Wie die AfD die Pressefreiheit angreift

Nach den Enthüllungen von Correctiv protestieren in ganz Deutschland hunderttausende Menschen gegen die AfD.
Foto: picture alliance/ Ying Tang/NurPhoto

Die Pressefreiheit gerät auch in Deutschland unter Druck. Vor allem die „Sicherheit von Medienmitarbeitenden“ hat sich laut Reporter ohne Grenzen verschlechtert. Als Reaktion auf die Enthüllungen von Correctiv über die Beteiligung von AfD-Mitgliedern an einem Treffen, bei dem offenbar Pläne für die Ausweisung von Millionen Bundesbürger*innen beraten wurden, agitieren Politiker*innen der AfD nun öffentlich gegen Medienschaffende.

Insgesamt 103 Angriffe hat Reporter ohne Grenzen im Jahr 2022 dokumentiert. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Zählung im Jahr 2015. Die Mehrheit der Angriffe fand im verschwörungsideologischen, antisemitischen oder extrem rechten Kontext statt. Bei 36 dieser Angriffe wurde ein rechter bis extrem rechter Hintergrund bestätigt , etwa weil die Angreifenden namentlich bekannt oder Mitglieder rechter Organisationen wie AfD, Die Basis, Dritter Weg, Freie Sachsen und NPD sind. Nach den Enthüllungen von Correctiv, wird nun auch das Medienhaus selbst bedroht. Die AfD versucht, die investigativen Recherchen von Correctiv zu diffamieren und die Redaktion unter Druck zu setzen.

„In social media-Posts greifen die AfD und ihre Abgeordneten Medienschaffende pauschal und auch auf einzelne Personen bezogen gezielt an. Das zeigt eine Missachtung des Journalismus als konstitutiver Säule der Demokratie und offenbart eine Feindseligkeit gegenüber Journalist*innen, wenn diese unangenehme Wahrheiten ans Licht bringen.“ erklärt Christoph Schmitz, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand.

Gewaltaufrufe im Internet

Unabhängiger Journalismus habe die Aufgabe, über solche Ereignisse und Gesprächsgegenstände zu berichten, vor allem wenn dabei offenkundig Grundrechte von Mitbürger*innen in Frage gestellt würden. Dass die Recherchen den Anlass für Großdemonstrationen über mehrere Tage in über hundert Städten und mit Hundertausenden Teilnehmer*innen gegeben habe, zeige, auf welch massives öffentliches Interesse die Arbeit von Correctiv stoße.

„Jetzt fordert die AfD Anhänger und ,Follower‘ ihrer Social-Media-Kanäle dazu auf, Medienvertreter*innen‚ in die Schranken zu weisen‘. Das ist als szenetypischer Aufruf zur Gewalt zu verstehen. Das verlässt jeden akzeptablen Weg des Umgangs einer politischen Partei mit für sie unliebsamer Medienberichterstattung,“ sagt Schmitz.


Die Vorsitzende der dju in ver.di Tina Groll, twitterte dazu:


Schutz für Medienschaffende

Correctiv berichtet zudem von Hasskommentaren und auch Drohungen gegen einzelne Mitarbeiter*innen. Ein Reporter habe kürzlich einen anonymen Anruf erhalten und sei dabei wiederholt gefragt worden, „ob er Polizeischutz habe“. Pressefreiheit brauche daher einen besonderen Schutz, sagt auch Schmitz. „Einzelne Medienschaffende müssen im Falle von Nachstellungen und Angriffen von Auftraggebern und der Öffentlichkeit geschützt werden“, fordert er.

Dieser Schutz ist wohl auch nötig. Denn dass die AfD eine Gefahr für die Pressefreiheit darstellt, ist nicht neu. Die Partei macht schon längst keinen Hehl mehr aus ihrer Einstellung. Wiederholt schloss sie Pressevertreter*innen von Parteitagen aus, pöbelte gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder ließ zu, dass Journalist*innen auf ihren Veranstaltungen bedroht und eingeschüchtert wurden.


Angriffe auf Journalist*innen: Mehr zum Thema in unserem Podcast mit Björn Elberling, Rechtsanwalt für Straf- Urheber- und Medienrecht in Leipzig.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von SoundCloud. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Streik bei TikTok wird fortgesetzt

TikTok-Beschäftigte in Berlin legten heute ihre Arbeit nieder und fuhren mit einem Streikboot direkt an ihrer Geschäftsführung vorbei. Nachdem ver.di zum Streik aufgerufen hatte, waren zahlreiche Beschäftigte gefolgt. Es ist der erste Streik bei einer Social-Media-Plattform in Deutschland überhaupt, an dem sich rund 100 von ungefähr 400 Beschäftigten bei TikTok in Berlin beteiligten. Und es geht weiter: Für kommenden Montag ist bereits der nächste Streiktag geplant.
mehr »

Meta will sich nicht verpflichten

Kurz nach Veröffentlichung des freiwilligen KI-Verhaltenskodex hat Meta als erster Konzern entschieden, den Kodex der Europäischen Kommission nicht zu unterzeichnen. Der US-Konzern hinter Facebook und Instagram kritisiert den Vorschlag als rechtlich unsicher, überreguliert und innovationsfeindlich. Ein politisch bedenkliches Signal.
mehr »

Verhandlungen sind keine Selbstbedienung

Leider funktionieren Tarifverhandlungen nicht nach dem Supermarktprinzip, man kann nicht einfach ins Regal greifen und sich herausholen, was man sich wünscht. Am ehesten stimmt der hinkende Vergleich noch, wenn es ans Zahlen geht: Umsonst bekommt man nämlich auch bei Tarifverhandlungen nichts. Was auf der anderen Seite allerdings auch bedeutet: Hängt man sich richtig rein, dann lohnt sich das meistens.
mehr »

Tarifeinigung bei Tageszeitungen 

In der zehnten Verhandlungsrunde haben sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für Redakteur*innen bei Tageszeitungen geeinigt. Der Tarifeinigung waren bundesweit in 36 Verlagen und Redaktionen Streiks vorausgegangen, die zuletzt bis zu sechs Tage angedauert haben.
mehr »