Journalistenausbildung in Kambodscha durch deutsche Institutionen
Rund vierzig Jahre nach dem Sieg der kommunistischen Khmer Rouge, dem darauf folgenden Einmarsch vietnamesischer Truppen und dem von den Vereinten Nationen 1991 angestoßenen Friedensprozess befindet sich Kambodscha auf dem schwierigen Weg der Demokratisierung. Die Pressefreiheit ist dabei zwar garantiert, aber eine zerbrechliche Angelegenheit, so das Fazit einer Studie der ortsansässigen Konrad-Adenauer-Stiftung. Sie ist nur eine von mehreren deutschen Institutionen, die sich in Kambodscha um die Journalistenausbildung und Medien kümmern.
Die Heinrich-Böll-Stiftung hat ihre Vertretung in der Hauptstadt Phnom Penh. „Die Khmer-sprachige Presse ist weitgehend in der Hand oder in der politischen Nähe zur Regierungspartei Cambodian People’s Party”, sagt Büroleiter Ali Al-Nasani. Die Stiftung sponsert deshalb „alternative” Medien wie zum Beispiel den Radiosender „Woman Voices, Woman Choices”. Organisiert wird der Sender von der kambodschanischen Frauenorganisation Strey Khmer in Toul Sleng. Mitarbeiterin Pech Polet ist 29 Jahre alt – sie erklärt, um was es geht. Jeden Donnerstag sendet das Radio eine Stunde lang ein Programm auf 106,5 AM, das sich an die Frauen vor allem auf dem Land richtet. Immer wiederkehrende Themen sind Gewalt gegen Frauen, Migration und die Förderung von Frauen in der Politik. Zur Unterstützung dieser Themen gibt es mittlerweile 64 Radioklubs in 13 Provinzen des Landes. Sie haben fünf bis sieben Mitglieder, hören sich die Sendungen gemeinsam an und diskutieren das Programm. Früher wurde das Frauenradio von einem staatlichen Sender ausgestrahlt, jetzt ist man wegen Zensur zu einem nichtstaatlichen Sender gewechselt. Die Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt das Medium mit einem jährlichen Budget von 23.000 Euro.
Szenenwechsel. Die „Abteilung für Medien und Kommunikation” (DMC) der „Königlichen Universität” liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums am Ende des „Russian Boulevards”. „104 Studierende sind derzeit eingeschrieben”, so Institutsdirektor Som Ratana, der selbst in Indonesien Journalismus studierte. Das Studium am DMC dauert vier Jahre und wird mit dem Bachelor of Arts abgeschlossen. Auf dem Stundenplan stehen unter anderem Kurse zu Printjournalismus, Rundfunkjournalismus, Medientheorie, Pressegesetzgebung, Englisch oder Public Relations. Taingriton Mut ist einer der Studenten, er lernt Deutsch am hiesigen Goethe-Institut und ist im zweiten Studienjahr. Derzeit beschäftigt sich der 21-Jährige mit dem Rundfunk, er übt die Anmoderation von Beiträgen. Das DMC verfügt über Rundfunk- und Fernsehstudios zum Üben sowie eine Bibliothek mit mehr als 2000 Büchern.
Die „Abteilung für Medien und Kommunikation” an der Universität gibt es seit 2001 und sie wird finanziell von der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung getragen. Mit deren 60.000 Euro werden die drei festangestellten Lehrkräfte, die Dozenten auf Honorarbasis und die Veröffentlichungen der Abteilung bezahlt. Gesponsert wird die Journalistenausbildung außerdem von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der am Institut eine Langzeitdozentur finanziert.
Die hat derzeit noch der deutsche Journalist Andreas Oldag inne. Er hat zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung einen Beitrag über „Pressefreiheit und Medienregulierung in Kambodscha” veröffentlicht. Dort wird der derzeitige Zustand der Pressefreiheit als „fragil” beschrieben.
Gewalttätige Angriffe auf Journalisten durch das Sicherheitspersonal von Politikern sind üblich, was auch am Fehlen eines Akkreditierungssystems liegt. Die Bezahlung der Journalisten reicht nicht zum Überleben, so dass Korruption und Gefälligkeitsartikel weit verbreitet sind. Der staatliche Rundfunk mit seinen Hörfunk- und Fernsehprogrammen ist völlig der herrschenden Regierungspartei verpflichtet. Nachrichten über die Opposition gibt es dort nicht. Auch die rund 30 in Khmer erscheinenden Zeitungen gehören meist Personen, die der Regierungspartei nahe stehen.
Eine oppositionelle Haltung vertreten hingegen die beiden englischsprachigen Tageszeitungen in Kambodscha, die Cambodia Daily und die Phnom Penh Post. Ihre Auflage ist aber gering und sie werden meist von Ausländern gelesen. Der Radiosender „Voice of Democracy” bietet auch Graswurzelradios wie dem der Frauenorganisation „Strey Khmer” eine Plattform.
Das wichtigste Medium der Opposition aber ist das Internet und darin vor allem Facebook. Das ist auch die Triebkraft für die rapide wachsende Zahl an Internetanschlüssen im Land. Sie ist in 2014 um 31 Prozent gewachsen, damit ist ein Drittel der 15 Millionen Kambodschaner online. Der jüngste Zuwachs ist vor allem dem vermehrten Gebrauch von internetfähigen Smartphones geschuldet, die von den jungen Städtern zusehends genutzt werden. Ein Internetanschluss ist in Kambodscha mit Kosten von rund fünf Dollar für einen Monat vergleichsweise günstig.
Die Opposition nutzte Facebook vor allem bei den jüngsten Parlamentswahlen, in denen die Oppositionspartei CNRP erstmals Sitze im Parlament errang. Laut dem Bericht von Andreas Oldag hat sich in Kambodscha auch eine aktive Bloggerszene etabliert, die sich selbst „ogger” nennt. Keo Kounila, eine der bekanntesten Bloggerinnen (http://blueladyblog.com), konstatiert, sie habe trotz regierungskritischer Kommentare bisher keine Einschränkungen hinnehmen müssen.
Doch Internetaktivisten sehen mit einem neuen Gesetzentwurf der Regierung gegen Cyberkriminalität dunkle Wolken am digitalen Himmel aufziehen. Vor allem der Paragraph 28 bereitet ihnen Sorgen: Dabei geht es um den Straftatbestand der Unterminierung der „Integrität” von Regierungsinstitutionen. In dem Medienbericht plädieren die Autoren für die Einrichtung von Regulierungsinstitutionen, wie einem unabhängigen Rundfunk- und Pressegremium, einem transparenten und demokratischen Verfahren zur Lizenzvergabe, der Installation eines Ombudsmannes für Internetfragen sowie einem Kodex für Meinungspluralität im Rundfunk.
Und wie steht es mit den Chancen der Absolventen des „Abteilung für Medien und Kommunikation” am Arbeitsmarkt? Eigentlich gut, so das Fazit von Denis Schrey von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Phnom Penh. Aber leider nicht im journalistischen Bereich oder in der Verwaltung, wo sie dringend benötigt würden. Dort ist die Bezahlung miserabel. Sondern bei NGOs, Unternehmen und internationalen Firmen. „Die Arbeitgeber reißen sich um die Absolventen”, so Schrey, „und die gehen da hin, wo das Geld ist”.
Neben der universitären Journalistenausbildung betreibt auch die Don Bosco-Mission in Kambodscha einige Schulen mit Ausbildungsgängen zu Kommunikation und Medien. Kep, eine Kleinstadt im Süden an der Küste von Kambodscha: Das Berufsbildungszentrum der Don Bosco Mission setzt nicht nur auf die Ausbildung etwa in der Landwirtschaft und Hotelerie, sondern auch auf Kommunikation, Journalismus und Social Media. Und das hat etwas mit dem Schulleiter, mit Salesianerpater Albeiro Rodas zu tun. Denn der 44-Jährige ist selbst Journalist, kam vor 15 Jahren aus seiner Heimat Kolumbien nach Kambodscha. Die Schule in Kep leitet er seit ihrer Eröffnung 2011. 300 Schüler studieren heute hier und machen eine Ausbildung in Hauswirtschaft, als Schneider oder Elektriker. Oder in der Fachrichtung Journalismus und IT. So wie Sreytouch Leng. Der 21-jährige entstammt einer indigenen Minderheit im Norden von Kambodscha und möchte nach seiner Ausbildung dorthin zurückgehen und sich für die Anliegen seines Stammes einsetzen. Noch aber studiert er hier in Kep im ersten Jahr „Social communication” und auf dem Lehrplan stehen vor allem Englisch und Internet-Grundkenntnisse: Was ist Youtube, Wikipedia oder Facebook? Im ersten Jahr dabei ist auch Bonny Seun, die 20-Jährige möchte später als Journalistin arbeiten.
„Unsere Schüler sollen lernen, mit der ganzen Welt Kontakt aufzunehmen. Das erweitert ihren Horizont und stärkt ihr Verständnis für Demokratie”, so Pater Albeiro.
KAS-Studie
Freedom of the Press and Media Regulation in Cambodia.
Konrad-Adenauer-Stiftung 2015.
http://www.kas.de/wf/doc/kas_41281-1522-2-30.pdf?150511030154