 Mio. erhöht, Xing liegt bei ca. 19 Mio. Mitgliedern in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).
Um gefunden zu werden, muss der Köder dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Der eigene Profiltext (oder das „Über mich“ einer Website) sollte deshalb so formuliert werden, dass er für Suchende relevant wird. Es ist beim Schreiben wichtig, aus deren Perspektive zu denken: Nach welchen Schlagworten sucht jemand, der meinen Wunschauftrag vergeben kann? Dafür muss ich mir vorher Gedanken gemacht haben, wohin ich mich entwickeln möchte – um die Inhalte aus meinem Portfolio, die diese Richtung unterstützen, stärker zu betonen. Die Inhalte, die mit meinem Wunschziel gar nichts zu tun haben, klingen allerhöchstens im Hintergrund an. Jedes Schlagwort kann dabei das passende Futter sein – und sollte vorher in der plattformeigenen Suche getestet werden – und zwar darauf, ob damit auch die richtigen Treffer erzielt werden. Wenn diese Recherchephase abgeschlossen ist, sollten die wichtigsten Keywords/Schlagworte mehrfach im Profil eingesetzt werden: Im Info-Bereich sind ganz klassische Schlagworte im Fließtext gut untergebracht, aber auch jede berufliche Station kann z.B. mit einem Text über die eigenen Tätigkeiten und Projekte ergänzt werden.
Gefunden zu werden ist das eine – das andere ist, Kontakt aufnehmen zu können, wenn andere auf mein Profil stoßen – zum Beispiel mithilfe der bereits oben erwähnten professionellen Mailadresse! Wer sich nicht regelmäßig auf den Plattformen einloggt, sollte in jedem Fall die Weiterleitung der Nachrichten von LinkedIn auf die eigene Mailadresse aktivieren. Insgesamt hilft es, wenn die öffentliche Auffindbarkeit in Suchmaschinen aktiviert ist – zumindest solange, bis ich meine Wunsch-Aufträge gefunden habe.
LinkedIn unterstützt die Nutzenden darin, mit dem eigenen Profil sichtbar zu sein: Durch interessante Kommentare auf die Beiträge meines Netzwerkes und darüber hinaus (!) kann die eigene Sichtbarkeit bei LinkedIn sehr gut gesteigert werden. Auch aus diesem Grund ist es entscheidend, das eigene Netzwerk von Anfang an auszubauen: Erst ab 150 Kontakten fängt der sogenannte „Netzwerk-Effekt“ an, richtig zu greifen. Jobs und Aufträge werden sehr häufig nicht über meine direkten Kontakte vergeben, sondern durch deren Empfehlungen an meine Kontakte 2. Grades, also die „Kontakte meiner Kontakte“. Je besser ich vernetzt bin, umso einfacher wird das Netzwerken. Wobei das Networking nie als Einbahnstraße funktioniert. Daher ist es empfehlenswert, sich selbst zum Beispiel mit hilfreichen Kommentaren aktiv im Netzwerk einzubringen – und zwar vorher, nicht erst dann, wenn ich Hilfe benötige.
LinkedIn ermöglicht neben dem Anfragen von Bekannten auch das „Folgen“ von Personen, mit denen ich (noch) keinen direkten Kontakt habe. Diese niedrigschwellige Möglichkeit über die Updates für mich relevanter Kreise informiert zu bleiben, funktioniert nur über guten Content. Sowohl was das eigene Posten als auch was die Kommentare betrifft. Interessant sind Inhalte, die auf Trends der eigenen Branche eingehen – wenn das sowohl intellektuell inspirierend als auch unterhaltsam gelingt, ist die Aufmerksamkeit gesichert.
Der Einstieg gelingt allerdings am besten über regelmäßiges Einloggen, Lesen und Liken, um einen Eindruck der angemessenen Tonalität im eigenen Netzwerk zu gewinnen. Erst dann empfiehlt es sich, eigene Kommentare und später Postings zu schreiben. Eine gute Maxime ist dabei persönlich, aber nicht privat zu agieren – immer in dem Bewusstsein, dass alle Äußerungen öffentlich wahrgenommen werden können.
Neben den Business-Portalen gibt es mit Instagram, Facebook und TikTok weitere sehr beliebte Social Media Kanäle. Wer mit seinem Klarnamen dort aktiv ist, sollte seine Postings auf Job-Kompatibilität checken und im Zweifelsfall auf einen privaten, geschützteren Account umsteigen. Um als Influencerin oder Creator dort erfolgreich aktiv zu werden, gehört neben sehr viel Kreativität auch ein langer Atem. Wer Instagram oder Facebook professionell nutzen möchte, sollte sich Gedanken über seine „Digitale Bio“ und den Facebook-„Steckbrief“ machen – dort können berufliche Kurzinfos und Links hinterlegt werden.
Achtung: Aus Sicherheitsgründen empfiehlt es sich insbesondere bei Facebook, nicht nur das persönliche Profil, sondern auch die eigenen Kontakte auf „Nicht öffentlich sichtbar“ einzustellen, weil das ein beliebtes Einfallstor für Kontomissbrauch ist. Bei allen Plattformen muss sehr klar abgewogen werden, ob die eigene Zielgruppe dort mit den eigenen Inhalten erreichbar ist und ob sich der zusätzlich notwendige Aufwand überhaupt lohnt. Es ist immer besser, eine Plattform sehr regelmäßig aktiv zu nutzen als viele verschiedene nur halbherzig.
Fünf Tipps fürs Profil
- Ein sehr gutes Foto ist ein absolutes Muss, auch um nicht als Fake-Account bewertet zu werden. Bei LinkedIn ist das Profilbild z.B. an sehr viel mehr Stellen als nur dem eigenen Profil zu sehen: Bei jedem Kommentar, jedem Such-Treffer und bei anderen Interaktionen auf der Plattform wird das Foto angezeigt. Wenn ein sehr gutes Foto gefunden ist, sollte der Dateiname den eignen Namen enthalten und einheitlich auf allen beruflich relevanten Plattformen hochgeladen werden.
- Das Headerbild kann sehr hilfreich sein, um visuell mehr über die eigenen Themen auszusagen, und dazu das eigene Profil professioneller zu positionieren.
- Der Profilslogan kann bei LinkedIn manuell kreativ formuliert werden – da sollte etwas aussagekräftigeres stehen als „Freie Journalistin“ – Welche Themen, welche Genres, welche Formate sind Deine Spezialfelder?
- Der auch visuell gestaltbare Bereich „Im Fokus“ ist perfekt geeignet, um das eigene Portfolio oder aktuelle Highlights hervorzuheben.
- Die Erreichbarkeit sollte gesichert sein! Unbedingt die Kontaktdaten, mindestens eine E-Mailadresse hinterlegen.
Wem eine eigene Website, zum Beispiel auf wordpress.com mit all den technischen Überlegungen – angefangen beim Seitenaufbau bis zur Navigation – zu aufwendig ist, kann sich die Portfolio-Seite von torial.de ansehen. Dort lässt sich ebenfalls sehr gut eine digitale Visitenkarte anlegen, bei der die eigenen Inhalte gut und übersichtlich hinterlegt werden können.
Wird mit einem Wikipedia-Eintrag über sich geliebäugelt, sollte man sich als allererstes mit den Relevanzkriterien für Journalisten dort vertraut machen. Ganz so einfach, wie häufig gedacht, ist das nicht, aber auch nicht vollkommen unmöglich, insbesondere wenn die Kriterien für Buchautoren ergänzend betrachtet werden.
Checkliste: welche fünf Punkte vor dem professionellen Einstieg in Social Media zu klären sind:
- Was finden „Nicht-Kontakte“ bisher über mich?
- Wen will ich erreichen und mit welchem Ziel?
- Wie persönlich will ich im Netz auftreten?
- Welchen Mehrwert kann ich bieten?
- Welche Kanäle entsprechen mir und meinem Ziel?
Ein gutes digitales Profil ist immer mehr als die Summe seiner Teile! Das größere Bild ergibt sich aus der Tonalität des gesamten Auftritts und entwickelt sich mit jeder Veröffentlichung weiter.
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